Musik

Heavy, verspielt, erdig - Die Gifhorner Band Painted droppt ihr Debüt

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 22.05.2020
Heavy, verspielt, erdig - Die Gifhorner Band Painted droppt ihr Debüt

Nach zwölf Jahren – und einigen Besetzungswechseln – liefern Painted ihr erstes Album. „Wir hatten keinen Druck“, sagt Sänger Felix Härtel – und das Debüt mit seinen acht Songs ist so vielseitig wie mutig.

Foto: Painted

Painted, als Bandname nicht unbedingt das, was man klassisch bei einer Metal-Band erwartet, und genau das ist auch der Hintergrund: Kunterbunt, wie gemalt soll die Musik der fünf Gifhorner sein, und das soeben – nach zwölf Jahren Bandgeschichte – erschienene Debüt-Album bestätigt das Gelingen dieses Anliegens. „Lynchburg Tapes“ schlägt eine Brücke zwischen den ehedem verfeindeten musikalischen Lagern Heavy Metal und Grunge, die Band bedient sich bei den Einflüssen, auf die sie gerade Lust hat, und gestaltet daraus eine – der Name sagt’s – bunte Palette an mitreißenden, harten, rockigen Songs. Sänger Felix Härtel spricht mit KURT über Freundschaft, die Album-Produktion und die komplizierte Lage, die CD in Zeiten der Corona-Krise ohne Liveauftritte vorstellen zu wollen.

Ihre Vorbilder sehen die fünf von Painted im Heavy Metal der Achtziger und Neunziger Jahre, sagt Felix, „definitiv Iron Maiden und Judas Priest“, und auch: „Alice In Chains, Pantera, Alternative Rock, Groove Metal, Grunge, Metallica.“ An diesen Richtungen orientieren sich Painted, betonen aber: „Wir schreiben uns selbst keinem Genre zu.“ So sei ein Song eher in der Metal-Richtung angesiedelt und der nächste im Punk – oder eben im Grunge. „Wir wollen uns nicht in eine Schablone pressen, wir machen das, was uns Spaß macht“, lacht Felix. „Wir sind fünf Leute, die spielen handgemachten, ehrlichen Rock‘n‘Roll.“ Und genau danach klingen die „Lynchburg Tapes“ auch.

Noch vor über 25 Jahren waren die musikalischen Lager Heavy Metal und Grunge denkbar weit voneinander entfernt und aus der Sicht der Metalfans sogar verfeindet: Der Grunge verweichlichte in ihren Augen das Harte, er zeichnete mit Emotionalität und vermeintlicher Weinerlichkeit ein verzerrtes Bild von Männlichkeit, das kurioserweise auf Seiten des Heavy Metal zu diesem Zeitpunkt optisch mit Dauerwellen und Spandexhosen wenig männlich daherkam. Die klassischen Metal-Bands waren in Folge der Rockrevolution aus Seattle plötzlich abgeschrieben, doch um sich wieder Gehör zu verschaffen, eigneten einige sich die Sounds und Strukturen des Grunge an – und überzeugten damit weder ihre alten noch potentielle neue Fans. All dies führte dazu, dass der Metaler den Grunge verabscheute und umgekehrt.

Aufgeschlossene Geister sehen und hören indes in beiden Lagern sowohl das Gute als auch das Unbrauchbare, und solch kreative Geister wie die der Musiker von Painted zaubern aus dem jeweiligen Guten und noch vielen weiteren Zutaten kurzerhand ein eigenes schillerndes Bild. „Grunge ist mein Steckenpferd“, sagt Felix; schließlich singt er parallel, neben seinem dritten Steckenpferd Van Damned, auch in der Nirvana-Coverband Kurt. „Aber ich höre auch Mötley Crüe und Guns N‘ Roses, die hat Kurt Cobain verflucht“, weiß Felix und ergänzt: „Doch an sowas wollen wir uns gar nicht halten.“

Die „Lynchburg Tapes“ sind raus, doch aufgrund der Corona-Pandemie können Painted ihr neues Album live nicht vorführen. Um Feedback zu bekommen, verschickt die Band das Album deswegen an Fachzeitschriften.

