Musik
Ich will mich nicht in eine Maschine stecken lassen: Fabian Köhler aus Sprakensehl arbeitet fleißig an seinem Schlager-Neuanfang
Matthias Bosenick Veröffentlicht am 14.06.2025
Anfangs hielt Fabian Köhler nichts von Schlager. Mittlerweile geht der Produzent in dieser „tiefgründigen“ Musikrichtung vollständig auf.
Foto: Musiker
Ein Schicksalsschlag erst brachte Fabian Köhler zu der Musikrichtung, die er vorher gar nicht mochte: Schlager. Mit der künstlerischen Verarbeitung dieses Schicksalsschlags nun kehrt der Sassenburger, der mittlerweile in Sprakensehl lebt, zurück in die Öffentlichkeit, die Single „Im Fieber der Nacht“ ist der Auftakt zu neuem Schwung. Wie Fabian zum Schlager kam, was die deutsche Ikone Andrea Berg dazu beitrug und wie er das einst ungeliebte Genre inzwischen für seine Inhalte nutzt, verrät er KURT.
Seine ersten Auftritte, sogar in Österreich und der Schweiz, hatte Fabian mit der Party-Gruppe Groove Coverage. 2011 lernte er die in Wolfsburg kennen, „sie haben mich eingeladen zu einem Auftritt in Bremen“, erzählt er. Auch begann er, als Delta Beat selbst Musik nach dieser Art zu machen, also Gute-Laune-Dance-Pop – bis 2014. „Ich bin dann von dieser Musik zum Schlager gewechselt“, beginnt er. „Ich habe davon eigentlich gar nicht viel gehalten“, gibt er zu. „Meine Mutter war an Krebs erkrankt – es wusste keiner, wie es weitergeht.“ Ein Schock für die ganze Familie.
Jetzt galt es, jeden verbleibenden Moment auszukosten. „Meine Eltern und besonders meine Mutter haben Berge für mich versetzt und alles getan“, erinnert sich Fabian. „Ich wusste nicht, wie lange sie bei uns bleibt, ich wollte es ihr so schön machen, wie es geht.“ Dazu gehörte unter anderem ein Konzert bei Schlagerstar Andrea Berg. Er reiste mit seinen Eltern zum Auftritt, kaufte sich spontan eine Karte und erlebte ganz unerwartet die volle Kraft des Schlagers. „Das Konzert hat meine Mutter glücklich gemacht.“ Das gab ihm so viel: „Ich habe in der Musik etwas gefunden, was ich vorher nicht gefunden habe.“
Zwar mag er die „Partymucke“, wie er sagt, von Groove Coverage immer noch und ist auch weiterhin mit der Band in Kontakt, aber: „Schlager ist tiefgründiger, erzählt ehrlichere und dramatischere Geschichten“, sagt Fabian. „Ich habe mich darin gefunden.“ Seine Mutter unterstützte ihn darin, so lang sie konnte: „Sie wusste, dass ich damit weiterkommen wollen würde.“ Doch seine erste Single-Veröffentlichung erlebte sie nicht mehr: „Sie ist 2016 verstorben.“
Umso engagierter startete Fabian durch. Er lernte das Produzententeam Stefan Vogel und Frank Remmerz aus Neuss online kennen, schickte ein Demo und sie luden ihn ins Studio ein. 2018 entstand die erste Single „Alles was ich will“, 2021 folgte der Live-Song „Nicht irgendwann“.
„Zwischen den Singles habe ich mir von der Seele geschrieben, was ich erlebt habe“, erzählt Fabian. So setzte er sich intensiv mit dem Tod seiner Mutter auseinander und es entstanden nicht nur tanzbare Songs, sondern auch reflektierte, ruhigere Lieder. „Jetzt möchte ich damit raus, ich habe Energie getankt. Musik heilt auch, und es ist für mich das Größte, wenn ich mit meinen leisen Tönen anderen eine Stütze sein kann. Neben der dancigen Feiermusik.“
Der Musiker will mehr sich selbst, mehr Fabian reinbringen. Einerseits sei der tanzbare Hedonismus durchaus berechtigt, das Leben sei hart genug, meint Fabian. Er weiß: „Musik verbindet Menschen, für mich ist es wichtig, die Zeit so positiv wie möglich zu verbringen.“ Das leiste Schlager mit seinen aufbauenden Melodien. Doch gibt es die Kehrseite: „Zwischendurch will ich daran erinnern: Es ist nicht alles Gold, was glänzt – das möchte ich reinbringen in Zukunft.“ Und das aus eigenen Erfahrungen.
Seine Songs entwirft Fabian in seinem kleinen Studio zu Hause am Computer. In seinem Wohnzimmer stehe zwar ein Flügel, doch der beste Pianist sei er nicht. Das Instrument nutze er notdürftig, um Ideen auszuprobieren: „Ich mache es aus Leidenschaft. Ich kann das ein oder andere, um gewisse Gefühle und Situationen hervorzuheben.“
In Sachen Musik startete Fabian übrigens gar nicht erst mit Groove Coverage: „Musik und Tanz waren schon immer meins, von Kindheit an.“ Er war früher nämlich Mitglied im Musikzug Grußendorf, zunächst mit der Trompete, später mit der Pauke. „Ich habe das später abgelegt und Video-dance in der Gifhorner Tanzschule Berger gemacht“, erzählt er. Sogar ein Auftritt auf dem Altstadtfest sprang dabei heraus. „Dann habe ich mit dem Tanzen aufgehört und bin 2011 zur Musik zurückgekehrt“ – eben zu Groove Coverage.
