Musik

Wir halten mit der Haltung nicht mehr hinter dem Berg: Oliver Gies spricht im Interview über Maybebops Silvestershow in der Stadthalle

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 08.10.2025
Wir halten mit der Haltung nicht mehr hinter dem Berg: Oliver Gies spricht im Interview über Maybebops Silvestershow in der Stadthalle

Maybebop sind Christoph Hiller (von links), Lukas Teske, Jan Bürger und Oliver Gies. Gemeinsam sorgt das A-Cappella-Quartett für helle Momente in dunklen Zeiten und schlauen Klamauk in der Stadthalle.

Foto: Sven Sindt

Einer der gefragtesten Termine im Kalender der Stadthalle Gifhorn ist die Silvestershow. Diesmal gehört der Abend dem A-Cappella-Vierer Maybebop, der von tagebuchartiger Ballade bis energiegeladenem Elektropunk sein einzigartiges Œuvre und das jüngste Album „Muss man mögen“ auf die Bühne bringt. KURT-Redaktionsleiter Malte Schönfeld sprach mit Bariton Oliver Gies über Jogging am Schlosssee, Fenchelhonig für die Stimme und Politisierung. Tickets gibt‘s in der Konzertkasse der Stadthalle, Schützenplatz 2 in Gifhorn (Di. & Do. 10 bis 14 Uhr) oder unter stadthalle-gifhorn.de.

Silvester ist nur einmal im Jahr, so viel ist sicher. Oliver, seid Ihr anders aufgelegt als sonst, ist das Publikum anders aufgelegt?

Wir sind auf jeden Fall anders aufgelegt. Ob das Publikum da mithalten kann, werden wir sehen (lacht).

Voriges Jahr haben wir eine große Silvestershow in Leipzig gespielt, insgesamt war das Publikum zu mehr Party aufgelegt als sonst. Das könnte daran liegen, dass schon ein, zwei Sekt getrunken worden waren. Und wenn das Publikum uns trägt, ist das die halbe Miete.

Wird es also Bleigießen geben, kommen Wunderkerzen zum Einsatz?

(schmunzelt) Nein, das werden wir alles nicht machen. Wir spielen aber Wunschkonzerte, auch in Gifhorn, und das Publikum wird sich vorab Songs bei uns wünschen dürfen. Wenn wir die noch drauf haben, pflegen wir sie in die Setlist ein. Einfach über Facebook, Instagram oder unsere Website melden. Denn je mehr Auswahl, desto bunter wird das Programm.
Aber keine Angst: Wir spielen die Party-Stücke auch so.

Häufiger schon seid Ihr in Gifhorn aufgetreten. Konntest Du unsere Stadt schon erkunden? Hast Du einen Lieblingsort?

Viel Zeit bleibt uns leider immer nicht. Aus dem Zug geht es nachmittags direkt zum Soundcheck, dann wird gegessen und gechillt und schon steht die Show an. Ich kann Dir aber verraten: Einmal bin ich am Mühlenmuseum entlang gejoggt. Das weiß ich noch. Und das hat mir schon sehr gefallen.

Was hebt die Stadthalle Gifhorn von anderen Spielorten ab?

In Gifhorn spielen wir sehr gerne, unser Tontechniker ist immer sehr zufrieden mit der Ausstattung. Eine tolle Bühne, und obwohl so viele Leute ins Publikum passen, habe ich das Gefühl, ich kann jedem persönlich die Hand schütteln. Da ist immer gute Stimmung.

Für A-Cappella-Sänger gibt es vermutlich nichts Wertvolleres als ihre Stimmen. Wie schont man sie im Tour-Alltag?

Wir versuchen natürlich, so gesund zu singen wie möglich, um vier, fünf Tourtage am Stück zu überstehen. Jeder macht seine Übungen und wärmt vor dem Auftritt die Stimme auf.

Trotzdem kann es passieren, dass man in der Show über die Strenge schlägt oder ein Virus zuschlägt. Dann ist die Stimme ausgeknockt. Und dann hilft tagsüber nur zu schweigen und zu inhalieren.

Also kein Zaubertrank?

Auch bei uns schwört jeder auf sein Geheimmittel. Bei mir ist es der Fenchelhonig, den lutsche ich pur, bis er sich auflöst. Das ist ein super Zeug.

Euer Album „Muss man mögen“ vereint Spitzen gegen Künstliche Intelligenz, Influencer und Selbst-optimierung. Du schreibst viele der Songs selbst, Oliver. Wird es immer leichter, Witz und Humor in Songs zu verpacken, weil die Welt so sehr durchdreht – oder schwieriger?

(überlegt) Mir fällt es schwerer, leichtfüßige Songs zu schreiben, weil die Welt so durchdreht.

Ansonsten liegen viele Themen auf der Straße. Die auf eine Art zu verpacken, dass die Musik leicht und unterhaltsam bleibt, das ist schon schwer. Wir wollen schließlich nicht die Leute mit hängenden Schultern aus der Stadthalle gehen sehen. Leichtigkeit, Hoffnung und eine Botschaft zu senden, das ist die Challenge.

Schlauer Klamauk und intime Einblicke wie in „Meine Wende“, das die intime Sicht von Lukas Teske auf die ostdeutsche Wiedervereinigung zeigt – ist es das, was Euch ausmacht?

Ich habe schon das Gefühl, dass die Leute diesen Mittelweg erwarten. Wenn wir jetzt den ganzen Abend Tralala ohne Tiefgang machten, würden einige bestimmt komisch gucken. Zwischendurch darf es dämlich und lustig sein, dann braucht‘s aber auch wieder ein „Meine Wende“.

Seid Ihr eine politische Band?

Ja, inzwischen würde ich das wohl sagen. Der politische Anteil ist größer geworden, unsere Haltung, mit der wir nicht mehr hinter dem Berg halten.

Warum ist das nötig?

Ob es nötig ist, weiß ich gar nicht, aber es hat sich richtig angefühlt.

Wir sind älter geworden und interessieren uns mehr für bestimmte Themen. Es wäre eher schräg gewesen, wenn wir diese Wandlung nicht mit auf die Bühne genommen hätten.
Dass wir politischer geworden sind, hat sich also einfach natürlich ergeben. Wir waren alle der Meinung: Es ist jetzt an der Zeit.

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