Stadtgespräch
Gifhorns AfD macht das Deutsche Haus zum Teil ihrer Werbung - Gastronom Armin Schega-Emmerich wehrt sich mit klaren Worten und schaltet einen Anwalt ein
Bastian Till Nowak Veröffentlicht am 30.10.2020Nichts Böses ahnend ging Armin Schega-Emmerich am heutigen Freitag ans Telefon. Ein Gastronomiekollege informierte den Inhaber des Deutschen Hauses in Gifhorn darüber, dass dessen Betrieb im Internet für jedermann einsehbar zum Teil einer AfD-Werbung geworden ist. Mit der Partei, die auch in Niedersachsen teils vom Verfassungsschutz beobachtet wird, möchte Armin Schega-Emmerich aber nichts am Hut haben – und wehrt sich gegen diese Vereinnahmung. In einem Video, das weiter unten verlinkt ist, findet er klare Wort. Die große Frage: Darf die AfD das überhaupt? Ein Rechtsanwalt ist bereits dran.
Die Gifhorner AfD wendet sich gegen den bundesweiten Lockdown und steht nach eigenem Bekunden „an Seite der Gastronomie in Gifhorn“. Dies teilte der Gifhoner Parteichef Stefan Marzischewski-Drewes am heutigen Freitagvormittag in einer Pressemitteilung mit. Dazu sendete er der KURT-Redaktion – und wie zu vermuten ist auch den Redaktionen anderer Medienhäuser in Stadt und Landkreis Gifhorn – ein „eigenes Foto zur freien Verwendung“. Dieses Foto zeigt die Fassade mitsamt Logo und Schriftzug des traditonsreichen Hotels und Restaurants Deutsches Haus an der Gifhorner Torstraße – selbsterklärend als Symbolfoto für die hiesige Gastronomie zu verstehen.
Armin Schega-Emmerich, Inhaber des Deutschen Hauses, ist darüber aber alles andere als begeistert: „Wir verwahren uns gegen eine solche Vereinnahmung durch eine Partei, deren Ansichten mit den Werten unserer Familie und unseres Betriebs nicht zu vereinbaren sind.“ Mehr noch: Armin Schega-Emmerich hat nach eigenem Bekunden, sofort nachdem er von anderen Gastronomen auf diesen Umstand aufmerksam gemacht wurde, den Gifhorner Rechtsanwalt Kai Löwenberger eingeschaltet.
Die Gifhorner AfD hat das Foto nämlich nicht nur als Symbolbild zu ihrer Pressemitteilung hinzugefügt. Dagegen könnte man wenig tun, denn das Foto ist von öffentlichem Grund aus aufgenommen und zeigt lediglich, was ein jeder und eine jede auch selbst von der Straße oder dem Gehweg aus mit eigenen Augen sehen könnte. Fachleute sprechen von der sogenannten Panoramafreiheit.
Diese auch Straßenbildfreiheit genannte Rechtsordung stellt eine Einschränkung des Urheberrechts dar – sie ermöglicht es jedermann, urheberrechtlich geschützte Werke, beispielsweise Gebäude, Kunst am Bau oder Kunst im öffentlichen Raum, die von öffentlichen Verkehrswegen aus zu sehen sind, bildlich wiederzugeben, ohne dass hierfür der Urheber des Werkes um Erlaubnis ersucht werden muss.
Das Logo des Deutschen Hauses ist zwar urheberrechtlich geschützt, aber eben so an der Fassade angebracht, dass es jedermann sehen – und damit auch fotografieren – kann.
Die Gifhorner AfD hat das Foto aber noch zu einem anderen Zweck verwendet. Sie hat es mit einem Parteilogo und einem Slogan versehen und ähnlich einem Wahlplakat bei Facebook hochgeladen. „Die AfD steht an der Seite der Gastronomie in Gifhorn!“, steht darauf geschrieben. Und weiter: „Frau Merkel, die CDU und SPD handeln UNVERHÄLTNISSMÄSSIG! Alarmismus und Panikpolitik beenden!“
Und genau dies könnte dann doch einen Rechtsverstoß darstellen. Denn die Gifhorner AfD hat das urheberrechtlich geschützte Logo des Deutschen Hauses auf diese Weise zu einem Teil ihrer eigenen Parteiwerbung gemacht, den Gifhorner Traditionsbetrieb damit vereinnahmt. Es könnte der Eindruck entstehen, dass nicht nur die AfD an der Seite der Gastronomie stehen möchte, sondern eben auch, dass das Deutsche Haus an der Seite der AfD steht.
Dem jedoch widerspricht der Inhaber des Deutschen Hauses, Armin Schega-Emmerich, vehement: „Wir sind ein offenes Haus. Alle Parteien tagen in unseren Räumen – von der CDU über die SPD, die FDP und die Grünen bis zu den Linken und neuerdings auch die ÖDP. Aber die AfD möchten wir in unserem Haus nicht haben!“
Klare Worte von einem Mann, der in seinem Leben schon viel gesehen hat – und die Geschicke des Deutschen Hauses in Gifhorn zusammen mit seiner Frau Ulrike seit 1990 führt.