Freizeit
Gut, dass ich das nicht Malte habe machen lassen: KURT-Fahrradfuchs Mia Anna Elisabeth Timmer hat die Gifhorner ADFC-Feierabendradtour bewältigt
Mia Anna Elisabeth Timmer Veröffentlicht am 16.05.2023Eine kleine Fahrradtour nach dem Feierabend? Na klar, denkt sich KURT-Mitarbeiterin Mia und meldet sich in der Redaktion prompt freiwillig, diesen Beitrag zu gestalten. Mit ihrem „Schrotti“ begleitet sie die Radlerinnen und Radler auf der ersten ADFC-Feierabendradtour der Saison über Gifhorns Radwege – und stößt dabei nicht nur an die Grenzen unserer Kreisstadt, sondern auch an ihre eigenen.
„Papaaaa, wo ist Deine Jacke?“, brülle ich in unsere kleine Wohnung. Keine Antwort. Ich stelle fest – er ist gar nicht da. Ein Telefonat muss also reichen... tut... tut... „Ja, was?“, murmelt er. „Ja, also ich brauche Deine Übergangsjacke – jetzt! Ich muss doch zum Feierabendradeln.“ Er weiß längst Bescheid, denn vor ein paar Tagen musste mein Rad von meinem Nordkreisdörfchen nach Gifhorn gebracht werden. Das war bis dahin – genauso wie meine Übergangsjacke bis jetzt – noch nicht mit in die Stadt gezogen.
Beides sollte ich heute aber benötigen. Die Jacke geschnappt und schon geht’s auf zum AOK-Parkplatz. Dort ist der Treffpunkt für die Feierabendradtour des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Gifhorn. Ein Blick auf mein kaputtes iPhone-Display verrät mir, dass ich schon wieder spät dran bin. Also verfalle ich in die übliche Hektik und hetze durch die Stadt. Ich hasse diesen Verkehr – besonders als Radfahrer. Wie soll man Fahrradfahren genießen?
Es heißt ja Feierabendradtour. Es sollte also eine entspannte Tour zum entspannten Feierabend werden. Aber ich entspanne hier gerade ganz und gar nicht. Feierabend? Von wegen – wobei ich ja überhaupt noch auf dem Weg dorthin bin und mit dem feierabendlichen Radeln gar nicht begonnen habe.
Angekommen entdecke ich eine Gruppe Veloisten. Ich schätze, sie sind alle ungefähr doppelt so alt wie ich. Ich sollte mich irren. Denn als ich die Teilnehmerliste sichte, sehe ich: Im Schnitt sind sie etwa viermal so alt. Doch trotz – oder vielleicht sogar wegen – des Altersunterschieds werde ich herzlich und zuvorkommend begrüßt. „Trag Dich mal ein, dann ziehst Du den Altersdurchschnitt etwas runter“, reicht ein Herr mir lachend die Liste. Ich trage mich ein. Nun liegt die Altersspanne der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht mehr bei 58 bis 88 Jahre – sondern bei 18 bis 88.
Ich schaue in die große Runde und bin überrascht. „Heute sind wir aber auch viele“, verkündet einer von ihnen. Ja, ganz schön viele. Unbewusst nicke ich bestätigend, einige nicken mir zurück. Erwartet hätte ich 10, vielleicht 15 Personen. „Ja, sieht aus, als wären wir um die 20 bis 30“, schallt es von irgendwo auf dem Parkplatz. Zurück in der Redaktion schaue ich mir das Gruppenfoto an: Zusammen mit mir waren es diesmal 24 Leute.
Nach einigen Durchsagen, die ich im Durcheinander mehr oder weniger verstehen konnte, fahren wir los. Eine Tour von 29 Kilometern ist geplant. Na, ob mein Schrotti und ich das überstehen? So nenne ich mein Fahrrad, eine Hommage an das erste Auto meiner Mutter. Und ja, der Name ist Programm. Ein Kontrast zu den bereiften Begleitern der anderen Teilnehmer, die meisten von ihnen haben E-Bikes. Mehrmals wird mir aber versichert, dass ich die Tour dennoch überstehe. „Du bist ja noch jung“, fällt da als Standardsatz.
