Musik
Nicht nur zu Weihnachten bewahren sie Stil: Die Honolulus spielen Kultschlager im Landkreis Gifhorn und darüber hinaus
Matthias Bosenick Veröffentlicht am 23.12.2023Angefangen hat alles vor acht Jahren mit einem Geburtstagsständchen, heute sind Die Honolulus nicht nur bei Fans von 50er-Jahre-Kultschlagern beliebt – und ständig entwickeln die drei Sängerinnen Verena Schlag, Susi Hesse und Betty Dambietz neue Ideen, wie sie ihr Programm zusätzlich zu Festivals, Kulturfesten wie dem Sassenburger Künstlerkarussell, Firmen- und Vereinsfeiern sowie Privatpartys einsetzen können. Im ausklingenden Jahr waren es Sommerfest-Auftritte in Seniorenwohnanlagen, an denen sie so viel Freude fanden, dass sie diese Aktion nun zu Weihnachten fortsetzen. Wie es zur Gründung der Honolulus kam, wie schwierig ihr Satzgesang zu komponieren ist, welche Musiker sie begleiten und wie sie Weihnachten verbringen, erzählten die drei stets in Rot gekleideten Sängerinnen KURT beim Treffen in einem Café.
Die Schlager-Hits „Rote Lippen soll man küssen“ von Cliff Richard und „Schöner fremder Mann“ von Connie Francis waren der Anfang der Honolulus: Als Verenas Mutter 75 Jahre alt wurde, schlug sie der Mama vor, mit ihren musikalisch ohnehin sehr umtriebigen Kindern als Überraschung Lieder aus der alten Zeit einzuüben.
Für Verenas Sohn Billy Ray und ihre Schwiegertochter Tiana Kruškić war es ein Vergnügen: „Die Kinder kannten die Lieder gar nicht und haben sich kaputtgelacht.“ Je länger sie diese alten Kultschlager übten, desto mehr gefielen sie ihnen jedoch. Mit der Folge, dass Billy Ray befand, Verena solle eine Band gründen, die diese Lieder vorträgt. Diese war Feuer und Flamme und gründete mit ihrer Tochter Shirley Ann, der Jazzsängerin Clara John und dem Pianisten Zlatko Baban Die Honolulus.
Den ersten Auftritt hatten sie 2015 bei der „Flapper Swing Sause“ in Braunschweig, die Billy Ray und Tiana veranstalteten, zusammen mit den Andrews Sisters, deren Mitglied Verena außerdem war, und dem Prime Time Orchestra, bei dem Betty mittlerweile singt. „Eine stilechte, tanzfreudige Nacht“, erinnert sich Verena, „das ging richtig ab!“
Shirley Ann und Clara hatten bald berufs- und studiumsbedingt die Segel streichen müssen, auch die folgende Sängerin Julia Stern nahm aus solchen Gründen Abschied. Da sorgte Tiana für zwei Neueinstiege: Zunächst empfahl sie Susi, die sie vom A-capella-Chor Simon und Gefunkel kannte, dann entdeckte sie Betty in Barnaby’s Blues Bar in Braunschweig. „Da hat Tiana mich weggefragt“, erzählt Betty, „ich hab mich total gefreut.“ Denn sie hatte Die Honolulus bereits als Gast auf der „Flapper Swing Sause“ erlebt, „ich fand das toll mit den Kleidern“.
So kam es 2020 zur heutigen Besetzung. Damals traten Die Honolulus noch in bunten Kleidern auf, „und in Petticoats“, so Susi. Als Betty dann ihre Bühnen-Premiere mit Susi und Verena feierte, trugen sie erstmals das heute charakteristische Rot. „Wir wurden so oft angesprochen: Seid Ihr das mit den roten Kleidern?“, erzählt Betty. „Das ist dann unser Markenzeichen geworden. Verena hat gesagt: Ab jetzt nur noch Rot!“
Kurios war in der Anfangszeit die Namensgebung: Honolulu Quintett, Honolulu Quartett – selten stimmte die Zahl der Musizierenden mit der Bezeichnung überein, weil die immerfort wechselten, je nach Anlass und Verfügbarkeit. „Es war ein fließender Übergang“, bestätigt Betty, bis zu der Erkenntnis: „Wir müssen damit aufhören, die Würfelseiten zu zählen – wir sind nur noch Die Honolulus.“ Entscheidung getroffen.
