Musik

Braunschweig ist nur ein Vorort von Gifhorn – Dusty Dynamite haben erst frisch angefangen – aber nicht bei null

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 05.02.2024
Braunschweig ist nur ein Vorort von Gifhorn – Dusty Dynamite haben erst frisch angefangen – aber nicht bei null

Jammen als Kreativphase? Das ist nichts für Schlagzeuger Pat, Gitarrist Christoph, Bassist Sascha und Sängerin Polly – stattdessen klügeln sie einzeln Ideen aus und führen diese im Studio zusammen.

Foto: Frank Tobian

Weil sie sich musikalisch nicht ausgelastet fühlten, beschlossen Schlagzeuger Patrick „Pat“ Baumann und Gitarrist Christoph Schönbach im März 2022, eine Band zu gründen. Bald schon fanden sie in der Gifhornerin Apollonia „Polly“ Flormann eine Sängerin sowie mit Bassist Sascha Bock einen weiteren Mitstreiter – fortan nannten sie sich Dusty Dynamite. Im Herbst 2023 bestritt diese junge Band aus erfahrenen Musikern den ersten Auftritt und arbeitet nun an noch mehr eigenen Garage-Rock-Songs, um ein längeres Set vorzuhalten und die Stücke demnächst auch als Aufnahmen anbieten zu können. Wie sie komponieren, ist indes ungewöhnlich: Sie schicken sich Dateien hin und her, anstatt im Proberaum zu jammen. Polly, Pat und Christoph berichten davon im Gespräch mit KURT.

Schon die Gründung von Dusty Dynamite klingt kurios: „Christoph und ich waren Kassenwarte im Verein vom B58“, berichtet Pat. Dabei handelt es sich um ein städtisches Jugendzentrum in Braunschweig, in dem beide ihren jeweiligen Proberaum haben. Er fährt fort: „Wir saßen da, haben uns kennengelernt und festgestellt, dass wir musikalisch unausgelastet sind.“

Beide haben zwar nebenher noch Projekte, Pat spielt bei der Indie-Pop-Rock-Band Lucy’s Darling und Christoph in einem noch unbenannten Metal-Projekt, dem zudem noch ein Bassist fehlt, dennoch hatten beide Kapazitäten frei. „Christoph hat etwas mitgebracht auf der Gitarre, wir haben das gespielt – das hat sofort mega gebockt“, berichtet Pat weiter. Dann kam die Frage auf: „Was machen wir? Ich habe meinen besten Kumpel Sascha gefragt“, so Pat, der einst mit diesem Sascha bei Keep It A Secret gespielt hatte. „So ging alles seinen Weg.“

Es folgte der Gesang, und da war allen eine Sache klar: „Wir haben direkt gesagt, am liebsten eine Sängerin“, betont Pat. „Wir haben Polly angesprochen, sie ist Gesangslehrerin: Hast du auch Bock auf Band? – Ja, habe ich“, erzählt Pat.

Nun kommt dem Quartett zugute, dass jeder der Beteiligten bereits musikalisch aktiv war: „Wir sind Leute mit Band-Erfahrung, wir fangen nicht bei null an“, betont Christoph. „Wir wissen, was wir wollen und was wir nicht wollen.“ Nicht nur die Instrumentalisten, auch die Sängerin mit Gifhorner Wurzeln beteiligt sich mit Songideen. „Das ist spannend“, sagt Christoph, denn als Ergebnis kommen nicht einfache Vier-Akkord-Songs heraus – was der Fall ist, „weil vier Leute ihre Kenntnisse einbringen“.

Bei Sascha und Pat bestehen diese Kenntnisse nun aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Keep It A Secret, deren melodischen Punkrock sie selbst Easycore nennen. Sascha spielt nebenbei noch bei einem anderen Projekt, wie das von Christoph noch namenlos. Pat war zwischenzeitig bei der Ska-Punk-Band Callin Tommy und trommelt bei Lucy’s Darling. Christoph war eine ganze Weile Gitarrist bei der Metalcore-Band A Traitor Like Judas.

Sie rocken die Bühne: Mit ihrem einzigartigen Sound und kreativen Ideen begeistert Dusty Dynamite das Publikum.

Foto: Frank Tobian

Polly ergänzt die Erfahrungen um einen ungewöhnlichen Hintergrund: „Ich komme aus der Klassik, habe eine klassische Gesangsausbildung.“ Sie sang jahrelang im Schulchor des Gifhorner Humboldt-Gymnasiums und erinnert sich besonders gern an die ausufernden Chorfreizeiten. „Bandtechnisch war ich in nichts, was man kennt, die Hälfte davon hatte nicht einmal einen Namen“, fährt sie lachend fort. Das änderte sich erst mit der Misfits-Coverband Braineaters in Braunschweig. Dennoch startete sie klassich – im Alter von vier Jahren: „Meine Mutter war da sehr hinterher.“ Der Versuch am Klavier scheiterte daran, dass sie dafür zu klein war, also schwenkte sie auf die Flöte um. Doch: „Mit neun war Flöte kacke, da habe ich angefangen, Schlagzeug zu spielen.“ „Sehr gut“, wirft Pat ein – Polly fährt fort: „Meine Mutti hat sich gefreut, weil mein Bruder gleichzeitig angefangen hat, E-Gitarre zu spielen.“ Sie grinst: „Gesangsausbildung Klassik schön und gut – ich war schon immer für den Punkrock unterwegs, das hat Papa zu Hause gehört.“ Später kamen Jazz und Blues dazu: „Das ist gesanglich interessant.“ Sie lächelt: „Ich sitze am Klavier und spiele Punkrock-Songs oder Social Distortion auf der Ukulele.“

