Essen & Trinken

Alkohol macht aus dem Fiat einen Ferrari – Weihnachtsmarkt, H1 und Flax: KURTs Gastro-Test führt im Adventsmonat wieder an Gifhorns Theken

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 24.12.2023
Alkohol macht aus dem Fiat einen Ferrari – Weihnachtsmarkt, H1 und Flax: KURTs Gastro-Test führt im Adventsmonat wieder an Gifhorns Theken

KURTs durchtrainierter Kneipensportler Malte Schönfeld schlägt eine Flax-Besuchererin im Armdrücken.

Foto: KURT Media

Nörglerinnen und Schimpfer bemängeln häufig, dass es in unserem Gifhorn ja so wenig zu erleben gibt. Das stimmt natürlich – wenn der Maßstab New York, Lagos und Kalkutta sind. Nur andersherum stimmt sicherlich auch: Wer nicht ausgeht, vertreibt die Bars und Kneipen. Man muss sich schon mal einen orgeln und Trinkgeld geben, wenn einem die Theke was bedeutet. Drum spielt sich auch in diesem Jahr der Gastro-Test im Weihnachtsmonat Dezember wieder zu späterer Stunde ab. Schank-Supporter Malte Schönfeld und seine Truppe pendelten vom Weihnachtsmarkt kurz in die Bier- & Rock-Kneipe H1, ein Ende nahm der Abend dann an der Braunschweiger Straße im einzigartigen Flax. Schenk ein, das Ding, schenk ein.

Nur die Ruhe bewahren, sage ich mir bei schielendem Blinzeln und Blasendruck, während ich am klimpernden Schlüsselbund den Haustürschlüssel suche. Meine Finger sind steif wie tropfnasse Klamotten auf einer Wäscheleine im Winter, das macht die Sache nicht einfacher. Dieser ist fürs Fahrrad, das ist der für das Kellerschloss, ah ja, hier ist er, Tür aufgerissen, Jacke über den Stuhl geworfen, ab auf die Toilette, laufen lassen. Dieser Sound eines dringlichen Urinstrahls – unvergleichlich. Ich schließe meine Augen und sehe eine grelle Farbe, die zwischen Gelb und Schwarz diffundiert. Ganz schön zerwuselt, dabei muss ich doch morgen mit meiner Nichte Kekse backen.

Acht Stunden zurückgerechnet schließe ich ohne Probleme die Haustür auf, es ist die klare, kalte Luft, der erste echte Frost des Jahres, die ich durch beide Nasenlöcher gierig einsauge. Ich trete ein, es ist niemand zu Hause. Schnell in die Küche – zwei Spiegeleier, Salz, Pfeffer, dunkelbraun getoastete Scheiben –, denn ich bin spät dran. Unser Treffpunkt ist der Gifhorner Weihnachtsmarkt. Auf einen Glühwein rein in die knallbunte Glitzerwelt, der weiche Rindenmulch unter den Füßen, die Holzbude zum kuschligen Schlürfen nebenan.

Eine halbe Stunde später stehe ich auf dem Weihnachtsmarkt. Bing Crosby singt, der Goldstandard der Weihnachtsmusik. Schon in der Ferne erkenne ich das Riesenrad. Am Anfang treffe ich meine Gruppe, auch meine Begleitung ist schon da, sie hat rote Wangen und arschgute Laune.

Hallihallo, Hände schütteln. Neidisch blicke ich auf die wohlduftenden Heißgetränke, deren Dampf sich wie eine Doppelhelix zum Dach zieht. Bei der Bude des Neubokelers Gerd Jahn am Ceka-Brunnen bestelle ich auf Empfehlung einen Glühmost. Endlich der erste Schluck, wild zwitschern die Aromen im Mund. Ein feiner Tropfen. Man startet ja immer als Etikettentrinker.

„Was ist eigentlich mit nem Eierpunsch?“, johlt meine Begleitung mit hellster Stimme, und nur kurz darauf stehen wir im H1, das aus allen Nähten platzt: Am ersten Tisch heben zwei Gifhorner Unternehmer ihre Hefeweizen und weisen uns den Weg wie zwei Grenzbeamte in den Laden, auf dem Podest sitzt ein Gastronom und grüßt, hinten im Laden winken Thekenchefin Karin Kuznik und Wirt Holger Hirsch.

Der diesjährige Gastro-Test startete für Malte und seine Gruppe auf dem Gifhorner Weihnachtsmarkt bei einer Tasse Glühmost.

