Essen & Trinken
Das letzte Abendmahl, nur Lana Del Rey fehlt: Das Diner Route 4 in Ausbüttel punktet mit USA-Imitation und Imbisskultur
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 28.01.2024
Dicke Burger, knuspriger Bacon, kühle Coke – das Diner Route 4 in Ausbüttel ist genau so wie man es sich vorstellt. Die kalorienreichen Monsterportionen sind auch für KURTs Tester Malte Schönfeld herausfordernd.
Foto: Bastian Till Nowak
Es gibt ja durchaus Menschen, die würden behaupten, dass die USA ein kulturloses Land seien. Drogen-Epidemien, Schusswaffen-Wahn und blinder Patriotismus jedenfalls verdunkeln den einst verheißungsvollen American Dream. Doch eines bleibt glücklicherweise unangestastet: die schambefreite Esskultur mit ihren fettigen Burgern, den krossen Fries und der immerleckeren Cola. Wie praktisch, dass wir dafür nicht erst über den Atlantik jetten müssen, sondern ein echtes Diner direkt vor der Haustür haben. KURTs Gastro-Tester Malte Schönfeld und seine Begleitungen haben die Route 4 in Ausbüttel auf Beef, Maiskolben und Apple Pie geprüft.
Spiegelglatte Gehwege prägen in diesen Tagen das Gifhorner Bild. Man kommt nur bei größter Vorsicht voran. Verschneite Gärten, Eiszapfen an Ästen. Man schlittert und rutscht von Haustür zu Einfahrt zum Parkplatz. Die Jahreszeit der Knochenbrüche. Gerade noch mal gut gegangen.
Zur Route 4 kommen meine Begleitung, die Mitgenommene auf der Rückbank und ich trotzdem nur bei gedrosseltem Tempo. Ding, ding, das umsichtige Thermometer warnt akustisch vor der Glätte durch die Minusgrade. Es hat aber auch was, so durch die Gegend zu schleichen. Der Januar als Monat ohne große Vorkomnisse wird mir immer sympathischer, denke ich, als wir von der Gifhorner Straße links auf den Hof der Route 4 abbiegen.
Schon als wir eintreten und mir das erste Blechschild mit James Dean ins Auge fällt, flirren die Gedanken nur so umher: Route 4, Route 66, Texas, Arizona, staubige Windschutzscheiben, klappernde Fensterheber, Autofriedhöfe, Cowboystiefel, Collegejacken, Sumpflandschaften, Mississippi-Dampfer. Es rattert und rattert. Lieber schnell setzen, bevor noch ein Unglück passiert.
Wie man sich in der Route 4 kulinarisch bewegen möchte, ist jedem selbst überlassen. Frittierte grüne Paprika und Mozzarella-Sticks gibt‘s dort als Snacks, genauso aber auch Desserts wie den Apfelkuchen mit Eis.
Foto: Bastian Till Nowak
Die Karten werden gereicht. Und darauf ist einiges verzeichnet: Die Late-Breakfast-Angebote mit Rühr- und Spiegeleiern, Omelettes, Toasts, Schinkenspeck und Sandwiches klingen interessant, matchen aber nicht mit unserem Abend-Appetit. Vorweg wähle ich die texanische Tomaten-Chili-Suppe und einen Maiskolben, die Mitgenommene nimmt ebenfalls den Meisterkolben, meine Begleitung Mozzarella-Sticks und frittierte mit Cheddar gefüllte Paprika.
Und ich staune nicht schlecht, als ich die erste Löffelspitze Suppe probiere – die ist wirklich scharf. Besser gefällt mir aber sogar noch der in Kräuterbutter getauchte Maiskolben, den die Mitgenommene und ich darbend wie zwei Meerschweinchen abnagen. Wie ich so nage und kaue und nage und kaue und den Kolben dabei immer wieder drehe und schräg lege, wandert mein Blick durch die Route und bleibt bei einem großen Poster hängen: Es zeigt da Vincis „Abendmahl“, nur dass die Jünger nicht Petrus und Johannes darstellen, sondern Humphrey Bogart und Elvis Presley. Und so wie die Jünger eigentlich Jesus einkreisen, ist diesmal die Monroe im Zentrum der Begierde.
Wieder der Switch auf den eigenen Teller: Bisher bin ich mit meinem persönlichen Abendmahl sehr zufrieden. Das ändert sich auch nicht, als unsere Hauptgerichte kommen. Erwartungsgemäß haben wir uns – und das ist klassisch Route – in die deftigen, dicken Burger verguckt, denn für die ist das Diner im Landkreis zur Bekanntheit gelangt.
Die texanische Tomaten-Chili-Suppe ist durchaus feurig im Nachgang und mit dicken Bohnen angereichert. Perfekt passt dazu der Maiskolben.
Foto: Bastian Till Nowak
Vor mir auf dem Teller tut sich also nicht nur ein riesiger Haufen Fries, die in der Route nicht mit den dünneren Pommes zu verwechseln sind, auf. Inmitten der leckeren Kartoffelspalten liegt der mächtige Big-Chili-Burger, der mit Käse, Zwiebeln, Salatblatt, Tomate und Gurke traditionell belegt ist – ein echtes Monster, das von der Portion unter normalen Umständen vielleicht auch zwei Personen satt machen würde. Doch ich habe seit sieben Stunden nichts mehr gegessen und freue mich über dieses schamlose Schlemmen.
Der Burger ist saftig und lecker und entspricht meinen Vorstellungen von einem US-Imbiss in Größe und Form. Ein bisschen mehr Gewürze würde ich dem Hacksteak empfehlen, vielleicht Koriander, auf jeden Fall Oregano, um dem Patty geschmacklich noch etwas mehr Umfang zu verleihen. Und weichere Buns mit einem fluffigen Teig würden nach meinem Empfinden auch besser passen. Doch alles kein Grund sich zu beschweren, und auch meine Begleitung und die Mitgenommene sind ruhig-zufrieden vertieft in ihren Omelett- und Bacon-Cheese-Burger. Mir scheint, als würden Humphrey Bogart und der King uns beneiden.
Eigentlich sind wir schon pappesatt, die Mitgenommene lässt sich die Fries sogar noch einpacken, aber für ein Dessert klappen wir die Menü-Karten noch mal auf. Selbst an dieser Stelle ist die Route eine Wundertüte, denn neben Donut und Muffin findet sich sogar ein Apfelkuchen auf der Karte. Da lehne ich doch garantiert nicht ab, voller Bauch hin oder her. Und für diejenigen, die selbst im Winter vom Speiseeis nicht genug bekommen können, führt das American Diner auch Variationen wie Eiskaffee und Eisschokolade, und ich muss unweigerlich an Uma Thurman in „Pulp Fiction“ denken, wie sie im Jack Rabbit Slim‘s ihren Fünf-Dollar-Milchshake schlürft. Doch verrückter ist sogar noch, dass der von uns bestellte Apple Pie neben Schlagsahne und Vanilleeis mit flambierten Zuckerwürfeln serviert wird – ein witziges Gimmick, das geschmacklich jedoch nichts zur Sache tut.
Ein letztes Mal schaue ich auf das letzte Abendmahl, daneben flirrt der Fernseher. Es läuft ein Musiksender, und in dem Moment wird mir bewusst, dass es in der Route eigentlich nur an Lana-Del-Rey-Musikvideos im Loop fehlt.
Route 4
Gifhorner Straße 4, Ausbüttel
Di. – Fr. 16 bis 22 Uhr
Sa. & So. 12 bis 22 Uhr
Tel. 05374-9850
route4.de