Auf der Ukulele komponiert Polly auch manche Songs für Dusty Dynamite, wenn sie mal nicht am Klavier sitzt. „Die Ukulele ist das kultigste Instrument der Welt“, findet sie. Sie schickt Aufnahmen von ihrem Gesang mit Ukulele- Begleitung an die Band, die damit arbeitet. So machen es alle: „Wir nehmen im Prinzip alles auf, weil es fürs Songwriting wichtig ist“, erläutert Pat. So schicken sie etwa Laptop-Aufnahmen von Gitarre und Schlagzeug herum, „da wird zu Hause dran herumgefrickelt, jeder kann seine Hausaufgaben machen“, so Pat. Auf dieser Basis entwickeln sie die Songideen weiter: „Wir sind nicht die Jam-Band“, nickt Christoph. „Die Grundidee ist, effizient und schnell an etwas zu arbeiten.“ Mit den Ergebnissen könnten sie dann in ein professionelles Studio gehen.

Da ist ihnen ein gemeinsamer Freund mit seinen Kenntnissen eine große Hilfe: „Er holt aus den Tonspuren das Maximum heraus“, so Christoph. Das koste jedoch Zeit und berge auch seine Nachteile: „Eine gute Aufnahme ist wie ein Elektronenmikroskop – man sieht jeden Fehler.“ Er findet: „Musik darf ruhig dreckig sein, im Metal wird vieles toteditiert – das wollen wir nicht, aber gut klingen soll es.“ Und dafür haben sie Daniel – „er ist ein Zauberer“.

Doch lassen sich Dusty Dynamite mit Aufnahmen für die Öffentlichkeit noch Zeit: „Wir sehen noch nicht die Notwendigkeit, uns drängt ja keiner“, sagt Christoph. Pat ergänzt: „Wir arbeiten daran, das Set zu verlängern.“ Deshalb gibt es die Band außer bei Instagram auch noch nirgendwo im Internet. „Das hat nicht die höchste Priorität“, winkt Pat ab.

Mehr Songs und mehr Vielfalt stehe bei den Vieren ganz vorn. „Das ist das, was uns ausmacht“, findet Pat, „es ist gut, dass wir uns nicht in eine Richtung festlegen lassen wollen.“ Nicht etwa nur Punk, Hardcore, Metal, sondern: „Wir können auf dem Altstadtfest spielen und auch im Club.“ Christoph fügt an: „Es ist keine szenige Musik, aber wir haben alle Ahnung von den Szenen – weil wir da herkommen.“ Eingestreute Ska-Beats seien etwa für niemanden fremd. Wichtig sei der Gesamtsound, findet Christoph: „Rhythmen und Riffs, die auch zum Mitmachen animieren, und guter Gesang, und den haben wir!“

Polly grinst: „Uns animiert, dass wir Bock haben, Musik zu machen und genreübergreifend Musik hören.“ Wenn sie und Christoph mal gegenseitig Musik auflegen, staunen sie, dass sie auch bei Country, Rap und Metal landen, so Polly: „Das ist abwechslungsreich und spaßig. Auch die Leute auf einem Stadtfest überleben mal einen Metal-Song – wenn es nur einer ist.“

Daher wählten Dusty Dynamite den Begriff Garage Rock zunächst als Etikett, mit dem sie arbeiten können: „Das ist erst mal ein Begriff“, so Christoph, „nicht so szenig und nicht so wahnsinnig treffend, aber nur Rock hätte auch nicht gereicht.“ Ihm ist klar: „Man kann das Rad nicht neu erfinden, aber wir sind uns der Historie bewusst: Mit 20 Jahren Abstand ist es kein Problem, Dinge zusammenzuführen, die sich mal gehasst haben, wie AC/DC und die Doobie

Brothers.“ Dennoch, wirft Christoph ein, sei der Band wichtig: „Offenheit soll nicht Beliebigkeit sein, das ist eine gute Formel.“ Damit erreichten sie bei ihrem Live-Debüt jüngst im heimischen B58 ihr Publikum im Handumdrehen: „Die Begeisterung war spürbar“, strahlt Christoph, und bedauert, dass ihr Set so kurz war: „Wir hätten noch länger die Bude rocken können, was uns sehr bestärkt hat.“ Darin, mehr Songs zu erstellen nämlich. „Und wir wollen vor Ort eine Community aufbauen.“ Viele Kontakte haben sie ja bereits, viele Anfragen nach Auftritten ebenfalls, also: „Wir müssen Gas geben.“

Mit vor Ort ist zunächst Braunschweig gemeint, hier haben die Vier ihr Zentrum. „Nur ich bin in Gifhorn verwurzelt“, sagt Polly, und das, obwohl es nicht ihr Geburtsort ist: „Ich bin in Erding geboren, mein Papa ist von BMW zu VW gegangen und nach Gifhorn gezogen.“ Pat kam immerhin nach Braunschweig, weil seine Ex-Freundin in Gifhorn einen Job hatte. Sie sind sich aber einig: „Braunschweig ist nur ein Vorort von Gifhorn!“

Gemeinsames Konzert mit Lucy‘s Darling, Mikrophön und Florettfechten:
Samstag, 10. Februar
19 Uhr, Jugendzentrum B58
Bültenweg 58, Braunschweig
Eintritt: 12 Euro

instagram.com/dusty_dynamite


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