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Bei Tag und Nacht ist auf sie Verlass: KURT wirft einen Blick in die fünf Freiwilligen Feuerwehren in Gifhorn

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 19.04.2024
Bei Tag und Nacht ist auf sie Verlass: KURT wirft einen Blick in die fünf Freiwilligen Feuerwehren in Gifhorn

Hochmodernes Gerät begeistert den Nachwuchs der Freiwilligen Feuerwehr Gifhorn.

Foto: Michael Uhmeyer

Eine wichtige Einrichtung der Gifhorner Gemeinschaft, die oft im Hintergrund agiert, aber unermüdlich im Dienst der Sicherheit steht, ist die Freiwillige Feuerwehr. Von den aktiven Gruppen bis zu den Senioren, von der Kernstadt bis nach Wilsche ist sie dann zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Doch wie steht es um die Ausstattung der Gifhorner Einsatzkräfte? Was zeichnet die Pläne fürs neue Gerätehaus in Gamsen aus? Und warum gibt es eigentlich keine Feuerwehr mehr im Ortsteil Winkel? Antworten auf diese Fragen geben Babette Kutrib, Leiterin des Fachbereichs Ordnung in der Gifhorner Stadtverwaltung, und Karsten Moritz, Leiter des Fachbereichs Bauverwaltung, im großen KURT-Interview.

Neubau in Gamsen – Vorbild für das Gerätehaus der Zukunft

Das Jahr 2026 wird für die Gamsener Feuerwehr ein besonderes, so viel steht jetzt schon fest. Das Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen soll groß gefeiert werden, vom 4. bis 6. September werden gleich drei Tage für dieses Ausnahmeereignis im Kalender geblockt. Und gefeiert wird dann im Neubau des Gerätehauses. Der Plan sieht vor, so Karsten Moritz, dass spätestens im Juni eine Ausschreibung auf den Markt kommt: „Wir suchen einen Generalunternehmer, der das Gerätehaus schlüsselfertig baut. Das hat den Vorteil, dass der Unternehmer sich selbst organisiert und nicht andere Gewerke, die Verzögerung haben, vorschieben kann.“ Denn Verzögerungen bedeuten immer auch Mehrkosten.

Laut Karsten Moritz kalkuliert die Stadtverwaltung dafür mit 6,1 Millionen Euro, die auf mehrere Jahre im Haushalt verteilt sind. Eine stolze Summe. „Aber es soll ja auch ein stolzes Werk entstehen. Und ein funktionales Werk für die Zukunft“, schiebt der Fachbereichsleiter für Bauverwaltung nach. Spruchreif sei dagegen noch nicht, was die Nachnutzung des alten Feuerwehrhauses betrifft. Sogar ein Verkauf sei denkbar, so Karsten Moritz.

Bis zum Jubiläumsjahr 2026 soll das neue Gerätehaus für die Gamsener Feuerwehr fertiggestellt werden.

Foto: Die Planschmiede 2KS GmbH

Doch warum überhaupt der Neubau? Das hat praktische Gründe. Das Gamsener Feuerwehrhaus befindet sich direkt an der Hamburger Straße. Schon im Gründungsjahr 1876 wurde an dieser Stelle das erste Gerätehaus gebaut. Die zahlreichen Umbauten und Anbauten sind nun an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen – „mehr geht nicht, das Grundstück ist zu 100 Prozent bebaut“, so der Fachbereichsleiter. Um den Vorschriften der Feuerwehr-Unfallkasse zu entsprechen und auch die modernen und größeren Einsatzfahrzeuge unterbringen zu können, blieb gar keine andere Wahl. „Die Halle war für den Ford Transit konzipiert, also VW-Bus-Größe. Da passt kein LKW mit 14-Tonnen-Fahrgestell rein“, fasst Karsten Moritz zusammen.

Energetisch setzt die Stadtverwaltung auf eine Wärmepumpe, die das Gebäude beheizt. Auf dem Dach wird eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher installiert. Der Bau selbst ist zweigeteilt – ein Teil Fahrzeughalle, ein Teil Sozialtrakt. Multifunktional sollen die Umkleiden werden. Je nach Zusammensetzung der Feuerwehrkräfte können Leichtbauwände verschoben werden, um zukünftig den Bereich der Frauen ohne Aufwand vergrößern zu können. Daran angeschlossen ist der Sanitärtrakt. Dazu kommen ein Multifunktions-/Unterrichtsraum, das Büro des Ortsbrandmeisters und dergleichen. „Relativ unspektakulär, funktional eben“, findet Karsten Moritz.

Feuerwehrbedarfsplan 2020 trotz Lieferschwierigkeiten im Zeitplan

Für die Brandschützer zählt aber nicht nur, dass sie problemlos und geschwind in ihre Einsatzwagen steigen können. Vielmehr geht es um die allgemeinen Rahmenbedingungen, die im Zweifelsfalls einen gelungenen von einem fehlerhaften Einsatz unterscheiden. Und da kommt Babette Kutrib ins Spiel, die im Fachbereich Ordnung für die Brandverhütung und Brandbekämpfung sowie den Schutz bei Großschadenslagen und Krisenplanung verantwortlich zeichnet.