Eine wechselnde Zahl an Mitmusikern behalten sich die Sängerinnen dennoch vor. „Im kleinen Kreis würde eine Band alle überfahren, auf dem Altstadtfest ist es besser mit der ganzen Band“, erläutert Betty. „Da wird Party verlangt“, bestätigt Verena. Betty fügt an: „Die meisten Auftritte hatten wir als Quartett – Zlatko und wir drei.“ An kleineren Orten genüge es, zu dritt aufzutreten, sagt Verena: „Es reicht, wenn die Stimmen in den Vordergrund kommen.“
Zlatko verließ Die Honolulus jedoch, so Betty lakonisch: „Er hat den Kontinent verlassen, es war schwierig, zu den Proben zu kommen aus Kanada.“ So wurde bald aus dem Quartett ein Quintett, denn es trat auf einen Tipp hin vor anderthalb Jahren ein Gitarre-Geige-Duo hinzu: JoJay aus Braunschweig, bestehend aus Gitarrist Jörg „Jogi“ Schnaars und Geigerin Jie Jie „Jay“ Ng. So stiegen Die Honolulus vom Tasten- auf Saiteninstrumente um, bis Jie Jie nach der dritten Probe mal erwähnte, dass sie schon als Kind in Singapur klassisches Klavierspiel gelernt hatte, lacht Verena: „Warum hast Du das nicht gleich gesagt? – Ihr habt nicht gefragt!“ Seitdem setzt Jie Jie bei Auftritten Klavier und Geige ein. Betty: „Das Klavier macht den Sound ein bisschen voller.“
Und dann gibt es ja gelegentlich noch ein Schlagzeug bei den Honolulus. Im zurückliegenden Sommer sollten sie in Braunschweig beim Wolters Applaus Garten auftreten und brauchten dafür einen Drummer. Im vergangenen Jahr hatten sie dafür zwar Matthias Heiny, doch der „hat sich anders orientiert“, sagt Susi. Also: „Wir brauchten einen neuen.“ Das war dieses Mal schnell gelöst, denn Jogi brachte Bluesrocker Christof Vierhock ins Spiel, der den Auftritt bestritt und seitdem zum Ensemble gehört.
Für alle drei Sängerinnen gibt es überdies ein Leben vor und neben den Honolulus. Vor mehr als 30 Jahren spielte Verena bei den Hound Dogs Saxophon und kam über diese zur Band von Ted Herold, für den sie auch sang. Sie begleitete den Rockabilly-Star auf Tour, zusammen mit Lena Valaitis, Bata Illic und den Blue Diamonds sowie – „damals schon“ – Michael Thürnau als Moderator.
Die nächste Station: „Ich war Backgroundsängerin bei Rudolf Rock & die Schocker“, der Band aus Hamburg. Dann spielte und sang Verena bei einem Kindermusical als Falkin Roxana. Anschließend gründete sie ihre Country-Pop-Band G3LUV, bei der bereits „der dreistimmige Satzgesang Priorität hatte“ und die zwölf Jahre lang bestand. Später sang sie bei den Andrews Sisters und beim Prime Time Orchestra und ließ zwischenzeitig bei der Band Kleopetrol ihr Saxophon neu erklingen.
Simon und Gefunkel nannte sich die A-capella-Band, bei der Susi vier Jahre lang mitsang und die Tiana im Kultbahnhof leitete. Tiana war es dann auch, die Susi nach dem Aus dieses Projektes zu den Honolulus brachte. Ein weiteres Betätigungsfeld für Susi war die Rockband Bergfest. Seit September steht sie nun der überregional bekannten inklusiven Band The Mix der Evangelischen Stiftung Neuerkerode vor und begleitet drei weitere Projekte dort. „Und ich mache Musikpädagogik mit den Bürgern in Neuerkerode“, ergänzt sie.
Bei Betty ging‘s 2006 mit der Braunschweiger Band Skamones los. Nach zwölf Jahren kam das Aus. Da war Betty bereits Teil der Swing-Band Betty & the Fizz Oblong Quartet, mit der sie viel unterwegs war und auch die Wege der Honolulus kreuzte. In den vergangenen Jahren stieg sie beim Prime Time Orchestra ein, machte mit Axel Uhde Blues, engagierte sich bei den Wittfeitzen Vocal Hippies, dazu ist sie Teil der Happy Xmas Band und filmt nebenbei noch für YouTube, wenn ihr befreundeter Autor Thomas „Tommy“ Meyer seine Kurzgeschichten vorliest.