Foto: Painted

Mit dieser offenen Haltung musizieren Painted bereits seit 2008. Seitdem ist so viel passiert, dass es eben zwölf Jahre bis zum Debütalbum dauerte. Felix, damals noch Sänger und Gitarrist, und Bassist Steffen Heyer kennen sich sogar schon seit der 5., 6. Klasse am Humboldt-Gymnasium. Damals spielten sie zusammen in einer Cover-Band. Über die Schulband lernten sie Gitarrist Kevin Knocks kennen, und zusammen mit Schlagzeuger Carsten Mehler überlegten sie sich, dass sie gern eigene Songs spielen wollten. Und so war die Band 2008 aus der Taufe gehoben. Der Name Painted entstand ebenfalls in der Schule: Das Quartett hatte dort einen kostenlosen Proberaum. Felix erinnert sich: „Wir haben lange nach dem Namen gesucht.“ An einer Tafel sammelten sie Vorschläge, und jemand schrieb Painted dazu. Dieser Vorschlag brachte die Musiker ins Grübeln, so Felix: „Da wir musikalisch vielfältig sein wollten, war Painted der passende Name: angemalt, schön bunt.“

Und so wurde aus dem Schülerquartett eine eigenständige Metal-Band, die unablässig probte, komponierte und live spielte. „Das ging ein paar Jahre so“, berichtet Felix, und mündete, nach einem ersten Drummerwechsel – 2011 stieß Jonas Laue dazu – 2012 in der Aufnahme des Vier-Track-Demos „Total Destroy“. Ein Jahr später kam es zur ersten wesentlichen Veränderung: „Ich habe mich entschlossen, keine Gitarre mehr zu spielen, sondern nur noch zu singen“, erklärt Felix. Der Grund: „Ich hatte gefühlt keine Fortschritte gemacht, dabei wollte ich über mehrere Oktaven Metal-Gesang machen, aber das hat nicht funktioniert.“ Jedenfalls nicht, wenn er sich gleichzeitig auf die Gitarre zu konzentrieren hatte. Auslöser war der Auftritt einer anderen Band beim Gifhorner Altstadtfest, bei dem Felix einige Songs mitzusingen versuchte und für sich entschied, dass sich das als „schwierig“ gestaltete. Sein Fazit: „Beides gleichzeitig, das ging nicht. Das hätte die Band auch nicht weitergebracht.“

Gegen Fremdenfeindlichkeit und für den Erhalt der Natur: Painted haben eine Haltung, ohne sie plakativ in die Welt posaunen zu müssen.

Foto: Painted

Felix‘ Gitarrenparts übernahm daraufhin Nico Roßmannek, der zuvor bei den Passengers gespielt hatte: „Ein hammerguter Gitarrist“, wie Felix findet. So wurde aus dem angefragten Versuch eine feste Mitgliedschaft bei Painted: „Seitdem sind wir zu fünft.“ Allerdings seit drei, vier Jahren mit einem neuen Schlagzeuger. Jonas hatte Painted verlassen, um mit Final Impact weiterzumachen, und für ihn kam Jan Woisczyk dazu, mit dem Felix und Steffen auch bei Kurt spielen. Der Kontakt zu Jonas ist nicht nur freundschaftlich erhalten geblieben, sondern öffnete Painted auch die Tür in das Studio von Final-Impact-Sänger Till Siedentopf, wo die Band die „Lynchburg Tapes“ aufnahm. Damit begannen Painted schon recht bald, nachdem Jan dazugestoßen und in den Bandsound eingespielt war.

