Essen & Trinken
Mehr Puderzucker – sonst setzt‘s was! So klappt's mit dem allerersten gemeinsamen Lebkuchenhaus
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 19.12.2020
Malte und Marieke im Weihnachtsfieber: Die KURT-Redaktion wurde kurzerhand zur Weihnachtsbäckerei.
Foto: Çağla Canıdar
Noch im vergangenen Jahr testete KURT den Gifhorner Weihnachtsmarkt: Dort gab‘s krossen Blumenkohl, gebrannte Mandeln und natürlich reichlich Glühwein. Eine sorgenfreie Welt, voll mit bunter Zuckerwatte und Einhorn-Gehrädern. In diesem Jahr ist alles anders, nämlich leerer. Und doch hat die KURT-Redaktion in Person von Marieke Eichner und Malte Schönfeld eine festtagstaugliche Alternative gefunden.
Nun ist es also doch passiert: Die Gifhorner Gastronomie hat sich vorzeitig in eine Art Winterruhe zurückziehen müssen. Wehmütig denkt man daran zurück, wie es war, als man noch im griechischen Restaurant Syrtaki speisen konnte, mit diesen zahllosen Tellern und den beinahe unglaublichen Portionen. Oder der Besuch im Deutschen Haus, wo man kulinarisch alles aus den saisonalen Pfifferlingen herausgeholt hat, was nur ging. Nicht zu vergessen der Besuch im Restaurant Chang Chun, wo mir eindrucksvoll bewiesen wurde, was nun aber mal wirklich scharfe Küche ausmacht.
Geschäftsführer Nils Leifert von der Bäckerei Leifert überbringt dem KURT leckere Plätzchen und das Set fürs Lebkuchenhaus.
Foto: Juliane Werthmann
Ach ja, wie sagt man so schön: Bei Schwermut hilft Wermut. Dass man sich aber nicht pausenlos einen antüddeln kann, steht ebenso außer Frage. Grelle Einfälle müssen her, funky Bilder müssen her, vielleicht in einer Jetzt-erst-recht-Mentalität, volle Kraft voraus, am besten auch noch Weihnachten mit reinbringen.
Brainstorming im Konferenzraum. „Das muss doch wohl irgendwie möglich sein“, sagt KURT-Chefredakteur Bastian Till Nowak, zieht die verbogene Brille ab und reibt sich die Augen. Einige eingereichte Vorschläge sind überhaupt nicht zu gebrauchen, andere eine völlige Frechheit. „Leute, das kann doch nicht alles sein“, seufzt der Herausgeber. Dann überlegt er kurz, ein Stirnrunzeln, die Augen werden wacher. „Ich hab‘ da eine Idee.“
Hoch konzentriert: Marieke weiß beim Bau des Lebkuchenhauses, wo der Hase langläuft.
Foto: Çağla Canıdar
Ein paar Tage später kommt Nils Leifert, der Geschäftsführer der Bäckerei Leifert, lächelnd und mit einem großen Korb im Arm in die Redaktion gelaufen. Darin befinden sich nicht nur verschiedene Weihnachtskekse und zwei Sorten Christstollen, nein, dazu überreicht er uns außerdem das Bau-Set für ein Lebkuchenhaus.
Ein greller Einfall, funky Bilder auf dem Weg, und Weihnachten ist auch mit dabei. „So!“, breitet Chef Nowak seine Arme aus und sagt bestimmt: „Genau das machen wir jetzt!“ Bei meiner Kollegin Marieke fangen urplötzlich die Augen an zu leuchten. Es ist dieses Glänzen, das man nur von Kinderaugen kennt, die tatsächlich noch an den Weihnachtsmann glauben.
Wenige Stunden später machen wir uns an die Arbeit, draußen dämmert es bereits, und es ist schon nach wenigen Augenblicken klar, wer hier die Schürze anhat. Marieke verdonnert mich direkt dazu, den Zuckerguss anzurühren. „Mehr Puderzucker, mehr Puderzucker!“, weist sie mich herrisch an. „Sonst setzt es was mit dem Löffel!“ Als ich damals mit Oma und Opa noch Kekse gebacken habe, war der Ton aber ein anderer.