Auch versuchte sich Fabian am Fernsehen: Er trat vor zehn Jahren in der Sat.1-Serie „Auf Streife“ auf, „aber das war nicht meins“, lacht er heute. Schauspiel ist nicht seins: „Das habe ich wieder abgelegt – ich möchte lieber ich selbst sein.“ Aber ausprobieren wollte er sich schon, „ich habe daraus gelernt, man wächst damit“.
Seine Rolle entsprach zudem nicht ihm selbst: Er spielte einen Rechtsextremen, der vom Jobcenter in eine Arbeitsmaßnahme als Kassierer gesteckt wurde und bei ausländischen Kunden verfassungsfeindliche Parolen auf die Kassenbons kritzelte. Fabian schüttelt den Kopf: „Ich bin der Mensch, der immer Frieden sucht.“
Sie bleibt für Fabian Köhler aus Sprakensehl und seine Arbeit immer eine Orientierung: Schlagerlegende Andrea Berg.
Foto: Musiker
Nun bleibt Fabian bei der Musik. Nach „Im Fieber der Nacht“ soll es weitergehen, mit tanzbaren und mit ruhigeren Singles. Ob dabei auch ein Album entsteht, sei noch unklar: „Wenn ich ein Album mache, dann, um mich damit vorzustellen, um zu zeigen, wer ich bin.“ Wenn er nämlich vereinzelte Singles über längere Zeiträume verteilt herausbringt und darunter seine Balladen mischt, fürchtet er, dass diese nicht wahrgenommen würden. Auf einem Album hingegen würde er sie selbstbewusst unterbringen: „Ich würde mich vorstellen, wer ich bin und wie ich ticke“. Denn eines sei ihm wichtig: Sich nicht zu verstellen. Fabian möchte Fabian bleiben.
Deshalb hat der Produzent kaum erklärte Vorbilder. Er verdeutlicht: „Ich sehe eigentlich zu keinem auf.“ Er macht es sich nicht zum Ziel, dorthin zu gelangen, wo Helene Fischer oder Andrea Berg thronen: „Wichtiger ist, wie Du als Mensch aufgenommen wirst.“ Er wolle sich nicht „in eine Maschine stecken lassen“, für ihn zähle der Mensch, egal, wie berühmt: „Auch nur der kleine Mensch zu sein, ist genau das, wozu ich stehe.“
Und dann wäre da natürlich auch noch der Erfolg, für den es keinen Masterplan zu geben scheint. Fabian weiß: „Ein Konzept, um Roland Kaiser zu werden, gibt es nicht.“
Eine Ausnahme, die Orientierung verschafft, gibt es für ihn dennoch. „Bleibender Kern ist Andrea Berg, weil sie etwas in mir losgelöst hat“, meint Fabian. „Seit 2014 bin ich jedes Jahr bei ihr, wenn sie Konzerte gibt.“ Mit Andrea Berg nahm er unter anderem den Song „Das hat die Welt noch nie gesehen“ auf, als einen von vielen, und hat bis heute zu ihr Kontakt, auch wenn er sich auf seine Solo-Arbeit konzentriert.
An der ist vom Neusser Produzenten-Duo nur noch Stefan Vogel beteiligt, der Fabians Kompositionen in seinem Studio behutsam begleitet. Der Text von „Im Fieber der Nacht“ ist von Fabian, als erster Song seiner Laufbahn, und entstand bereits 2022, „ganz gemütlich in meinem Garten“.
Dieser befindet sich mittlerweile in Sprakensehl, wohin er vor einem Jahr aus Grußendorf umzog. „Ich habe einen Bauernhof“, erzählt er und lacht: „Das ist zwar hinterm Mond, aber das ist mir Wurst – morgens kräht der Hahn.“ Zudem arbeite er in Sachen Produktion „nicht ortsgebunden“, da er ja nicht täglich in eine Firma fahren müsse. „Ins Studio in Neuss oder Köln brauche ich jetzt vielleicht 20 Minuten länger als von Grußendorf“, sagt er schulterzuckend. „Ich habe den PC, ich bin gut connected.“
Fabian aus Sprakensehl blickt nach vorn: „Ich bin gespannt, wie es weitergeht – gucken, wie der Neustart ankommt und was sich entwickelt.“ Bescheiden bleibt er: „Ich will Emotionen weitergeben, ich will das Miteinander – ich bin nicht darauf bedacht, Ruhm zu bekommen.“
Die Heimat ruft an: Jetzt für Fabian voten
Hat Fabian Köhler den Sommerhit 2025 veröffentlicht? Das entscheidet sich in der neuen Staffel von „Immer wieder sonntags“. Zwölf Sängerinnen und Sänger treten um die Gunst des Publikums an, das per Telefonvoting in wöchentlich ausgetragenen Zweierwettbewerben entscheidet, wer weiterkommt und in der letzten Sendung als Preisträger des Titels „Sommerhit 2025“ gekürt wird. Am Starttermin werden alle Teilnehmenden vorgestellt, Fabian Köhler ist einer davon: „Ich würde mich über Unterstützung aus meiner Heimat freuen.“
Sonntag, 15. Juni, 10.03 Uhr
ARD: Immer wieder sonntags
Fabian Köhler:
„Im Fieber der Nacht“
1 Song, 3:33 Minuten
Instagram: @fabiankoehleroffiziell
fabian-koehler.com