Letzte Ruhe

Ich gehe durch den Blauen Sternenwald – und denke an Amar: Christian Foerster aus Gifhorn schuf einen Ort, wo Eltern um ihre Kinder trauern können

Mia Anna Elisabeth Timmer Veröffentlicht am 04.02.2024
Ich gehe durch den Blauen Sternenwald – und denke an Amar: Christian Foerster aus Gifhorn schuf einen Ort, wo Eltern um ihre Kinder trauern können

Der Verein Blauer Sternenwald von Christian Foerster (rundes Foto) will die Natur am liebsten so wieder herrichten, wie sie unangetastet einmal war.

Foto: Christian Foerster

In Solpke gibt es einen Hektar Land – und der gehört im Grunde zu Gifhorn. Denn den besitzt der Gifhorner Verein Blauer Sternenwald, Christian Foerster steht ihm vor: „Wir haben uns den Umweltschutz zum Ziel gemacht, außerdem sollen Eltern verstorbener Kinder hier einen Bezugspunkt finden.“ Er selbst verlor seinen Sohn Amar und damit kam ihm die Idee, der Wunsch, ein Stück Wald zu erwerben – für sein Sternenkind. Seine Trauer bewältigt er, indem er sich eine Aufgabe gegeben hat. Eine Aufgabe, die er für Amar erfüllt: die Pflege und Finanzierung des Waldes, die Öffentlichkeitsarbeit für den Umweltschutz – und natürlich das Gedenken an Sternenkinder. Den ersten Hektar erwarb der Verein 2022, weitere sollen folgen.

„Ich weiß gar nicht, warum genau es ein Waldstück sein sollte“, erklärt Christian Foerster. Er hielt seinen verstorbenen Sohn im Arm – bereits ab der 24. Schwangerschaftswoche war bekannt, dass dieser das Licht der Welt niemals selbst erblicken würde – und hatte die Eingebung. Er wollte ein Waldstück kaufen, etwas erschaffen, um so seinen Sohn Amar zu würdigen. Für die Erinnerung, für den Umweltschutz. „Denn auch folgende Generationen sollen eine schöne Zukunft haben“, erklärt Christian Foerster.

Urwaldähnliche Zustände wünscht sich Christian Foerster für den Hektar Land, den Sternenwald, den seine Organisation Blauer Sternenwald besitzt. Aufforstung ist der Plan, dazu werden neue Laubbäume auf dem Grundstück bei Solpke nahe der Gifhorner Partnerstadt Gardelegen in Sachsen-Anhalt gepflanzt. Eltern von Sternenkindern haben so einen Bezugspunkt, einen Ort, an den sie kommen und an dem sie gedenken können.

Damit der Wald möglichst gut wachsen kann, werden lediglich Laubbäume hinzugefügt – sonst bleibt der Hektar Land des Blauen Sternenwald unberührt.

Foto: Christian Foerster

„Wenn ich durch den Sternenwald gehe, denke ich an meinen Sohn. Ich denke daran, selbst mit ihm hier entlang zu gehen. Das ist ein schöner Gedanke, ein schönes Gefühl – auch wenn das natürlich nicht geht“, öffnet sich der Sternenwald-Gründer. Es sei sehr wichtig, sich der Trauer zu stellen, auf welche Weise auch immer, meint Christian Foerster. „Selbst wenn man nicht daran denkt, was passiert ist – wenn man versucht sich nicht damit auseinander zu setzen: Es zerfrisst einen.“ Er verarbeitet seine Trauer im Erschaffen von etwas Neuem und der Pflege dessen. Seine Trauer, sein Schicksal – das alles ist seine Motivation. „Und als die Plakette mit dem Namen meines Sohnes dann hing, an der hölzernen Tafel, da dachte ich, ich hab‘s geschafft – für Amar.“

Geschafft hat er das mit der Unterstützung seiner Freunde und Familie. 2021 gründete sich sein Verein Blauer Sternenwald – seitdem sammeln die Mitglieder Spenden. Ein Jahr später konnten sie das erste Stückchen Wald erwerben, das heute der Sternenwald ist. „Wer eine Baumpatenschaft für 30 Euro erwirbt, der kümmert sich im Grunde mit uns um den ganzen Wald. Klar, es wird auch ein Baum gepflanzt. Doch so wird eben nicht nur dieser eine Baum, sondern der ganze Wald finanziert“, schildert Christian Foerster. „Wir möchten außerdem gerne mehr Land kaufen, um solch natürlichen, nahezu unangetasteten Zustände wie im Sternenwald an weiteren Orten zu schaffen.“ Dazu braucht es mehr Spenden. Über die Website des Vereins kann man eine Baumpatenschaft erwerben, dem Verein beitreten oder einfach so spenden.

Gifhorns Gleichstellungsbeauftragte Sevdeal Erkan-Cours (links), Bürgermeister Matthias Nerlich (rechts) und Mandy Ahrens, Organisatorin der Kinderweihnachtsmarkts, haben Christian Foerster vom Verein Blauer Sternenwald eine Spende überreicht.

Foto: Michael Uhmeyer

Eine größere Spende erhielt der Blaue Sternenwald im vergangenen November. 1045 Euro wurden dem Verein von den Organisatoren des Gifhorner Kinderweihnachtsmarktes 2022 übergeben – das war der Erlös der Aktion. „Der Verlust eines Kindes, das vor, während oder bald nach der Geburt verstorben ist, wiegt immer sehr schwer. Da ist die Spende aus dem Kinderweihnachtsmarkt sehr gut aufgehoben,“ betonte Mandy Ahrens vom Bündnis für Familie, das die Veranstaltung auf die Beine gestellt hatte.

Über seine Arbeit berichtet der Verein auch auf Social Media: „Viele fühlen sich von dem Thema angesprochen, zahlreiche Menschen fühlen mit. Und den direkt Betroffenen liegt das Thema natürlich besonders am Herzen“, so Christian Foerster.

Der Wald des Gifhorner Vereins ist zudem selbstverständlich nicht allein für die Hinterbliebenen eines Sternenkindes gedacht. Jeder kann hinein und ist zu einem Spaziergang willkommen. „Ich wünsche mir nur einen respektvollen Umgang – wie eben in jedem Wald“, bittet Christian Foerster. „Und dann gilt es, die Ruhe und Schönheit der Natur zu genießen.“


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