Kriminalstatistik Gifhorn - Teil 13

Häusliche Gewalt, Kinderpornos und Enkeltrick - Hauptkommissarin Liane Jäger gibt nützliche Tipps im KURT-Interview

Sophie Isabell Bremer, Bastian Till Nowak Veröffentlicht am 12.07.2020
Häusliche Gewalt, Kinderpornos und Enkeltrick - Hauptkommissarin Liane Jäger gibt nützliche Tipps im KURT-Interview

Liane Jäger ist Leiterin des Präventionsteams der Polizeiinspektion Gifhorn. An Gifhorns Schulen klärt sie auf über alle kinder- und jugendpolizeilichen Themen und die sichere Nutzung von Medien.

Foto: Çağla Canıdar

Welches Schloss kaufe ich am besten, um mein Fahrrad zu sichern? Und wie sollten Eltern reagieren, wenn auf den Handys ihrer Kinder in Gruppen-Chats plötzlich Kinderpornos auftauchen? Liane Jäger kennt die richtigen Antworten – sie ist die Leiterin des Präventionsteams der Polizeiinspektion Gifhorn. Zudem leistet sie als Beauftragte für Jugendsachen täglich Präventionsunterricht und besucht dazu alle Schulformen und Jahrgänge im Landkreis. Für Infos rund um die Kriminalitätsvorbeugung können sich Interessierte stets an sie wenden. Sophie Isabell Bremer und Bastian Till Nowak sprachen mit ihr über prägnante Deliktfelder aus der neuen Polizeistatistik.

Im Bereich des Fahrraddiebstahls können viele Fälle nicht aufgeklärt werden. Was könnten wir alle tun, um unser Fahrrad besser vor Langfingern zu schützen – oder um der Polizei die Verfolgung eines Diebstahls zu erleichtern?

Den besten mechanischen Schutz bieten stabile Bügel- oder Panzerkabelschlösser. Außerdem sollte man beim Kauf auf das Siegel „Geprüfte Qualität“, hochwertiges Material wie durchgehärteten Spezialstahl und massive Schließsysteme achten.

Um die Verfolgung eines gestohlenen Fahrrads zu erleichtern, sollten Sie die Rahmennummer ihres Fahrrads stets zur Hand haben. Eine eingravierte, individuelle Fahrradcodierung kann Täter zudem abschrecken sowie eine Zuordnung des Fahrrads beim Fund erleichtern.

Es gibt außerdem GPS-Tracker, die versteckt am Rad angebracht werden. Per SMS wird man benachrichtigt, wenn das abgestellte Fahrrad bewegt wird. Alleine sollte man sich jedoch nicht auf die Suche danach machen, sondern die Polizei einschalten.

Die Fallzahlen häuslicher Gewalt steigen seit Jahren immer weiter an – bundesweit genauso wie im Landkreis Gifhorn. Die häufigste Erklärung dafür ist, dass immer mehr Opfer dies auch anzeigen – es aber dennoch weiterhin eine hohe Dunkelziffer gibt. Habe ich selber nun den Verdacht, dass Nachbarn oder Freunde von mir unter häuslicher Gewalt leiden – zeige ich dies bei der Polizei an oder muss sich das Opfer selbst zur Anzeige entscheiden?

Nachbarn, Freunde und Familienangehörige, die den begründeten Verdacht auf häusliche Gewalt in ihrem Umfeld haben, sollten unbedingt einen Hinweis an die Polizei geben! Ein begründeter Verdacht ist gegeben, wenn ich mir Sorgen mache, weil ich beispielsweise aus der Nachbarwohnung akut Geschrei, weinende Kinder oder ungewöhnliche Geräusche höre, die möglicherweise Rückschlüsse auf Sachbeschädigungen zulassen. Für einen solchen Hinweis darf und soll der Notruf 110 genutzt werden!

Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass betroffene Frauen nicht selten den Weg zur Polizei scheuen, denn das erfordert viel Mut und erfolgt häufig erst nach einem langen Leidensweg und hohem Leidensdruck. Es gibt durchaus Fälle, in denen Frauen froh sind, wenn sie Hilfe von außen bekommen.

Was geschieht, wenn sich mein Verdacht als unbegründet herausstellt?

Schätzt die Polizei Ihren Hinweis nach der Kontrolle als unbegründet ein, ist dies für Sie als Hinweisgeber völlig unschädlich – eine Kostenrechnung der Polizei oder gar eine Anzeige wegen übler Nachrede oder ähnlichem muss keineswegs gefürchtet werden.

Im Oktober 2019 warnte das Bundeskriminalamt vor der leichtsinnigen Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten durch Kinder und Jugendliche – in Freundesgruppen, Klassengemeinschaften und insbesondere über soziale Medien und WhatsApp. In Gifhorn gab es im Jahr 2019 einen Anstieg von 22 Fällen in der Verbreitung dieser illegalen Pornografien. Wie kann die Polizei auf den Schulhöfen und in den Klassenräumen im Landkreis Gifhorn dagegen vorgehen?

Als Beauftragte für Jugendsachen gebe ich landkreisweiten Präventionsunterricht an allen Schulen und in allen Jahrgangsstufen zu jeglichen kinder- und jugendpolizeilichen Themen. Zudem gibt es Elternabende, bei denen auch dieses Phänomen angesprochen wird. Ich kläre in aller Deutlichkeit darüber auf, dass das Versenden von (kinder-)pornografischen Darstellungen überhaupt nichts mit einer Mutprobe zu tun hat. Es handelt sich häufig um Darstellungen echter, tatbetroffener Kinder, die eine unfassbare Leidensgeschichte erleben.