Bereits nach wenigen Kilometern fühle ich mich gar nicht mehr jung. Beeindruckend, dass die ganzen Leute hier das auch noch regelmäßig machen. Klar, mit Elektro-Unterstützung – trotzdem bin ich beeindruckt. Besonders, weil mir von einigen härteren Touren berichtet wird. Diese hier findet alle zwei Wochen statt. Es gibt aber auch eine monatliche: die große Sonntagstour. Und die ist dann auch gerne mal 80 Kilometer lang und geht bis nach Braunschweig.
Einige Kilometer weiter finde ich mich irgendwo im Nirgendwo wieder – zum Glück in Begleitung der erfahrenen Radler. Um mich herum ganz schön viel Wald und freies Feld. Ein Trecker fährt weithinten am Horizont vorbei und hupt uns zu. „Das ist toll, man lernt immer neue Strecken kennen durch diese Veranstaltung“, erklärt mir eine Dame.
Auf der Strecke sind aber nicht nur Orte, die ich noch nie gesehen habe, sondern auch alle möglichen Straßenbeläge. Ob das nun gut oder schlecht ist, darf jeder für sich selbst entscheiden. Ich empfinde es als positiv herausfordernd. Auch wenn mir bei jeder minimalen Steigung derselbe Gedanke in den Kopf schießt: Herr Gott, hätte ich das doch mal Malte machen lassen. Mein Kollege war nämlich zwischenzeitlich für diese Radtour eingeplant, völlig geistesverloren meldete ich mich dann dafür freiwillig. Ich verdammter, verdammter Vollidiot.
Nach einiger Zeit kommen mir aber gar nicht mehr diese Gedanken. Genau genommen kommen mir gar keine Gedanken mehr. Wow, Stille im Kopf. Kein Alltagsstress, keine Hektik. Auch die Aufregung von der Fahrt zum Treffpunkt habe ich vergessen. Jetzt gerade muss ich nichts machen, außer radeln. Meine einzige Aufgabe ist es, nicht hinzufliegen – und das kriege ich ganz gut hin.
Träumerisch in die Landschaft blickend registriere ich dann doch etwas von vorne. Einer der Ordner in gelber Weste hebt seine Hand: „Pause“, ruft er nach hinten. Etwa 50 Meter weiter halten wir. Ich kralle mir mein Wasser. Das brauche ich gerade echt – wie ein austrocknender Fisch. Nach einigen Schlucken geht es mir aber schon deutlich besser. Ich bin bereit für die Weiterfahrt und auf die nächsten, letzten 15 Kilometer freue ich mich nun sogar. Verrückt!
Die 20-minütige Pause ist jedoch noch nicht vorbei. Ein Mann spricht mich an. „Bisher läuft es ja super, Du hältst gut mit. Aber eines brauchst Du noch“, weist mich Bernd Grabe auf meinen fehlenden Fahrradhelm hin. Er schildert mir Unfälle und wie wichtig ein Helm ist. Auch er hat schon solche Erfahrungen gemacht: Der Helm war danach kaputt, aber sein Kopf – Gott sei Dank – nicht. Ohne den Helm hätte er wohl eine schwere Gehirnerschütterung gehabt. Oder Schlimmeres. Auch mein Chefredakteur machte mich Tage davor darauf aufmerksam, dass ich einen Helm bräuchte. Natürlich habe ich darüber gelacht, aber nach Bernds Schilderungen ist mir nicht mehr so zum Lachen zumute.
Glücklicherweise ist zuvor und auf der weiteren Fahrt nichts passiert. Die ging nämlich nach dem Gespräch weiter. Nachdem wir eine Weile durch den Wald fahren, entdecke ich den Tankumsee. Auch nicht schlecht, das wäre ja mal einen Fahrradausflug im Sommer wert. Als Nordkreiskind hatte es mein Rad und mich noch nie dorthin verschlagen.
Hinter mir unterhalten sich zwei Damen. Die eine erzählt von solch kleinen Ausflügen, wie ich gerade einen plane, die andere hat deutlich Größeres vor: „Ach, das hier ist ja lächerlich“, schmunzelt sie. Finde ich gar nicht so lächerlich diese 30 Kilometer, aber jeder hat eben seine eigenen Grenzen. Ich bin jedenfalls weit über meine Grenze hinaus – und auch über die des Stadtgebietes. Glaube ich, ich bin mir schon wieder nicht sicher, wo wir eigentlich gerade sind.
