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Für kleine hässliche Autos ist ihm das Leben zu kurz - Peter M. Heimann organisiert Leichenwagensammlertreffen in Rötgesbüttel

Marieke Eichner Veröffentlicht am 27.08.2020
Für kleine hässliche Autos ist ihm das Leben zu kurz - Peter M. Heimann organisiert Leichenwagensammlertreffen in Rötgesbüttel

Fürs Foto hat der Gifhorner Peter M. Heimann extra die Fähnchen mit der Aufschrift „Funeral“ an den Bug seines Mercedes gesteckt. Wenn er damit zur Arbeit oder zum Einkaufen fährt, kommen die natürlich ab.

Foto: Çağla Canıdar

Die einen sammeln Briefmarken, die anderen Bierdosen. Peter M. Heimann (52) – genannt Schwarzer Peter – war auch das nicht ausgefallen genug. Der Gifhorner ist Leichenwagensammler. Ein ulkiges Nischen-Hobby? Mitnichten! Der Schwarze Peter hat über ein Leichenwagenforum im Internet ein großes Sammlertreffen organisiert. Ende Augst soll der Campingplatz Glockenheide bei Rötgesbüttel zum Tummelplatz für Trauerfahrzeuge aller Art werden. Peter M. Heimann gewährt im Vorfeld einen Einblick in seinen Fuhrpark, erzählt über den Tod als gesellschaftliches Tabuthema, berichtet über die Reaktionen auf seine ungewöhnlichen Fahrzeuge und über die gar nicht mal so kleine Szene der Leichenwagensammler.

„Das ist vorne eine ganz normale Limousine“, erklärt Peter M. Heimann und deutet dabei auf einen grauen Leichenwagen der Marke Mercedes. Er geht um das Heck des Autos und öffnet die Hintertür. Auf der prangt ein Sticker mit der Aufschrift „Trau dich anders zu sein“. „Da ist normalerweise noch ein Einlageboden drin, dann kann man zwei Särge mitnehmen“, weiß er zu berichten. Und: „Der hier hat eine Gardinentafel. Das hat der andere nicht. Der kommt aus Österreich, da haben die das nicht sehr häufig.“

Peter ist stolzer Besitzer von zwei Leichenwagen der Marke Mercedes und drei Anhängern für den Sargtransport – und einen Holzsarg hat er natürlich auch. Den grauen Mercedes – Erstzulassung 1989 – sieht man schon von Weitem aus der Hofeinfahrt lugen. Sein zweiter Wagen – „der Österreicher“ – ist schwarz und trägt die Aufschrift „Schwarzer Peter Bestattungen“ auf den Vordertüren. „Da haben die Leute was zu gucken“, schmunzelt der Gifhorner und schiebt seinen Holzsarg auf dem Sargschlitten ins Heck des grauen Mercedes.

„Wenn ich Passagiere mitnehme – da haben sich schon welche beschwert“, berichtet er: Die Rückbank des grauen Mercedes sei nämlich sehr unbequem, da sei der schwarze Mercedes angenehmer. „Den habe ich auch schon mal für eine Hochzeit verliehen“, schmunzelt Peter. Ein Leichenwagen als Hochzeitskutsche? Warum auch nicht...

Die Leichenwagen-Anhänger sind eher für Bestatter auf dem Dorf gedacht, wie er erläutert. „Da lohnt sich ein extra Leichenwagen nicht.“ Privat werden sie gerne von Trike-Fahrern genutzt – als Schlafwagen. „Ich sage übrigens bewusst Leichenwagen“, erzählt Peter. „Mittlerweile heißt es ja Bestattungswagen, aber man fährt ja keine Bestattung.“ Er bemerke ohnehin, dass alles, was mit dem Tod und dem Sterben zu tun habe, mehr und mehr zum Tabuthema werde.

Den Sarg hat er auf Ebay erstanden – im ungenutzten Zustand. „Der Anhänger hoppelt nämlich, wenn der leer ist“, schmunzelt Peter. Er habe auch mal einen Metall-Sarg aus Kanada besessen, der sei aber zu schwer gewesen. „Da hat man zu zweit schon dicke Backen gemacht.“ Metallsärge dürfen in Deutschland nicht verwendet werden, diejenigen, die man hierzulande erwerben kann, sind laut Peter meist bereits genutzte Überführungssärge aus den USA.

Darum hat man Peter vorher noch nie gebeten: KURT-Mitarbeiterin Marieke Eichner wollte einmal Probe liegen.

Foto: Çağla Canıdar

Der KFZ-Mechaniker hat sich 1989 seinen ersten Leichenwagen zugelegt – auch ein Mercedes. Früher habe er damit immer seinen Weihnachtsbaum transportiert. „Ich weiß nicht genau, was mich insipriert hat, irgendwann war der Gedanke da.“

Darauf angesprochen, ob er auch einen normalen PKW besitze, muss Peter lauthals lachen. „Das sind meine Privatautos! Damit fahre ich zur Arbeit, zum Einkaufen... Für noch ein Auto hab ich kein Geld.“ Verständlich, so ein Leichenwagen kostet laut Peter immerhin mehrere Zehntausend bis Hunderttausend Euro.

Der Totentransportenthusiast ist bestens vernetzt: Über das Leichenwagenforum im Internet tauschen sich Sammler aus, organisieren Treffen und Demonstrationen – wie die zum Erhalt des Leichenwagens, die parallel zum berühmten Wave-Gothica-Treffen in Leipzig stattfindet. Man treffe on- und offline in der Szene auf Kurioses, meint Peter: „Es gibt auch pinke Leichenwagen, ist zurzeit der Running-Gag. Ist aber nicht so schön fürs Auge“, lacht er.

„Die negativen Reaktionen auf meine Autos kann ich an einer Hand abzählen“, meint Peter. „Das sind dann Leute, die wollen mit dem Tod nichts zu tun haben.“ Dann muss er wieder schmunzeln. „Die Wagen haben eben einen Gruseleffekt. Da zieht so mancher Anhalter den Daumen wieder rein.“

Peter hat über das Leichenwagenforum Gleichgesinnte gefunden. Und die kommen ihn besuchen – für Ende August hat er ein Leichenwagentreffen in Rötgesbüttel organisiert. „Man muss schon ein bisschen anders sein, wenn man einen Leichenwagen fährt“, sagt er zum Abschied. „Oder man wird es“, fügt er zwinkernd hinzu. Denn: „Das Leben ist zu kurz für kleine hässliche Autos!“

Leichenwagensammlertreffen:
Fr. bis So., 28. bis 30. August
Campingplatz Glockenheide Glockenheide 1, Rötgesbüttel
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