Wichtig ist zu begreifen, dass es sich beim dargestellten Tatgeschehen sowie beim Nutzen und Weiterverbreiten derartiger Fotos und Videos um Straftaten handelt! Daraus folgen strafrechtliche und zivilrechtliche Rechtsfolgen.

Die kostenfreien Aufsteller sollen älteren Menschen helfen. Neben dem Telefon platziert erinnern sie daran, nicht auf Betrüger hereinzufallen.

Foto: Çağla Canıdar

Die Polizei im Landkreis Gifhorn leistet auch viel Aufklärungsarbeit im Bereich der Straftaten zum Nachteil älterer Personen – wie beim sogenannten Enkeltrick. Wie kann ich meine Großeltern selbst davor schützen?

Das Wichtigste ist, dass Angehörige mit älteren Menschen aus der eigenen Familie über dieses Kriminalitätsphänomen sprechen und sie aufklären. Angehörige können ihnen Aufsteller geben, die kostenfrei bei der Polizei erhältlich sind – diese sollten ältere Menschen in der Nähe zum Telefon platzieren, als Erinnerung und Mahnung, nicht auf Betrüger hereinzufallen.

Welche konkreten Tipps kann ich außerdem an meine älteren Verwandten weitergeben?

Seien Sie misstrauisch, wenn sich Anrufer am Telefon nicht selber mit Namen melden. Raten Sie nicht, wer anruft, sondern fordern Sie Anrufer grundsätzlich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen. Seien Sie misstrauisch, wenn sich Personen am Telefon als Verwandte oder Bekannte ausgeben, die Sie als solche nicht erkennen. Erfragen Sie beim Anrufer Dinge, die nur der richtige Verwandte oder Bekannte wissen kann. Rufen Sie die jeweilige Person unter der Ihnen lange bekannten Nummer an und lassen Sie sich den Sachverhalt bestätigen.

Geben Sie keine Details zu Ihren familiären und finanziellen Verhältnissen preis. Wenn ein Anrufer Geld oder andere Wertsachen von Ihnen fordert: Besprechen Sie dies mit Familienangehörigen oder anderen Ihnen nahe stehende Personen. Übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen wie Schmuck an unbekannte Personen. Kommt Ihnen ein Anruf verdächtig vor, informieren Sie unverzüglich die Polizei.

Man hört immer häufiger von Drogen-Deals, die über das Darknet abgewickelt werden – umso schwerer dürfte die Aufklärung dieser Verbrechen sein. Welche Möglichkeiten hat die Polizei in Gifhorn, um solchen Drogenhändlern auf die Schliche zu kommen?

Aus ermittlungstaktischen Erwägungen gibt die Polizeiinspektion Gifhorn hierzu keine Stellungnahme ab.

Lesen Sie dazu auch die anderen Teile unserer Serie zur Kriminalität in Gifhorn:

Teil 1: Rohheitsdelikte – Gifhorns Polizei zählt 1274 Fälle von Raub, Erpressung, Stalking, Freiheitsberaubung, Nötigung und Drohung

Teil 2: Diebstahldelikte – Wohnungseinbrüche im Landkreis Gifhorn sind seit zehn Jahren im Abwärtstrend

Teil 3: Politisch motivierte Kriminalität – Gifhorns Polizei registriert vor allem Taten, bei denen die AfD das Opfer ist

Teil 4: Gewalt und Widerstand gegen Polizeibeamte – Gifhorns Polizisten werden immer häufiger selbst zu Opfern

Teil 5: 250 Fälle von häuslicher Gewalt im Landkreis Gifhorn – und das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs

Teil 6: Leichtes Spiel für Gifhorns Fahrraddiebe – Nur 17 Prozent aller Fälle werden aufgeklärt

Teil 7: Vermögens- und Fälschungsdelikte – Immer mehr Falschgeld im Landkreis Gifhorn – Unsere Polizei hat schwer mit dem Darknet zu kämpfen

Teil 8: Hochwertige Fahrzeuge stehen in Gifhorn auf dem Präsentierteller – und wenn sie geklaut werden, juckt’s kaum

Teil 9: Straftaten zum Nachteil Älterer – Betrüger erbeuten in Gifhorn insgesamt 314.000 Euro in nur einem Jahr mit dem Enkeltrick

Teil 10: Vier versuchte Totschlagdelikte, zwei fahrlässige Tötungen und ein Mord – das ist die traurige Bilanz eines Jahres im Landkreis Gifhorn

Teil 11: Vergewaltigungen, Nötigungen und Verbreitung von Kinderpornographie nehmen zu – nur die Fallzahlen sexueller Belästigung gehen in Gifhorn zurück

Teil 12: Gifhorns Polizei verzeichnet weniger Rauschgiftdelikte – trotz Groß-Razzia

Teil 13: Häusliche Gewalt, Kinderpornos und Enkeltrick – Hauptkommissarin Liane Jäger gibt nützliche Tipps im KURT-Interview

In dieser 13-teiligen Serie beleuchtet KURT die verschiedenen Deliktfelder in der aktuellen Kriminalstatistik der Polizeiinspektion Gifhorn für 2019 – von Rohheitsdelikten und Diebstählen über politisch motivierte Kriminalität bis hin zu Gewalt und Widerstand gegen Polizeibeamte.

Auch Fahrrad- und Kraftfahrzeugdiebstähle, häusliche Gewalt, Vermögens- und Fälschungsdelikte, Straftaten zum Nachteil älterer Menschen, Tötungsdelikte, Rauschgiftdelikte und Sexualverbrechen werden in den Serienteilen 1 bis 12 detailliert dargestellt.


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