Foto: KURT Media

Als Leiter der Glücksspielredaktion würde ich gern die Spielautomaten verschiedenfarbig füttern, doch beide sind besetzt – von einer Person. Aus den Boxen dröhnt „Engel“ von Rammstein – muss nicht unbedingt sein, finde ich, aber gut. Für uns gibt‘s derweil den sagenumwobenen Glühwein mit Haselnüssen, der Eierpunsch ist aus. Der Legende nach nehmen manche Menschen Tagesreisen auf sich, um diesen heiteren Adventstrunk zu kosten, manchmal mit dem Ergebnis plötzlicher Verwirrtheit, sobald man aus der Raucherkneipe zurück an die frische Luft tritt.

Diesen Weg nehmen nun auch wir, noch ohne Verwirrtheit, aber angelockert, raus auf den Steinweg. Schon jetzt riecht mein Pullover nach Lucky Strike und Rossmann-Parfüm. Am ersten Tisch gibt‘s bei den Unternehmern noch einen Havana Cola auf Ex zum Abschied. So spendiert man sich in mein Herz.

Letzter Halt: Braunschweiger Straße, Flax, selbsternanntes Weltkulturerbe. Auch hier ist der Laden voll, bis auf einen Tisch direkt in der Mitte – Bühne frei, wo ist das Mikro?

Wir sitzen zusammen wie eine hungrige Räuberbande, die einen Plan ausheckt, um die gurgelnden Mägen zu füllen. Es kommen die ersten Biere, meine Begleitung bestellt Mariacron-Fanta, meine Kollegin Mia den Cocktail Flax Spezial, die Gifhorner Abwandlung vom küstensüßen Sex on the Beach, ich nehme noch einen Korn. Sorgenfreies Abdriften. Überwindung der Blut-Hirn-Schranke. Es dauert rund sechs Minuten, bis der Alkohol im Kopf ankommt.

Wenn Du Bock hast, kannst Du Dir noch ‘n Korn abholen: Mia und Malte aus dem KURT-Team prosten auf die Adventszeit an.

Foto: KURT Media

Im Flax hat Chefin Güler Demirci das Sagen. Und aus gutem Grund vertraut sie mir Playlisten-Rambo fast blind. Vorbereitet stehe ich da mit meiner Notiz in der Hand wie ein Messegänger, der eine Fürbitte vortragen möchte. Klare Sache, jetzt braucht‘s Oasis mit „Some Might Say“, ein Lostreter, ein Energiebündel, eine explosiv-musikalische Sensation. Vor aufregender Extase, zu der ich noch ein großes Bier bestelle, vergesse ich glatt, die Talking Heads als nächstes anzumachen.

Alkohol macht ja aus einem Fiat Panda sozusagen einen Ferrari, ganz plötzlich fühlt man sich ja dann ganz schnell in seiner Haut, so warm wird einem, denke ich mir, dann merke ich, dass ich ja meine neue Tchibo-Thermounterwäsche anhabe – daher also. A propos Unterwäsche, Zeit für einen Toilettencheck, Mia übernimmt freundlicherweise an der Playlist und schiebt Placebo mit „Every You Every Me“ in die Warteschlange. Risikoblick in den Spiegel, glühendes Gesicht (Vulkan), Zottelfrisur – geht ja noch.

Der echte, mutwillige Verfall beginnt ungefähr, als meine Begleitung ein Tablett Kaluji bestellt. Bittersüßes, klebriges Zeug, was ich nur in Verbindung mit einem gewaltigen Zusatzschluck herben Biers runterkippen kann. Plötzlich stehen da wieder ein Havana Cola und ein Bier. Meine Begleitung animiert mich, einen Armdrück-Contest gegen eine stark tätowierte Frau zu bestreiten, den ich gewinne, dabei aber ein Glas vom Tisch reiße. Mia streichelt ihren vom Imbiss nebenan geholten Lahmacun, als wäre er eine Britisch Kurzhaar. Was für ein Irrenhaus.

Zu allem Überfluss gibt‘s dann auch noch ein Wiedersehen mit einem der beiden Gifhorner Unternehmer, der gar nicht anders kann als Tequila und Ouzo auszugeben. Was haben die bloß alle mit ihrem Quertrinken? So langsam aber sicher merke ich, als Queen im Hintergrund zu „Innuendo“ ansetzen, dass es Zeit wird zu gehen. Abrupt treffe ich diese Entscheidung und starte raus in die Nacht. Da fällt mir das morgige Keksebacken mit meiner Nichte wieder ein und direkt einsetzende Kopfschmerzen strafen mich auf dem Weg nach Hause.

Flax
Braunschweiger Str. 3a, Gifhorn
Di. – Do. ab 18 Uhr
Fr. – So. ab 19 Uhr


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