Die acht Stücke, die den Weg auf das Album fanden, decken in ihrer Entstehung einen Zeitraum von um die zehn Jahren ab, also auch von vor der Zeit mit Jan. Von den vier Tracks des Demos ist indes keines mehr dabei, die neuen Songs sind bislang komplett unveröffentlicht – und allesamt Eigenkompositionen. Für die Band war der lange Entstehungszeitraum ideal, so Felix: „Wir hatten keinen Druck“. Der entsteht dann vermutlich ganz klassisch zum zweiten Album: Für das Debüt hat man ein Leben lang Zeit, für den Nachfolger im herkömmlichen Musikzirkus ein Jahr, aber in dem wollen Painted gar nicht mitspielen.

Und auch für die Aufnahmen ließ sich das Quintett alle erforderliche Zeit, teilweise auch berufsbedingt. Erst ging es an die Vorproduktion und daran, die Demos aufzunehmen, dann drückte Till die Aufnahmetaste und produzierte und mischte die Songs. Felix grinst dankbar für die Verbindung zu Final Impact: „Das ist das Schöne an Gifhorn: Obwohl es so klein ist, hat man für alles irgendwen.“

Die „Lynchburg Tapes“ halten, was Felix verspricht: Vielseitig, heavy, dreckig, groovend, verspielt, erdig, bretthart – und mit einem Gesang zwischen Layne Staley von Alice In Chains und Bruce Dickinson von Iron Maiden, von rau bis in höchste Höhen, und es passt immer. Das mit den Oktaven hat sich also tatsächlich eingestellt. Botschaften wollen Painted zwar nicht zwingend vermitteln, stehen aber gegen Fremdenfeindlichkeit und für den Erhalt der Natur ein: „Wir sind gesellschaftskritisch“, so Felix, „wir thematisieren Rassismus und alles Schlechte, und dass keiner etwas dagegen unternimmt.“ Andere Songs handeln von der Erde: „Dass das alles ein großer Kreislauf ist und man darauf aufpassen muss.“

Das 36-minütige Debüt „Lynchburg Tapes“ von Painted liefert acht brettharte Songs.

Foto: Painted

Eigentlich stünde mit der Veröffentlichung nun die Vermarktungsarbeit an, also Livekonzerte spielen noch und nöcher, „auch über die Region hinaus“, so Felix, aber das ist wegen der Corona-Krise derzeit nicht möglich. Ohne das Live-Erlebnis sind Tonträger dieser Tage schwieriger zu verkaufen, doch musste die Band erste geplante Auftritte bereits verschieben. Auswege sind rar, immerhin: „Wir wollen das Album an Fachzeitschriften verschicken, damit es Reviews geben kann“, sagt Felix. Um Riesenerfolge geht es der Band dabei gar nicht mal: „Uns schwebt jetzt nicht der große Weltruhm vor Augen“, winkt Felix ab. „Aber wir haben Bock, weiterzuspielen und das Album zu bewerben.“ Auch neue T-Shirts hat die Band im Angebot. Diese und die CD sind bei der Band per E-Mail bestellbar, das Album außerdem auf Spotify und Youtube zu hören. Eben die üblichen Vertriebswege, und unverzichtbar, wenn die Bühnen dieser Welt ohnehin erst mal gesperrt bleiben.

Der Titel „Lynchburg Tapes“ übrigens bezieht sich auf die Beziehung, die die fünf Musiker zueinander haben: „Musik ist das eine, das uns verbindet“, erklärt Felix. „Aber wir sitzen auch gern als Freunde zusammen und trinken Jacky-Cola.“ Mit „Jacky“ meint er Jack Daniel‘s, und dieser Whiskey wird in Lynchburg, Tennessee, destilliert. „Wir haben das Album für uns aufgenommen und unsere Freunde“, führt Felix an, und schließt mit einem Trinkspruch: „Auf die Freundschaft!“

Für 10 Euro ist die CD unter der E-Mail-Adresse paintedofficial@gmail.com zu bestellen. Außerdem gibt es T-Shirts (15 Euro): Girlie S, M, L und Männer M, L, XL, XXL. Erhältlich auch im Bundle (20 Euro) mit der CD.


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