Boxen

Olympia 2028 bleibt mein großer Traum: Gifhorns Ausnahmeboxer Nick Bier spricht vor seinem nächsten Kampf am 16. Juni in Gifhorns Stadthalle im großen KURT-Interview über sein Profi-Debüt

Jens Neumann Veröffentlicht am 31.05.2024
Olympia 2028 bleibt mein großer Traum: Gifhorns Ausnahmeboxer Nick Bier spricht vor seinem nächsten Kampf am 16. Juni in Gifhorns Stadthalle im großen KURT-Interview über sein Profi-Debüt

Zack, da liegt er: Nick Bier (rechts) bezwang bei seinem Profi-Debüt in Wolfenbüttel Gegner Pavel Herman schon in der ersten Runde.

Foto: Stefan Lohmann

Es ist Dienstag, ein ganz normaler Trainingsabend beim Boxclub Gifhorn in der Johann-Trollmann-Halle, der früheren Box-Mühle. Die Box-Handschuhe liegen noch in der Ecke. Gifhorns Faustkämpfer wärmen sich spielerisch mit einer Runde Basketball auf. Einer von ihnen ist Nick Bier. Gerade einmal drei Tage ist es her, dass der 24-Jährige in der Wolfenbütteler Lindenhalle seine Premiere als Profi feiern durfte. Doch eine aufgeplatzte Lippe oder eine Schwellung am Jochbein – davon ist in seinem Gesicht nichts zu sehen. „War ja auch nur kurz“, meint der 24-jährige Bier schmunzelnd, dessen Gegner Pavel Herman aus Dresden bereits nach der ersten Runde aufgeben musste. „Und unsere Devise ist ja auch: nicht treffen lassen, dafür selbst treffen“, verdeutlicht Gifhorns Ausnahmeboxer. Im Interview mit Jens Neumann aus dem KURT-Team spricht er über die konzentrierte Vorbereitung, den Schlag, der seinem Gegner die Rippen brach, und den großen Traum von Olympia 2028. Und wer Nick Bier live erleben möchte, hat dazu am Sonntag, 16. Juni, die Chance, wenn er in der Gifhorner Stadthalle seinen nächsten Profikampf bestreitet. Alle Infos dazu am Textende.

Nick, wie war das Gefühl, zum ersten Mal als Box-Profi in den Ring zu steigen?

Es war schon sehr aufregend. Dabei war ich im Vorfeld gar nicht nervös. Aber als ich meine ganzen Leute da in der Halle gesehen habe, bin ich schon nervös geworden. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass so viele Fans nach Wolfenbüttel kommen, um mich zu unterstützen.

Was ist der große Unterschied zwischen einem Amateur- und einem Profikampf?

Das Tempo ist komplett anders. Bei den Profis schaust Du Dir den Gegner erst genau an, bevor Du etwas Falsches machst.

Außerdem habe ich erstmals mit Oberkörper frei geboxt – und ich muss sagen: Das fühlt sich wirklich Hammer an! Die Box-Handschuhe bei den Profis sind zudem dünner als bei den Amateuren. Das ist wohl auch der Grund, warum ich meinem Gegner wahrscheinlich die Rippen gebrochen habe.

Hast Du Dich anders vorbereitet?

Es ist alles viel strukturierter, viel intensiver. Alles, was ich als Amateur im Training gemacht habe, mache ich nun doppelt so viel. Man hat weniger Pausen, mehrere Sparringspartner, trainiert auf zehn Runden oder mehr.

Meine Motivation ist jetzt eine ganz andere als zuvor bei den Amateuren, wo meine Gewichtsklasse weggefallen ist. Ich hatte da kein Ziel mehr, auf das ich hätte hinarbeiten können.
Du bist vom Deutschen Boxsport-Verband freigestellt für die Profis, darfst dort bis zu 15 Kämpfe bestreiten. Allerdings heißt das auch: Du darfst Dir keinen
Manager suchen.

Das ist richtig, das verbietet der DBV. Ich muss mich also selbst um Sponsoren kümmern, damit meine Gegner bezahlt werden können – Gage, Unterkunft, alles, was dazu gehört. Und die sind nicht gerade billig. Vor allem, wenn Du gegen welche boxen willst, die nicht gleich umfallen.

Dein Kampfname ist Wonderkid, auf Deutsch: Wunderkind. Wie kommt dieser denn zustande?

Das ist eine sehr lange Geschichte. Ich hatte als Kind einen Schicksalsschlag. Als ich sechs Jahre alt war, hatte ich Fieberkrämpfe und wurde bereits für fünf Minuten für tot erklärt. Ich konnte aber wiederbelebt werden. Das war wie ein Wunder – darauf bezieht sich der Kampfname. Gott hat mir das Durchhaltevermögen und das Talent geschenkt.

