Musik

Seducer - Heavy-Metal-Band aus Gifhorns Nordkreis veröffentlicht ihr drittes Album

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 11.05.2020
Seducer - Heavy-Metal-Band aus Gifhorns Nordkreis veröffentlicht ihr drittes Album

Dennis „Gennis“ Henson (von links), Stefan „Toff“ Dierks und Alexander „Alex“ Rossow stehen seit ihren Jugendtagen auf musikalisches Schwermetall.

Foto: Lisa B. Photography

Fast 20 Jahre dabei und erst das dritte Album am Start? Im Falle der Heavy-Metal-Band Seducer aus Schweimke in Gifhorns Nordkreis (und aus Celle) bedeutet das aber nicht, dass die Musiker über längere Zeiträume untätig waren: Zahllose Konzerte, zwei Besetzungswechsel, diverse Akustik-Gigs mit namhaften Vertretern der härteren Musik und neue Kompositionen hielten die fünf neuen und alten Bandmitglieder auf Trab. „The Ruler“ heißt das Album, der Plan war, es beim IX. Mosh in den Mai im Schützenhaus in Knesebeck vorlegen zu können – doch ist dieses Festival wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Der Veröffentlichung des Albums indes steht dies nicht im Wege, berichtet Gitarrist Dennis „Gennis“ Henson.

Der Titel des Albums ist explizit kritisch zu verstehen: Mit „The Ruler“ ist „der Herrscher“ gemeint, „der die Finanzen im Griff hat“, verrät Gennis. Genauer: „Es geht um die Regulierer, darum, wie die Finanzen in der Welt strukturiert sind und wie Großmächte sich die Beute hin und her schieben.“ Die Band hinterfragt all diese Aspekte kritisch und regt darüber hinaus dazu an, „keinem blindlings hinterherzulaufen, sondern sich eine eigene Meinung zu bilden“, betont der Gitarrist.

Ein offenkundig politisches Statement also von einer Band, die sich ohnehin regelmäßig positioniert: Seducer spielten etwa bei Veranstaltungen wie „Bunt gegen Braun“ oder „Rock gegen Gewalt“ und setzten damit Zeichen nicht nur gegen Rechts. Für Gennis liegt die Sache klar: „Wir haben ein Grundgesetz, das soll gelten.“ Zusammengefasst klingt das bei ihm so: „Mensch bleibt Mensch und Arsch bleibt Arsch.“ Dabei wolle die Band an sich „kein politisches Fass aufmachen“, so Gennis. Denn: „Mit Artikel 1 ist alles gesagt.“

Das dritte Album nun erscheint satte zwölf Jahre nach dem zweiten: „Out Of My Way“ kam 2008 heraus, vier Jahre nach dem selbstbetitelten Debüt und sieben Jahre nach Bandgründung. „Wir hatten ein bisschen Personalwechsel“, gibt Gennis den Grund für die lange Lücke an. Ein Jahr nach der Tour zum zweiten Album stieg 2009 mit Dennis „Locke“ Hoffmann der Drummer aus, zwei Jahre später folgte ihm Gitarrist David Evang. Das riss eine Lücke: „Wir hatten drei Jahre Findungsphase und keinen festen Gitarristen“, berichtet Gennis. Den Posten übernahm nun endlich vor fünf Jahren Alexander „Alex“ Rossow. Und Marcello Ebel stieß kurz darauf als neuer Schlagzeuger zu Seducer: „Wir mussten uns erst wieder einspielen.“

Seducer-Gitarrist Gennis bei der Halloween-Party im vergangenen Jahr.