Doch nach einigen Metern Wald wird es mir wieder klar: „Diese Kreuzung kenne ich“, sprudelt es aus mir heraus. Drei Minuten später bin ich dann aber schon wieder aufgeschmissen, und scheitere an meinen mangelnden Fähigkeiten als Ortskundige. Nun das bin ich definitiv nicht, wie ich mir selbst heute bewiesen habe.
Mir wurde aber heute noch mehr bewiesen: Erstens hätte ich nicht erwartet, dass jegliche Art von Sport entspannen oder beruhigen kann. Ja, die blöden Fitness-Influencer und Co berichten immer davon. Ich hab es trotzdem immer für reinen Work-Life-Balance-Bullshit gehalten. Aber doch, es stimmt. Gerade Fahrradfahren eignet sich – wie ich finde – super zum Ablenken und Ausspannen. Zweitens habe ich mich unterschätzt. Ich dachte, das hier würde eine echte Tour de Trance – also ein klägliches Armutszeugnis meiner Kondition und Ausdauer. Es sollte aber anders kommen. Ich habe die ganzen 30 Kilometer geschafft – in nur zwei Stunden. Für manche klingt das nach keiner Leistung, aber das ist mir egal: Ich bin stolz auf mich!
Viele schöne Fahrradtouren mit dem ADFC Gifhorn
Feierabendradtour
Dientags:
im Mai am 16. und 30.
im Juni am 13. und 27.
im Juli am 11. und 25.
im August am 8. und 22.
im September am 5. und 19.
Treffpunkt: AOK-Parkplatz
Schleusendamm 2, Gifhorn
Abfahrt: 17.30 Uhr
Dauer: ca. 2 Stunden
mit einer 20-minütigen Pause
Tourenlänge: 25 bis 30 km
Außerdem sind in diesem Jahr noch mehrere große Touren geplant. Die Teilnahme ist jeweils kostenfrei, lediglich für Eintrittsgelder oder ähnliches können Kosten anfallen. Es wird empfohlen, für eigene Verpflegung – vor allem für ausreichend Getränke – zu sorgen. Abfahrt ist meist um 9.30 Uhr in Gifhorn. Anmeldungen sind erwünscht, möglichst eine Woche vor dem Tourtermin:
Sonntag, 14. Mai
Langlingen
Tourenlänge: ca. 70 km
Leitung: Manfred Flötke
Anmeldung: Tel. 05371-56143
Sonntag, 21. Mai
Wasser, Wald und Heide
Besonderheiten zwischen Gifhorn und dem Bockling erfahren
Tourenlänge: ca. 57 km
Leitung: Jörg Thaden
Anmeldung: Tel. 01525-7523454
Sonntag, 18. Juni
Zum Bienenhaus nach Tülau
Auf dem Bienenlehrpfad Interessantes erfahren
Tourenlänge: ca. 80 km
Leitung: Manfred Flötke
Anmeldung: Tel. 05371-56143
Sonntag, 9. Juli
Museum Burg Brome
Altes Handwerk fühlen, leben, anfassen mit Museumsbesuch und Einkehr im Burg-Café
Tourenlänge: ca. 80 km
Leitung: Jörg Thaden
Anmeldung: Tel. 01525-7523454
Wer mag, kann an der Führung durch das Musuem Burg Brome teilnehmen. Diese ist mit Kosten verbunden, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst tragen.
Sonntag, 27. August
Fahrradtour in Hannover
„Wir erfahren den Grünen Ring“
Tourenlänge: ca. 80 km
Abfahrt bereits um 9 Uhr
(mit dem Auto oder der Bahn geht‘s nach Hannover)
Leitung: Wolfgang Harder
Anmeldung: Tel. 05371-52463
Sonntag, 17. September
Wir wechseln das Bundesland
Besuch des Burg- und Heimatmuseums in Oebisfelde in Sachsen-Anhalt
Tourenlänge: ca. 90 km
Leitung: Wolfgang Harder
Anmeldung: Tel. 05371-52463
Sonntag, 15. Oktober
Braunschweig –
Ringgleistour
Wie auf Schienen rund um Brunswick
Tourenlänge: ca. 85 km
Leitung: Elke Vahl
Anmeldung: Tel. 05304-2648