Ultralauf
Ins Ziel kommt nur, wer die Quälerei übersteht: Ein Team des Hoitlinger SV wagte einen Ultra-Run bis nach Hamburg
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 20.10.2024Kaum eine Sportart wird in Deutschland so konsequent betrieben wie das Laufen. Um nach einer ungesunden Lebensphase die Fettkilos runterzuschwitzen oder Stresshormone abzubauen und in gute Gefühle zu kanalisieren – die Deutschen laufen und laufen. Insofern wundert es natürlich nicht, dass neben einigen Gelegenheitsjoggern auch richtige Extremsportler dabei sind. So auch Stefan Wäke (42) und seine Freunde vom Hoitlinger SV. Gemeinsam absolvierten sie unter großer nervlicher und körperlicher Anstrengung Anfang Oktober einen wahnwitzigen Ultra-Run bis nach Hamburg.
Stefan Wäke läuft seit 25 Jahren. Weil er zur Marine wollte, musste er fit werden. Es klappte, die Mühen hatten sich gelohnt. Und das Laufen blieb Teil seines Lebens. Als er mit der Marine am Horn von Afrika unterwegs war, lief er einen Halbmarathon. Später gab er seinem Leben eine neue Richtung, machte erst die Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker und dann den Meister. Er restaurierte Oldtimer – ein Traumjob. Doch auch verbunden mit einem hohen Stresslevel. „Das Laufen war ein Ventil für mich“, erklärt Stefan Wäke.
Inzwischen arbeitet der Eischotter als Lehrer an der BBS 2 in Gifhorn, seiner sportlichen Leidenschaft geht er aber beim Hoitlinger SV nach. Und da suchte er sich zusammen mit Freunden aus der starken Laufsparte eine echte Herausforderung: den Ultra-Run.
Erst fünf Kilometer, dann zehn, später der Halbmarathon und dann der erste Marathon – im Laufsport steigert man sich bestenfalls langsam an die größeren Etappen. Nach der Königsdisziplin im Langlauf folgt dann nur noch der Ultra-Run. „Diese Idee ist schon vier Jahre alt“, erzählt Stefan Wäke. Damals kam ihm der Wunsch, einmal so lange zu laufen, bis es einfach nicht mehr geht – total auspowern. Und auch das Ziel mit Hamburg stand schon halbironisch im Raum. Jahre später wurde nun Wirklichkeit daraus: Vier Tage, 182 Kilomter, dreimal über die Distanz Marathon hinaus.
Zu Ideengeber Wäke gesellten sich Thorsten Feuerhelm und Christian Quinten als Durchläufer, außerdem Maik de Caro, Rolf „Rolle“ Trump, Jan Patrik Hoppenau-Pala, Kevin Feuerhelm und Stephan Erdmann in der Kombi Bike & Run. Doch die Herausforderung war nicht allein das Sportliche, „auch das Gepäck und die Verpflegung mitzubekommen“, so Wäke. Maßgeblich, dass sich Sina Trump als Fahrerin des Begleitfahrzeugs und Physiotherapeut Willy Thöm um die Extremsportler kümmerten. Ein bekannter Arzt stellte die Technik zum Untersuchen von Blutdruck und Sauerstoff im Blut.
Für jede Etappe rechneten die Läufer mit einer Verbrennung von 3000 bis 4000 Kalorien. Und das kam auch gut hin. Jeder lief zwar sein „Wohlfühlpace“, wie Stefan Wäke meint, ohne jedoch abzureißen. Nur als Team ging es voran. „Sonst kriegt man nicht mit, ob jemand umknickt oder schlimmer gar umkippt.“ Ein ums andere Mal werden die Läufer von jubelnden Freunden überrascht. „Das trägt“, ist Stefan Wäke begeistert. Nach vier Tagen ist es tatsächlich geschafft. „Am Tag drei war die Belastung schon hoch, mit den Höhenmetern wurden es aber Höllenqualen“, gesteht er.
Dass diese Tour überhaupt erst möglich gemacht werden konnte, hat natürlich auch mit dem Hoitlinger SV zu tun. Die vielleicht größte Attraktion neben der leistungsorientierten Laufsparte, die auch den Ackermann-Lauf organisiert, ist aktuell das Frauenfußballteam, Tabellenführer in der 1. Kreisklasse Gifhorn. Talente dürfen sich beim JFV Allerlöwen entwickeln. Die 250 Mitglieder – bei rund 500 Hoitlinger Einwohnern – beweisen, dass man über die Dorfgrenzen hinaus begeisterte Sportler anzieht. Auch neue Angebote wie die Dartsparte, die Bulls Hoitlinger SV, erfreuen sich einer großen Beliebtheit.