Alle für Nick: Die Unterstützung für Gifhorns Ausnahmeboxer bei seinem Profi-Debüt in Wolfenbüttel war überwältigend.

Foto: Stefan Lohmann

Wie bist Du dann zum Boxen gekommen?

Mein Papa war selbst ein Box-Fan, hat sich die großen Kämpfe von den Klitschkos, Axel Schulz oder Sven Ottke alle im Fernsehen angeguckt. Ich war da gerade mal zehn Monate alt, habe um 23 Uhr bei Papa auf dem Schoß gesessen und war ganz unruhig. Ich bin da rumgesprungen, habe die Schläge im Fernsehen mit meinen Augen verfolgt und habe darauf reagiert. Mein Vater hat schon gedacht, ich wäre hyperaktiv.

Damit war ja klar, dass der Weg in den Ring führt, oder?

Nein, ich habe erst Karate ausprobiert – aber das war gar nicht meins. Als ich drei Jahre alt war, konnte ich schon mit einer Hand Radschläge machen und Vorwärtssaltos. Ich bin dann zum Kickboxen gegangen, zu Alexander Melcher nach Isenbüttel. Der hat mir die Basics beigebracht. Und parallel dazu hat mein heutiger Trainer Vitali Boot dort ein Boxstudio aufgemacht.

Klingt so, als hättest Du in beiden Sportarten Karriere machen können.

Ich bin in einem Jahr Deutscher Meister im Kickboxen und im Boxen geworden, habe in beiden Sportarten eine Einladung für die Nationalmannschaft bekommen. Aber Kickboxen war nicht olympisch. Da hättest Du alles selbst finanzieren müssen. Wegen Olympia habe ich mich dann für das Boxen entschieden – Olympia war schon als Kind mein großer Traum.

Ist das heute auch noch so?

Ja! Die Olympischen Spiele 2024 in Paris sind für mich nicht mehr möglich, in meiner neuen Gewichtsklasse haben wir zwei Kandidaten. Aber okay, wenn ich noch eine Einladung bekommen sollte, würde ich sie annehmen. Deswegen ist Olympia 2028 in Los Angeles nun mein großes Ziel.

Wenn er gerade nicht arbeitet, dann ist Nick Bier beim Training. Sein großer Traum ist weiterhin die Teilnahme bei Olympia 2028.

Foto: Sebastian Priebe

Aufgrund eines Streits zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee und dem Box-Weltverband wegen Korruption und Wettbewerbsverzerrung ist Boxen aktuell kein Teil der Sommerspiele 2028. Wie interessiert verfolgst Du diesen Disput, wie stehst Du dazu?

Es ist große Scheiße, dass sich die Politik in den Sport einmischen muss. Politik gehört nicht in den Sport. Ich hoffe, dass Boxen olympisch bleibt. Wenn dieser Sport dort verschwindet, dann ist Olympia nicht mehr Olympia.

Andere Sache: Schlagstark, beweglich, dynamisch – das ist der Boxer Nick Bier, dem alle gerne zujubeln. Beschreib uns doch mal bitte kurz den Menschen Nick Bier. Was zeichnet Dich aus?

Ich bin ein zielstrebiger junger Mann, der als Dreijähriger mit dem Boxen angefangen und in den letzten 21 Jahren viel in seinen Sport investiert hat. Zurzeit bin ich bei Volkswagen in der Sportfördergruppe. Ich gehe zweimal in der Woche arbeiten, bin Anlagenführer in Halle 54. Und die restliche Zeit trainiere ich.

Welche sportliche Schlagzeile würdest Du 2025 am liebsten über Dich lesen?

„Nick Bier ist Deutscher Meister bei den Profis!“ – das wäre großartig. Mein Ziel in der Zukunft ist, Weltmeister zu werden. Früher war ich als junger Boxer heiß auf Pokale – heute interessieren mich nur noch die Meistergürtel.

Gifhorns ehemaliger Europameister Eduard Gutknecht kam irgendwann mal mit dem originalen EBU-Gürtel zu uns zum Training – das hat mich enorm angespornt.

Internationaler Profiboxabend mit Nick Bier
Sonntag, 16. Juni, 18 Uhr, Einlass 17 Uhr
Stadthalle, Schützenplatz 2, Gifhorn

Vorverkauf ab 40 Euro zzgl. Gebühren in der Konzertkasse in der Stadthalle,
Schützenplatz 2, Gifhorn, Di. 10 bis 14 Uhr, Mi. 14 bis 18 Uhr, Do. 10 bis 14 Uhr, Tel. 05371-594710 oder unter reservix.de


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