Letzte Ruhe

Wie gedenkt Gifhorn der Verstorbenen? Zum Ewigkeitssonntag zeigen Friedhöfe, warum Tod auch Hoffnung stiften kann

Marieke Eichner Veröffentlicht am 21.11.2021
Wie gedenkt Gifhorn der Verstorbenen? Zum Ewigkeitssonntag zeigen Friedhöfe, warum Tod auch Hoffnung stiften kann

Zum Ewigkeitssonntag Ende November werden traditionell die Gräber auf den Friedhöfen winterfest gemacht. In unserer Südheide-Stadt Gifhorn eignet sich dafür natürlich das farbige Heidekraut ganz wunderbar.

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Am 21. November ist Ewigkeitssonntag – auch Totensonntag genannt – und damit endet das Kirchenjahr. Für die evangelische Kirche ist es der Sonntag, an dem der Verstorbenen gedacht wird – mit Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Traditionell werden am Ewigkeitssonntag Gräber winterfest gemacht und mit Gestecken, Blumen oder Kerzen geschmückt. Wie begehen Gifhorns letzte Ruhestätten diesen Tag – und was machen eigentlich die Katholiken?

„Zum Ewigkeitssonntag werden alle Gräber von unseren Mitarbeitern hübsch gemacht“, erzählt Johann Harms. Er ist Leiter des evangelischen Friedhofs am Weinberg. „Im Herbst versuchen wir sowieso pausenlos, die Gräber vom Laub zu befreien.“ Auch die Angehörigen seien „sehr fleißig“ und machen die Gräber hübsch zum Gedenken. Der Ewigkeitssonntag ist der Abschluss des Gedenkens am Grab: „Ursprünglich haben wir mit Tannengrün abgedeckt und eine Kerze dazugestellt. Das hat sich durch den Klimawandel ein bisschen gewandelt“, da Schnee – wenn überhaupt – erst spät falle. Somit ist auch im Winter eine andauernde Grabpflege nötig.

Johann Harms empfiehlt, einmal im Dunkeln über den Friedhof zu gehen, wenn die von ihm und seinen Mitarbeitern aufgehängten Lichterketten in den Bäumen funkeln und die Kerzen auf den Gräbern brennen. Seit 36 Jahren schon ist er Verwalter am Weinberg und für ihn ist der Ewigkeitssonntag eine Art Jahresabschluss. „Das Personal für die Grabpflege geht in den Urlaub, für uns wird‘s entspannter – bitte nicht falsch verstehen, natürlich führen wir weiter Beerdigungen durch.“ Aber wenn alle Aufträge erledigt seien, kehre Ruhe ein, das sei für ihn sehr schön.

„In meiner Heimat in Ostfriesland hat einmal der Posaunenchor am Ewigkeitssonntag auf dem Friedhof gespielt, da bekam man einen ganz anderen Eindruck als sonst.“ Der Friedhofsverwalter glaubt an die Ewigkeit, die Auferstehung durch Jesus Christus, „das hilft, die Arbeit auf dem Friedhof jeden Tag zu bewältigen“.

Zum Gedenken an die Verstorbenen werden gerne Grablichter entzündet, um der Dunkelheit des Todes etwas Licht entgegenzusetzen.

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Der Ewigkeitssonntag wurde 1816 von König Friedrich Wilhelm III. in Preußen eingeführt. Als mögliche Hintergründe betrachten Historikerinnen und Historiker das Gedenken an die vielen in den sogenannten Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 Gestorbenen, die Trauer um die 1810 verstorbene Königin Luise oder einfach das Fehlen eines Totengedenktages in der evangelischen Kirche.