Frickelarbeit, Teamwork und Zeitmanagement...
Foto: Çağla Canıdar
Gut, der Zuckerguss ist angerührt. Jetzt folgt das Grundgerüst des Lebkuchenhauses. Ich, durchaus versucht sparsam zu arbeiten. Marieke, Geiz ist ungeil, tunkt wie ‘ne Große. Zwei Minuten lang die ganzen Wände in Position halten. „Da darf nichts verrutschen“, lautet Mariekes Ansage. „Die sind alle tragend.“ Ach so, denke ich mir, Architektur haben wir also auch noch studiert...
Unsere KURT-Fotografin Çağla Canıdar begleitet diesen Hausbau. „Jeder darf eine Hauswand schmücken. Wer die schönere hat, gewinnt“, schlägt sie vor. „Wir leben in einer Zeit des Wettbewerbs, die Ärmel müssen hochgekrempelt werden, hier geht‘s schließlich um Qualität und geile Bilder!“
Irgendwie hat sie ja auch recht, denke ich mir, und mache mich an die Verzierungen. Ich versuche, systematisch zu arbeiten, Harmonien herzustellen und auf Symmetrie zu achten. Kurzer Blick auf die andere Seite: Marieke arbeitet eher im Stile Jackson Pollocks, Action Painting und Expressionismus pur.
Und hier sollen wir jetzt 60 Tonnen drauf abstellen? Marieke und Malte sorgen sich um die Stabilität ihres Lebkuchenhauses – sind ja alles tragende Wände...
Foto: Çağla Canıdar
Dennoch merke ich, dass dieses kleine Event uns verbindet. Nach dem anfänglichen Wettstreit finden wir nun wieder im Vorgarten und auf dem Dach des Lebkuchens zusammen. Langsam werken wir Hand in Hand – und hatte ich zu Beginn noch Angst um meinen Nagellack, habe ich mittlerweile einen riesigen Klecks Zuckerguss auf dem Hemd. Marieke scheint mit diesem Einsatz durchaus einverstanden. Gut für mich, schließlich möchte ich meine Vorgesetzte nicht enttäuschen.
So weit, so gut: Die Katze miaut auf dem Dach, Hänsel und Gretel distanzieren sich von der Hexe, sieht doch alles ganz okay aus. Zeit, in die Kekstüten zu greifen und den Christstollen aufzumachen. Bäckerei Leifert sei Dank erfahren wir so noch eine kraftbringende Stärkung. Wir haben Dinkelvollkornkekse, bezaubernde Kokosmakronen, eine bunte Weihnachtsmischung aus Mürbekeksen mit Glasur und bunten Perlen sowie einen Butter-Single-Stollen mit Marzipankern und einen Buttermohnstollen.
Das haut richtig rein und festigt noch mal das friedliche Band, das sich aufgebaut hat. Die letzten Zuckerperlen, Gummibärchen und Weingummis sind so nur noch ein Klacks. Fertig ist die Laube!
Mit einer Überdosis der süßen Naschereien im Bauch machen wir uns ans Aufräumen. Die Hände kleben, aber der Nagellack ist heil. Sogar Marieke scheint sich verausgabt zu haben und pustet ein mal kräftig durch. So ein Lebkuchenhaus fertig zu haben, geht dann doch an die Substanz. Auch Rom wurde schließlich nicht an einem Tag erbaut.
„Hätte ich nicht gedacht, dass wir das schön hinbekommen“, sage ich mit einem Anflug von Stolz. „Gut gemacht, junger Padawan“, meint Marieke – und klopft mir ausbilderhaft auf die Schulter.

Nach zweieinhalb Stunden ist das Prachtwerk fertig gebaut. Marieke und Malte sind nicht wenig stolz auf ihr Lebkuchenhaus.
Foto: Çağla Canıdar

Welche Wand ist die schönere? Malte probierte es mit Harmonie,...
Foto: Çağla Canıdar

...Marieke dagegen mit emotionalem Action Painting.
Foto: Çağla Canıdar
Bäckerei Leifert
Tel. 05371-740610
www.leifert.de