So soll das neue Gerätehaus in Gamsen aussehen: Babette Kutrib und Karsten Moritz von Gifhorns Stadtverwaltung präsentieren die Pläne.

Foto: Michael Uhmeyer

Fahrzeuge, Kleidung, Hygiene – all das stand 2020 auf dem Prüfstand. Aus den Ergebnissen ist in der Folge der Feuerwehrbedarfsplan entstanden. Dort sind unter anderem Beschaffungen festgehalten, etwa Einsatzfahrzeuge mit angepassten Abgasnormen und Notstromaggregate. Oder Konzepte zur Schwarz-Weiß-Trennung, um die Kontamination des Feuerwehrhauses und der Fahrzeuge durch verschmutzte Einsatzkleidung zu verhindern. Eingeplant waren damals unmöglicherweise die aktuell typischen Lieferschwierigkeiten, angesichts derer sich auch die Verwaltung und die Feuerwehren geduldig zeigen müssen. Jüngst habe man das bei der Bestellung einer Drehleiter gesehen. „Der Auslieferungstermin lag im vergangenen Herbst, angekommen ist sie vor wenigen Wochen“, so Babette Kutrib.

Ein weiterer Punkt, der die Arbeit nicht gerade erleichtert, ist das Budget. „Für die Feuerwehren sind wir in Niedersachsen nicht ganz so gut aufgestellt, das muss man klar sagen. Es gibt sehr, sehr wenig Fördermittel für die Feuerwehren seitens des Landes“, merkt die Fachbereichsleiterin an. Immer wieder gelingt eine Investition auch dank der Fördermittel wie beim Einbau von Abbiegeassistenten in den Großfahrzeugen. Doch in der jüngeren Vergangenheit war das eher die Ausnahme als die Regel. Trotzdem versichert Babette Kutrib: „Wir befinden uns, was viele Beschaffungen angeht, im Zeitplan.“

Jung, begeistert, loyal

Freiwillige Feuerwehr in Gifhorn 2024 – das verlangt nicht nur moderne Ausstattung, sondern auch gut geschultes Personal. „Die normalen Anforderungen, die wir im Alltag erleben, das sehr technisierte Ablaufen von Online-Schulungen oder die Nutzung von entsprechend technischem Material – das schreitet natürlich auch bei der Feuerwehr voran“, gibt Babette Kutrib Einblicke.

Jürgen Schacht, Ortsbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Wilsche, checkt seine Halle auf Sauberkeit und Ordnung.

Foto: Michael Uhmeyer

Anwendung finden dieses gelernte Wissen und die eingeübten Fähigkeiten in vielen Gruppen der Feuerwehr. Das Hauptaugenmerk seien immer noch die Rettung im Brandfall oder die Rettung bei Unfallgeschehen oder auslaufenden Betriebsstoffen, unterstreicht die Expertin. Aber: „Jede Ortsfeuerwehr in Gifhorn hat auch eine Kinderfeuerwehr“, so Babette Kutrib, das sei bemerkenswert. „Insofern kommt der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen eine große Aufmerksamkeit zu.“ Ob Sozialkompetenzen, nützliches Allgemeinwissen oder einfach nur Gemeinschaftssinn – je eher der Nachwuchs geschult und begeistert wird, desto loyaler erweist er sich. Inzwischen rekrutieren die Feuerwehren Gifhorns die meisten aktiven Mitglieder aus dem eigenen Nachwuchs.

On top kämen viele pflegende Arbeiten wie das Dokumentieren und Archivieren von Einsätzen, das im Wesentlichen von den Seniorengruppen übernommen wird. Nicht zu vergessen die Betreuung und Brandschutzerziehung von Kindergärten und Grundschulklassen, die ebenfalls von den Kameradinnen und Kameraden organisiert wird. „Wir finden also sehr viele
Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Freiwilligen Feuerwehr. Deshalb sind wir auch jedem dankbar, der sich entscheidet, Mitglied zu werden und in seiner Freizeit zu unterstützen“, fasst Babette Kutrib zusammen.

Winkel: Keine Feuerwehr, doch keinesfalls unterversorgt

Engagierte Mitglieder in den Gifhorner Feuerwehren gibt‘s in der Kernstadt, in Gamsen, Kästorf, Neubokel und Wilsche. Doch was ist eigentlich mit Winkel? Tatsächlich habe es bis 1996 eine eigene Feuerwehr in Winkel gegeben, erinnert Babette Kutrib, doch die habe sich mangels Personalstärke auflösen müssen. Ist das in die Wälder und Heideflächen eingebettete Winkel also unterversorgt, was Sicherheit im Brandfall angeht?

„Nein, auf keinen Fall“, entgegnet Babette Kutrib. „Auch Winkel kann erreicht werden von der Feuerwehr Gifhorn und anderen Ortsfeuerwehren, die im Zweifel alarmiert werden, wenn größere Einsatzlagen vorherrschen. Und die Erfahrungen und Statistiken der vergangenen Jahre zeigen nicht auf, dass es in Winkel besonders viele Brände aufgrund des Umfelds geben würde.“ Selten komme es zu Vegetationsbränden, und dann auch nur in der freien Landschaft, nicht im Wohngebiet.

