KURTs Gastro-Serie
Im Deutschen Heinrich zum Kaiser(schmarrn) gekrönt - Wilsches geschichtsträchtiges Restaurant spielt die regionale Küche durch
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 05.12.2020
Im Deutschen Heinrich sind weiß Gott nicht nur die Klassiker empfohlen. Neben Rinderroulade und Grünkohlpfanne ist auch der Fisch vortrefflich. KURT-Schöngeist Malte Schönfeld wählte Zander und nannte ihn Frank.
Foto: KURT Media
Noch bevor die deutsche Gastronomie den herben Rückschlag der Lockdown-Schließung über sich ergehen lassen musste, besuchte KURT-Mähdrescher Malte Schönfeld mit seiner Begleitung das Restaurant Zum Deutschen Heinrich im Wilscher Ortskern. Der Name lässt es schon vermuten: Traditionelle, ländliche Küche trifft auf saionale Besonderheiten. Rustikal wie eine Eiche und ebenso regional verwachsen ist das Lokal ein Aushängeschild für die Gifhorner Gastronomie und genauso bekannt wie beliebt. Also höchste Zeit, sich das mal aus nächster Nähe anzuschauen.
Es ist ein Donnerstagabend, die Luft ist kühl und hart und zieht unter meinen neuen Allegri-Mantel. Meine Begleitung steht neben mir, wir warten umweltbewusst auf den Bus, Nahverkehr, und dabei schaut sie immer wieder ungeduldig auf das Handy-Display. „Schon fünf Minuten Verspätung“, raunt sie in ihren Schal hinein. Der Bus schleicht dann doch noch um die Ecke und wir steigen ein, mit einem guten Gefühl unseren Kindern gegenüber. Nach zehnminütiger Fahrt sind wir in Wilsche, direkt vor dem Deutschen Heinrich, dieser beinahe prähistorischen Gastfreundschaft, irgendwie schon immer da gewesen, und genau deswegen einen Besuch wert.
Einzelne Personen sitzen im vorderen Bereich und prosten sich mit frisch gezapften Bieren zu, während wir ohne Umwege zu unserem reservierten Tisch geführt werden. Kurz darauf kommen die Karten. Ein erster Blick auf die Empfehlungen der Saison: viel Kürbis mit dabei, einige Kartoffelvarianten, Rinderbäckchen, Rinderroulade, eine deftige Grünkohlpfanne. Spannende Auswahl, die definitiv verlockend klingt. Dennoch wähle ich den Fisch, meine Begleitung den gegrillten Kürbis auf Kartoffel-Lauch-Püree an Weißweinsauce.
In einem Restaurant, das für seine regionale Küche bekannt ist, darf die niedersächsische Hochzeitssuppe als Vorspeise nicht fehlen.
Foto: KURT Media
Zur Vorspeise freue ich mich – natürlich – über eine Hochzeitssuppe, auf der anderen Seite wird eine Kürbiscremesuppe bestellt. Wir beide staunen: so herbstlich, so herrlich. Häufig steht und fällt die Hochzeitssuppe schon mit der Brühe, die in diesem Fall einen wunderbar würzigen Eigengeschmack mitbringt. Die Fleischklößchen, die Nudeln, der Eierstich und der Spargel gehen darin vorbildlich auf, die Petersilie rundet das Ganze ab. Meine Begleitung ist ähnlich begeistert: Die Kürbiscremesuppe wird gereicht zusammen mit Kürbiskernen und dem nicht zu verachtenden Steirischen Kürbiskernöl. Zu viel Kürbis, mag sich da einer denken. Doch meine Begleitung ist verzückt und murmelt unaufhörlich „toll, toll, ganz toll“. Parallel dazu installieren wir uns ein paar Gläser Weißweinschorle, die dem Abend einen Drive geben sollen. So passiert es dann auch und wir diskutieren lauthals über ein selbsterdachtes Theaterstück über eine niedersächsische Kleinstadt und ihre Stadtratssitzung, das im Spätherbst 2021 uraufgeführt werden soll.
