Glauben & Zweifeln

Sei gut, Mensch - Ein Plädoyer für den Zusammenhalt der Zivilgesellschaft

Martin Wrasmann Veröffentlicht am 19.07.2020
Sei gut, Mensch - Ein Plädoyer für den Zusammenhalt der Zivilgesellschaft

Martin Wrasmann will ein Amt für Demut, eine Aktie für Dankbarkeit und ein Angebot für Denkwerkstätten.

Foto: Çağla Canıdar

„Gifhorn hält zusammen“: Diese Aktion zieht sich wie ein roter Faden durch die vergangenen KURT-Ausgaben. Welch starkes Zeichen wird damit gesetzt für den Zusammenhalt unserer örtlichen Gesellschaft. Es wirft aber auch die Frage auf, was ist nötig, damit eine Gesellschaft in Höhen und Tiefen zusammenhält. Worthülsen, Predigten oder politische Sonntagsreden sind da zu wenig.

Wir kennen die Höhepunkte, Sternstunden mit dem Gefühl tiefer Freude und großen Glücks – aber oft nur für kurze Zeit. Dann geht es wieder hinab in die Niederungen des Lebens. Die Welt bleibt bedrohlich und unbarmherzig, lässt Schwache bei Katastrophen zugrunde gehen, duldet, dass Wehrlose niedergeschlagen oder umgebracht werden, kann den Rassismus nicht eingrenzen und selbst oft unsere Kinder nicht schützen. Wie geht es weiter, wenn es ins Tal, in den Alltag hinein geht, der viele von uns gerade auch jetzt vor große Herausforderungen stellt.

Das Caritas-Motto für das Jahr 2020 lautet: „Sei gut, Mensch.“ Wie steht es mit dem christlichen Engagement, wie steht es mit der Nächstenliebe der Kirche? Kann sie die Welt besser und gerechter machen? Nein, sie kann es offenbar nicht. Ist all unsere Hilfe nur ein Tropfen auf den heißen Stein, der verdunstet? Was ist die Alternative: die Augen verschließen vor allem, was unserer Hoffnung anscheinend entgegensteht? Der Apostel Paulus schreibt von einer Hoffnung wider aller Hoffnung, die aufstrahlt in so vielen guten Geschichten von gelungenen Beispielen aus nächster Liebe.

„Sei gut, Mensch“, so ruft uns die Caritas auf. Für den Zusammenhalt in der Gesellschaft braucht es dringend Gutmenschen, die Verantwortung für die Nächsten und die Gemeinschaft übernehmen und sich entschieden gegen die Herabsetzung und Diffamierung guten Handelns wehren. Verantwortung übernehmen heißt beispielsweise, alles daran zu setzen, dass jemand nicht von der Tafel abhängig wird, sondern selbst in die Lage versetzt wird, für sich zu sorgen.

Viele Menschen sind bereit, anderen Gutes zu tun. Sie übernehmen Verantwortung für den Nächsten und die Gemeinschaft, setzen sich für sie ein und helfen, wo Unterstützung benötigt wird. Sie sind Gutmenschen im besten Sinne des Wortes. Statt Dank und Anerkennung erfahren viele von ihnen jedoch Häme, Einschüchterungen oder gar Drohungen. Der Deutsche Caritasverband stellt klar: Wer sich für die Gesellschaft einsetzt und anderen Gutes tut, darf nicht verunglimpft werden. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist auf das solidarische Handeln aller angewiesen. Die Bereitschaft, Gutes zu tun, braucht Ermutigung und verdient Anerkennung.

Mit der Aufforderung „Sei gut, Mensch!“ lädt die Caritas ein, aktiv zu werden. Das heißt, Menschen beizustehen, die Unterstützung brauchen – sei es durch konkretes Tun oder auch auf politischer Ebene. Und es heißt, sich entschieden gegen die Herabsetzung und Diffamierung guten Handelns zu wehren. Was sie verbindet, ist ihre dem Mitmenschen zugewandte Haltung. Sie machen deutlich: Jede und jeder kann etwas tun. Und jede und jeder muss auch etwas tun – ganz gleich, wie groß oder klein der Beitrag sein mag. Denn wir stehen alle in der Verantwortung, das soziale Miteinander in unserer Gesellschaft und weltweit zu bewahren und zu fördern. Da ist jemand,...

• der für Vielfalt trommelt und damit all denen ein Gesicht gibt, die sich in der Gesellschaft freiwillig engagieren und Begegnung ermöglichen.
• der Zusammenhalt sichert, indem er Verantwortung für ein gutes Miteinander übernimmt und anderen auf Augenhöhe begegnet.
• der Menschlichkeit pflegt und so all diejenigen repräsentiert, die sich beruflich für das Gemeinwohl einsetzen.
• der für Zusammenhalt auf die Straße geht und mit seinem politischen Engagement für all diejenigen steht, die die Rahmenbedingungen der Gesellschaft mitgestalten.
• der grenzenlos hilft und so all diejenigen vertritt, die weltweit Solidarität stärken.

Gutmenschen zeigen Haltung. Gutmenschen sind alle, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung für den Zusammenhalt in der Gesellschaft übernehmen und sich für das Gemeinwohl einsetzen. Für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft braucht es deshalb: ein Amt für Demut, Angst-freie Demokratie, Aktion für Diversität, eine Aktie für Dankbarkeit und ein Angebot für Denkwerkstätten.

Martin Wrasmann, Pastoralreferent der katholischen St. Altfrid-Gemeinde in Gifhorn, schreibt die monatliche KURT-Kolumne „Glauben & Zweifeln“. Beipflichtungen wie auch Widerworte sind stets willkommen. Leserbriefe bitte an redaktion@kurt-gifhorn.de.


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