Foto: Lisa B. Photography

Dieser Prozess ist nun längst abgelaufen, die Band hat sich gefunden, jetzt steht das neue Album in den Startlöchern. Die Songs darauf stammen teilweise noch aus der Zeit vor den Neuzugängen, viele Kompositionen der aktuellen Besetzung sind aber auch darunter. Gennis berichtet: „2018 ging es los mit Planungen und Vorproduktion.“ Ganz schön viel Zeit! Er grinst: „Alte Männer können länger, deshalb dauert es ein paar Tage.“

Das Ergebnis gibt ihm Recht: „Für uns ist es das straighteste Album, das wir gemacht haben“, findet Gennis. Das bedeutet: „Einfach Heavy Metal, oldschoolmäßig, auch ein paar ruhigere Stücke, aber die Hütte wird abgerissen!“ Neumodischen Schnickschnack lässt die Band gar nicht zu: „Kein Nu Metal, kein Doom – einfach back to the roots.“ Damit schließt „The Ruler“ direkt ans zweite Album an, ist aber das erste, das Seducer in einem Studio einspielten – im Institut für Wohlklangforschung in Hannover nämlich, wo es Hannes Huke aufnahm und mischte – und nicht wie die beiden Vorgänger im Proberaum. An denen hat Gennis deshalb aber noch lange nichts auszusetzen: „Wir haben das mit DAT aufgenommen und auch am PC gemixt“, sagt er. Doch die Songs komplett im Studio mitzuschneiden, sei nun etwas völlig anderes gewesen: „Wir hatten ein bisschen mehr Zeit und auch das Budget war höher.“ Das Licht der Welt erblicken soll „The Ruler“ – wenn alles gut geht – voraussichtlich am 1. Juni.

Wie so viele Veranstaltungen zurzeit legt das Corona-Virus auch „Mosh in den Mai“ zunächst auf Eis. Dieses Festival veranstaltet Marco Bussenius vom Team Biber-Metal aus Knesebeck. „Da spielen wir fast jedes Jahr“, schwärmt Gennis. „Wir sind gut mit ihm befreundet, das macht immer Laune.“ Außerdem träfen sich dort viele Freunde, „die Hütte ist voll“, sagt Gennis. Für ihn wäre es dieses Mal „echt fett“ geworden, das verspräche ihm das Line-Up: Radiant, bei denen Herbie Langhans mitspielt, „der ist bei Avantasia und war bei Seventh Avenue“, dazu Dynamite Roadkill, die hätten „eine Reunion in Originalbesetzung“ gespielt, außerdem D.cades sowie Last Instance aus Hankensbüttel, bei der der Sohn des Seducer-Sängers Timme am Schlagzeug sitzt. Kleine Welt!

Gennis (von links), Timme, Toff und Alex sind auf der Bühne in ihrem Element – Drummer Marcello im Hintergrund ist ebenso mit Herz dabei.

Foto: TKH-Photography

Der Sänger von Last Instance, Thorsten „Timme“ Dierks, war auch schon bei Tempest am Start, einer der beiden Bands, aus denen Seducer 2001 hervorgingen. Legendär sind die Heavy-Metal-Feten in Schweimke, bei denen Tempest schon in den 80ern ihren Heimvorteil ausspielten. Einmal ergab es sich, dass Tempest selbst nicht spielten, und genau da sagte auch eine der Vorbands der Fete ab. Gennis sprang mit seiner damaligen Band MAD spontan ein. „Nach dem Konzert haben Gitarrist Dave und mich drei Leute angequatscht, sie suchten einen Gitarristen“, erzählt Gennis. Es waren unter anderem Timme und Stefan „Toff“ Dierks von Tempest. Mit diesen beiden sowie Dave aus der Band MAD gründete Gennis nun Seducer – und nicht die Fortsetzung von Tempest, wie es zunächst vorgesehen war, „sondern etwas Eigenständiges und Neues“. So kommt es also, dass Gennis als heute vierzigjähriges Küken mit Mittfünfzigern Musik macht.

Mit MAD hatte Gennis davor auch diverse Auftritte in Gifhorn: „Wir haben im Music Hood gespielt, im H1, in der Sandmühle“, erinnert er sich. Auf Radio 21 lief damals sogar ihre erste Single „Unholy“: „Da war der Sender gerade neu.“ Zwar kommt Gennis aus Celle, genau wie Alex, wuchs aber in Steinhorst auf und leistete in Hankensbüttel seinen Zivildienst.

