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Zuhause ist‘s am schlimmsten: KURT-Volontärin Mia lernt die Tücken das Alltags mit einer Einschränkung kennen

Mia Anna Elisabeth Timmer Veröffentlicht am 09.08.2024
Zuhause ist‘s am schlimmsten: KURT-Volontärin Mia lernt die Tücken das Alltags mit einer Einschränkung kennen

„Ich war echt zu blöd eine Trepper runterzugehen“, erklärt Mia genervt nachdem ihr ein Gips verpasst wurde. Jetzt ist sie erstmal an Krücken und Rollstuhl gefesselt.

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In hohen Schuhen die Treppe hinunter und schneller als erwartet befinde ich mich eine Etage tiefer. Glück gehabt, denke ich nach dem Fall – und erschrecke mich dann vor Schmerz beim Auftreten. Ab in die Notaufnahme. „Ich glaub, da ist nichts“, versichere ich dem Arzt deutend auf meinen Fuß. „Ich glaub, da ist was“, werde ich korrigiert. Mit Gips geht‘s zu Mutti. Ich bin körperlich eingeschränkt – zum ersten Mal in meinem Leben.

Rollstuhl und Krücken sind gar nicht spaßig. Es ist schwierig, auf Gehhilfen das Gleichgewicht zu halten – das erfordert Konzentration. Damit meine Wochenendpläne nicht völlig ins Wasser fallen, muss ein Rollstuhl geliehen werden. Doch meine Hoffnung wird jäh enttäuscht: Ob links, rechts oder geradeaus – ich komme schwer voran. „Du musst das halt üben“, höre ich oft. Übung hilft zwar, ändert aber nichts daran, dass ich es jetzt nicht kann – und dass es die öffentliche Infrastruktur einem alles andere als einfach macht.

Wenn ich es schaffe, die Haustür zu verlassen, scheitere ich an Treppen. Ich könnte sie auf dem Po hinabrutschen – das ist aber nicht nur entwürdigend, sondern auch ziemlich schwierig. Der Fuß darf ja nichts berühren, während ich meinen Körper immer wieder erst hochhieve, um ihn dann Stufe für Stufe runterplumpsen zu lassen. Ich habe mich also für eine unsicherere Variante entschieden: Ich hüpfe Stufen runter. Oft wird mir dabei Unterstützung angeboten – das ist nett, aber wenig hilfreich. Also lehne ich ab. Nicht selten sind die Leute angepisst.

Draußen wird‘s nicht einfacher. Oft sind Wege zu eng. Und wenn der Bürgersteig doch mal breit genug ist, parken Autos darauf. Die Öffis zu nutzen, ist mit Krücken auch grausig. Kaum komme ich durch die engen Gänge im Bus – wenn ich überhaupt zum Bus komme. Denn noch sind nicht alle Haltestellen barrierefrei.

Schnell fiel die Entscheidung: Ich gebe auf. Zu schwierig ist es, so einen Zielort zu erreichen. Ich bleibe daheim.

Wir wollen als Gesellschaft alle integrieren. In der Schule gibt‘s Fahrstühle, in der Stadthalle Rollstuhlplätze und im Schwimmbad Vorrichtungen zum Baden – und das ist toll. Das brauchen wir auch. Aber es bringt nichts, wenn die Leute nicht mal zu diesen Orten kommen. Dabei wäre es so einfach: Wir brauchen nur Verständnis und Verstand.

Wenn die Bushaltestelle am Steinweg mehr Platz und meine Stammkneipe keine Stufe hätte, würde ich diese Kolumne vielleicht nicht schreiben. Und wenn die verfickten Autos nicht auf dem Gehweg stünden.


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