Alle Mann aufgepasst: Die Einsatzkräfte der Feuerwehr Gamsen hören, was ihr stellvertretender Ortsbrandmeister Torsten Günter zu sagen hat.

Foto: Michael Uhmeyer

Lange Zeit im Gespräch war auch die Versorgungslage in der Gifhorner Südstadt, bis zur Forderung mancher Bewohnerinnen und Bewohner sowie ansässiger Firmen, ein eigenes Gerätehaus zu benötigen. Auch, weil die Gifhorner Feuerwehr bei Schließzeiten der Bahnschranken auf der Braunschweiger Straße und dem Calberlaher Damm in den Eingriffswegen beschränkt werde. Im erwähnten Feuerwehrbedarfsplan ist wenigstens noch von einem Standort für ein weiteres Fahrzeug die Rede. Da befinde sich die Stadtverwaltung noch auf der Suche, betont Babette Kutrib. Zwischenzeitige Überlegungen, etwa auf eine Zusammenarbeit mit der Werksfeuerwehr von Continental Teves zu bauen, erwiesen sich als rechtlich nicht umsetzbar – „sie darf das Betriebsgelände nicht verlassen, um gegebenenfalls Unterstützung zu leisten“. Stattdessen ist jetzt eher die Bestrebung, ein Fahrzeug bei einem Unternehmen in der Südstadt dauerhaft zu parken, doch eine „partnerschaftliche Vereinbarung“ und damit eine Lösung sei noch nicht erzielt worden, so Babette Kutrib.

Mit Extremwetterereignissen und Klimakrise umgehen lernen

Wie schnell es manchmal geht, dass Feuerwehren kreisweit gefragt sind, zeigte sich vor wenigen Monaten, als im Dezember und Januar tagelanger Starkregen für gefährlich hohe Pegelstände, Hochwasser und Überschwemmungen im Landkreis Gifhorn sorgte. Logisch, dass auch die Stadt, dort wo Aller und Ise zusammenfließen, betroffen war. Ob der anhaltende Starkregen jetzt direkt der Klimakrise zugerechnet werden kann oder nicht – Extremwetterereignisse sind Teil der Gifhorner Zukunft und werden deutschlandweit potenziert.

Mit Situationen wie Starkregenereignissen umzugehen sei ein Ausbildungsmerkmal in der Feuerwehr, bestätigt Krisenplanerin Kutrib. Dasselbe gelte für Vegetationsbrände im Sommer. Löschrucksäcke, Nasssauger, Tanklöschfahrzeuge, die auch in freier Landschaft einsatzfähig sind, Messgeräte, um Spannungsereignisse in vollgelaufenen Kellern zu prüfen – all das gehört zum Arbeitsgerät der Gifhorner Feuerwehren. Außerdem bauen die Feuerwehren auf Kooperationen, etwa mit dem Aller-Ohre-Ise-Verband, um sich zu optimieren.

Doch eines dürfe man nicht vergessen, so Babette Kutrib: „Unsere Feuerwehren sind abwehrende Feuerwehren. Wir sind nicht im Vorsorgebereich tätig, anders als Berufsfeuerwehren. Und so stellen wir uns auch gemäß der Aufgaben des Brandschutzgesetzes auf.“

Feuerwehr – das ist Teamarbeit und Netzwerk

365 Tage im Jahr, 7 Tage die Woche, 24 Stunden pro Tag – die Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen sind immer bereit, wenn sie gebraucht werden. Auf die ist Verlass. Wie eng die Kameradschaft sein kann, weiß Fachbereichsleiter Karsten Moritz aus eigener Erfahrung: Seit 40 Jahren ist er in der Freiwilligen Feuerwehr Gamsen aktiv. „Jedes Berufsbild ist vertreten. Der Handwerker, der Betriebswirt, der Lehrer – das ist ein super Austausch. Man hilft sich deswegen auch außerhalb der Feuerwehr. Wenn etwa die Jüngeren von den Älteren profitieren, wie sie ihren Berufsweg bestritten haben.“

Das bestätigt auch Babette Kutrib, die Frau mit dem Überblick über die Gifhorner Brandbekämpfer. „Feuerwehr ist Teamarbeit. Das ist natürlich etwas, was alle Kameradinnen und Kameraden auszeichnet. Andere finden ihre Heimat in der Feuerwehr wegen des Umgangs mit dem technischen Gerät – das gibt‘s auch. Und auch der Ansatz, anderen helfen zu wollen, führt bei dem einen oder anderen dazu, sich für einen Beitritt zu entscheiden.“

Es sei auch noch eine zweite Sache speziell, so Karsten Moritz: „Es gibt wenig Vereine, wo der 15-Jährige neben dem 70-Jährigen steht und beide ein gemeinsames Interesse teilen. Wir haben in verschiedenen Ortsteilen vom Enkel bis zum Opa alle Generationen einer Familie zusammen, und sie alle sind aktiv. Das ist nicht selbstverständlich.“


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