Viel Erfahrung, die die drei Sängerinnen bei den Honolulus einbringen, wenn sie Kultschlager und Lieder von den 50ern bis zu den 80ern mit dreistimmigem Satzgesang umdeuten. „Den Satzgesang schreibt ein ukrainischer Freund von uns“, berichtet Betty. Serhij Resnik lebt in Gifhorns Partnerstadt Korssun-Schewtschenkiwskyj, ist Musikprofessor und Gründer des Freundeskreises Gifhorn-Korssun. Daher auch der Kontakt.
Als Serhij die Aufgabe übernahm, „haben wir einen Quantensprung gemacht“, bemisst Betty. Die drei schicken ihm die gewünschten Lieder, so Verena: „Er schreibt dann die ganze Nacht und schickt uns die Noten zurück.“ Betty strahlt: „Er ist ein feiner Mensch und ein großartiger Musiker.“ Und er unterstützt sie „trotz der katastrophalen Zustände in der Ukraine“, gibt Verena zu bedenken.
Um ein jüngeres Publikum bedienen zu können, nahmen Die Honolulus auch 80er-Songs ins Repertoire: „Bei Marianne Rosenberg geht‘s immer richtig ab“, freut sich Verena. Der älteste Song im Set ist „Mein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists aus dem Jahr 1934, aus den 50ern bis 70ern bedienen sie sich etwa bei Trude Herr, Conny Froboess und Vicky Leandros und aus den 80ern bei „Sonderzug nach Pankow“ und „Skandal im Sperrbezirk“.
Ins Set kommen für die Sängerinnen ausschließlich deutschsprachige Lieder und wenn doch internationale, dann in einer bestehenden deutschen Übersetzung, so zum Beispiel „Que sera, sera“, das es von Nana Mouskouri auf Deutsch gibt und das die Basis für die Honolulus-Version darstellt. Betty seufzt: „Ich würde gern „Lollipop“ von den Chordettes singen, aber das gibt es nicht auf Deutsch.“
Mit ihrem Repertoire machten Die Honolulus in diesem Jahr einen für sie neuen Schritt: Sie traten bei Sommerfesten in Seniorenwohnanlagen auf. Nicht nur, dass die alten Kultschlager passenderweise aus der Zeit der Bewohnerinnen und Bewohner sind, so Verena: „Die Leute haben auch Zeitgeschichte erzählt.“ Etwa davon, wie eine Bewohnerin als Kind zweisprachig das von Marlene Dietrich bekannte „Lili Marleen“ für englische Soldaten sang. Die Sängerinnen erlebten, wie die Senioren bei ihrem Gesang in Erinnerungen schwelgten und aufblühten und wieder jung fühlten. Verena: „Mir gibt es richtig was, wenn sie anfangen zu träumen und wieder Lust aufs Leben bekommen – es ist mir wichtig, dass wir so etwas rüberbringen können.“ Daher freuen sich die Drei, dass sie die Aktion in Seniorenwohnanlagen jetzt zu Weihnachten fortsetzen können.
Weihnachten selbst verbringen alle drei Sängerinnen aber mit ihren Familien. In unterschiedlich großen Konstellationen: Verena feiert bei Tiana und Billy Ray im Haus, „da passen alle rein, mehrere Generationen, 20 Leute aus verschiedenen Familien“, sagt sie. Weihnachten verbringe sie immer mit der Familie: „Das ist mir wichtig.“
Ebenso Susi, die ihren Familienkreis um eine alleinstehende Nachbarin und eine verwitwete Freundin erweitert: „An Weihnachten soll keiner alleine sein.“ Nicht nur in diesem Sinne sei Susi das Christliche an Weihnachten sehr wichtig: „Es hat mehr Priorität, als Geschenke zu verteilen. Wir versuchen auch, zusammen zu singen zu Hause, mit Klavier – richtig oldschool.“
Bettys Familie feiert in diesem Jahr bei ihrem Bruder: „Traditionell kocht er an Heiligabend, und wir anderen sind dann fürs Schnippeln und Getränkereichen zuständig“, sagt sie. „Es wird ein ruhiger Abend, den wir mit dem Besuch der Mitternachtsmesse ausklingen lassen.“
Übrigens, die nächsten Auftritte der Honolulus sind gar nicht so weit weg. Am 7. Juni 2024 treten sie bei der 50-Jahr-Feier in Isenbüttel und am 15. Juni beim Musikfest Wolfsburg auf.