Marcello wohnt in Isenbüttel, Timme und Toff nach wie vor in Schweimke. Für das gemeinsame Proben nimmt Gennis von Celle aus „einen schönen Ritt“ auf sich: „Einmal die Woche 100 Kilometer“, aber die teilen sich Alex und er abwechselnd. Von den früheren Heavy-Metal-Feten in Schweimke wiederum „hab ich ein paar erlebt“, erzählt Gennis, und Tempest erstmals live gesehen hat er 1993 oder 1994 in Hankensbüttel.

Das brachte Gennis als Teil von Seducer unter anderem in die berauschende Situation, mit Jon Oliva‘s Pain 2009 auf „Welttournee“ zu gehen, wie er berichtet – und gleich augenzwinkernd relativiert: „Wir haben ein paar Shows mit denen gemacht, in Deutschland und Österreich.“ Diese Shows bestritten Seducer akustisch: „Das war eine tolle Erfahrung, etwas anderes“, schwärmt Gennis. Und betont: „Wir haben die Songs nicht einfach runtergedudelt, sondern uns Gedanken gemacht und sie umstrukturiert.“ Für eine Veröffentlichung festgehalten wurden die Gigs jedoch nicht: „Wir haben zwar ein paar alte Aufnahmen, aber damals war die Videotechnik noch nicht so toll wie heute.“

Sänger Thorsten Dierks, genannt „Timme“, wuchst in Schweimke auf und war früher Mitglied der Mofa-Rocker-Gang „Baracuda“.

Foto: Bernd H.

Anders verhält es sich mit dem Gig von Seducer im Jahr 2018 – als Support der US-Metalband Dragonforce in Köln bei der Gamescom: Der Auftritt wurde gestreamt und gespeichert. Für diese Veranstaltung spielten Seducer im Rahmen eines Wettbewerbs den Introsong des Spiels „World Of Tanks“ nach: „Wir haben das eingereicht – und gewonnen!“ So kam es zu dem gefilmten Auftritt, den Seducer jedoch lediglich zu viert bestreiten mussten: Der Drummer war nicht dabei, „aber wir haben den Vorteil, dass Timme auch Schlagzeug spielen kann“. Und dabei singen. Ein nachhaltig erinnerungswürdiger Auftritt für die Band, und auch die Party danach unter anderem mit Sabaton-Bassist Pär Sundström „war ziemlich cool“.

Was Seducer nicht alles an Gigs mit Stars absolvierten! Gennis strahlt: „Für die schwedische Metal-Band Dionysus haben wir bei einem Konzert in Gifhorn die Vorgruppe gemacht und wir haben Bonfire auf einem Gig supportet, wir waren deren Opener in Uetze.“ Auch den Abend mit Hoax, den UK Subs und TV Smith vor fünf Jahren in Groß Oesingen hat er in bester Erinnerung. Da kommen einige Helden zusammen in der Bühnenbiografie des Quintetts!

Eine eigene Tour, um das neue Album zu promoten, ist für Seducer indes noch nicht angedacht: „Wir wollen es erst mal fertig bekommen.“ Doch Gennis betont: „Wer Bock auf die Mucke hat, kann uns buchen!“ Einige Festivals könnten anstehen: „Wir gucken, was kommt, und nehmen das mit.“ Mit dem Album „haben wir etwas in der Hand“, freut sich
Gennis, „das ist etwas anderes als eine selbstgebrannte CD“.

Eine Veröffentlichung von „The Ruler“ auf Vinyl ist vorerst nicht vorgesehen: „Eventuell später mal, aber das ist in der Herstellung teuer.“ Das neue und die zwei alten Alben sind über die Webseite der Band bestellbar, das neue soll über Spotify und andere Streamingportale zu hören sein. Ob das demnächst auch für die beiden Vorgänger gilt, ist dabei noch offen. Zu finden ist Secucer auch über Bandcamp, Facebook und YouTube.

Einen Wunschort, an dem Gennis einmal mit Seducer spielen möchte, hat er nicht: „Aber cool wäre es, eine Support-Tournee einer größeren Band zu machen – das wäre geil.“ Seine Favoriten wären Sabaton und Kreator: „Das wäre fett!“

Seducer veröffentlichen ihr drittes Album „The Ruler“ voraussichtlich am 1. Juni.
Infos: www.seducer-online.de


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