Nun ist es Zeit für den Hauptgang: Zanderfilet auf der Haut gebraten, anbei Spitzkohl und Thymiankartoffeln. Nach dem Appetitanreger Suppe ist das die schlüssige Fortführung. Ich bleibe nordisch und doch mit einer regionalen Verbundenheit. Denn man muss das leider immer wieder extra betonen: Die Gifhorner Gastronomie hat es verstanden, Fisch zuzubereiten. Der Zander ist perfekt gebraten, außen etwas knusprig und doch zergeht er auf der Zunge. Da Zander aber grundsätzlich nicht der intensivste Geschmacksträger ist, passt der deftige Spitzkohl ideal, um dem Gericht etwas mehr Wucht zu verleihen. Die Thymiankartoffeln sind ein Selbstläufer und ebenso leicht angebraten, was dem Essen ein umspannendes Thema gibt.
Der gegrillte Kürbis auf Kartoffel-Lauch-Püree macht nicht nur optisch was her.
Foto: KURT Media
Auch meine Begleitung hat sich völlig richtig entschieden, denn ich habe das Gefühl, dass gerade eine Art Kürbis-Offenbarung stattfindet. „Dieser Kartoffel-Lauch-Püree, reiner Wahnsinn“, ist das einzige, was ich aus dem dionysischen Schmatzen dechiffrieren kann. Und auch diesmal wieder der Einsatz von Kürbiskernen und ein wenig Salatbeilage, was es optisch dazu noch mal gehörig aufwertet.
Die Flasche Weißburgunder neigt sich nun dem Ende entgegen. Für das Theaterstück planen wir – Stand jetzt – mit Laiendarstellern, um dem Schauspiel mehr Verve und weniger akademische Abgehobenheit zu verpassen. Interessanter ist bloß der zweite Blick auf die Menükarte, der uns zu den Desserts kommen lässt: Kaiserschmarrn mit Vanilleeis, Schlagsahne und heißen Kirschen. Auch wenn wir uns hier nun von der bekannten niedersächsischen Küche fortbewegen, sind wir uns einig: Nun etwas Süßes, was Warmes, was Kaltes! Denn all das verbindet der Kaiserschmarrn bekanntermaßen, die Bestellung folgt auf dem Fuße.
Dasselbe gilt für den Kaiserschmarrn, dem nach Kaiserin Sissi auch Malte und seine Begleitung verfallen sind.
Foto: KURT Media
Während wir auf unsere Portionen warten, sehe ich die Inhaberin Natalia Petrich durch den Gang sausen, denn im Laufe der Zeit hat sich der Deutsche Heinrich dann doch noch gut gefüllt. Viele Familien, zwei junge Sportler im Wilscher Trainingsdress, ein älteres Ehepaar. Anscheinend fühlt sich noch jeder im Deutschen Heinrich wohl. Während etwas weiter im Saal eine Schweinshaxe vertilgt wird, arbeitet sich ein Junge auf der gegenüberliegenden Seite an einem Burger und seinen Pommes ab. Burger, Haxe, Kürbis und Zander – das muss man erst mal alles unter einen Hut bekommen, denke ich mir, als unser Kaiserschmarrn ankommt. Dass die ehrwürdige Sissi ein Faible für dieses Wunderwerk der Kulinarik entwickelte, hatte schon seine Begründung. Man kann nicht viele Worte darüber verlieren außer: ein echter Traum, das Ding. Der Deutsche Heinrich versteht sich auch in österreichischer Spezialität.
Wir begleichen unsere Rechnung und wanken in Richtung Ausgang. Es ist bereits dunkel, als wir unser Taxi herbeiwinken. Ich werfe noch einen Blick über die Schulter. Tschüss Heinrich, Tschüss Wilsche. Es war mir eine Freude.
Zum Deutschen Heinrich
Im Achtertor 2, Gifhorn
Außer-Haus-Verkauf:
Fr. 17 bis 21 Uhr
Sa. und So. 11.30 bis 14 Uhr
sowie 17 bis 21 Uhr
Bestellungen:
Tel. 0151-65652649 & 05371-7775