Im Ruhewald Rittergut Ribbesbüttel werden die Gräber am Ewigkeitssonntag hingegen nicht auf eine besondere Art und Weise geschmückt. „Bei uns gibt es ja keinen Grabschmuck, das macht die Natur“, berichtet Ruhewald-Betreiber Julius Löbbecke. „Der ist es also auch am Ewigkeitssonntag überlassen.“

Denn egal welcher Religion oder Konfession eine Verstorbene oder ein Verstorbener angehörte, im Ruhewald in Ribbesbüttel gibt es keine Dekoration zu bestimmten Feiertagen. „In erster Linie geht es bei uns um den Wald und die Naturnähe, wir moderieren nur die Natur – mit Fingerspitzengefühl“, erklärt Julius Löbbecke. „Die Dekoration ändert sich täglich durch die Natur.“

„Außerhalb von Beisetzungen sind keine Kerzen im Ruhewald erlaubt“, informiert der Betreiber und bittet um Verständnis. Das schreibe die Friedhofsordnung vor. Auch Blumen, Gestecke oder anderer Schmuck dürfe nicht auf die Gräber gelegt werden. Der Grund: „Damit Tiere nichts verschlucken oder verschleppen“, erklärt Julius Löbbecke. Auf Wunsch können Angehörige Blumen am zentral gelegenen Gedenkfindling ablegen.

Eine spezielle Führung durch den Ruhewald Rittergut Ribbesbüttel am Ewigkeitssonntag werde nicht stattfinden, am Mittwoch davor werde es allerdings eine reguläre Führung geben. „Ich finde auch gut, wenn im Ruhewald Ruhe am Ewigkeitssonntag ist“, so Julius Löbbecke. „Sicherlich werden viele Angehörige an diesem Tag den Wald aufsuchen.“

Zumal es durch die anhaltende Corona-Pandemie schwierig sei, sich über spezielle Veranstaltungen Gedanken zu machen, meint der Ruhewald-Betreiber. Doch er könne sich schon vorstellen, in Zukunft am Ewigkeitssonntag ein Konzert oder eine Andacht im Ruhewald abzuhalten.

Auf dem katholischen Friedhof am Gifhorner Weinberg wurde das Totengedenken bereits zelebriert: Die katholische Kirche begeht jedes Jahr am 2. November Allerseelen. Der Feiertag wurde im Jahr 998 vom Mönch Odilo eingeführt. Er war Abt des Klosters in Cluny im heutigen Frankreich und von dort aus verbreitete sich Allerseelen in der gesamten katholischen Kirche.

„Die Bande der Liebe werden mit
dem Tod nicht durchschnitten“, wusste schon Thomas Mann.

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„Am Sonntag nach Allerheiligen gab es eine Gräbersegnung mit Weihwasser“, berichtet Ingrid Tietge, als Pfarrsekretärin ebenfalls zuständig für die Friedhofsverwaltung. „Wir haben so der Verstorbenen des vergangenen Jahres – wegen Corona sogar der vergangenen zwei Jahre – gedacht.“ Zunächst gab es eine Andacht in der Friedhofskapelle am Weinberg. Dann warteten die Angehörigen am Grab der Verstorbenen auf den Pfarrer oder Beerdigungsleiter, der die Gräber segnet. „Als Grabschmuck ist möglich, was Angehörige sich wünschen“, fährt Ingrid Tietge fort. „Mit Kerzen wird ein Licht für die Verstorbenen angezündet.“

Und: „Seit diesem Jahr haben wir eine neue Friedhofs- beziehungsweise Totenglocke“, ergänzt die Pfarrsekretärin. „Sie hing früher in Meinersen in der 2015 abgerissenen St. Maria-Goretti-Kirche.“ Im gleichen Stil gibt es auch ein neues dreieinhalb Meter großes Kreuz in der Kapelle auf dem katholischen Friedhof am Weinberg. „Zwischen Andacht und Gräbersegnung wurden beide Dinge gesegnet, um ihren Dienst zu versehen“, so Ingrid Tietge.

„Damals, als die Kirche Sankt Maria Goretti gebaut wurde, haben viele Menschen gespendet“, erklärt die Pfarrsekretärin. Dass ihre Kirchenglocke nicht in Vergessenheit gerate, habe also auch etwas mit Wertschätzung zu tun.

Diese Wertschätzung passt perfekt zur Hoffnung, zur Auferstehung und zum Leben nach dem Tod, die an Allerseelen – und eben auch am Ewigkeitssonntag – gefeiert werden.


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