Stadtgespräch

Prostitution ist wieder erlaubt – zwar nicht im Bordell, aber zu Hause und im Hotel

Bastian Till Nowak, Marieke Eichner Veröffentlicht am 08.08.2020
Prostitution ist wieder erlaubt – zwar nicht im Bordell, aber zu Hause und im Hotel

Die „körpernahen Dienstleistungen“ sind in Niedersachsen wieder erlaubt – zwar nicht im Bordell, aber zu Hause oder im Hotel.

Foto: Adobe Stock (Symbolfoto)

An den Straßen des Landkreises Gifhorn herrscht nach wie vor tote Hose: Mit den ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurden bundesweit sämtliche Bordelle, Laufhäuser und Prostitutions-Appartements geschlossen – auch die unzähligen Sex-Mobile an den Straßenrändern unserer Region sind verschwunden. Das horizontale Gewerbe findet dennoch wieder statt – vorerst jedoch nur bei den Freiern zu Hause oder in Hotelzimmern.

„Abstand halten und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung überall dort, wo ein Mindestabstand von 1,50 Meter nicht gewährleistet werden kann, ist mit dem Betrieb eines Bordells schwer in Einklang zu bringen“, verweist die stellvertretende Pressesprecherin des Landessozialministeriums Stefanie Geisler auf die bisher „einzig wirksamen Mittel im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus“. Deshalb seien solche Prostitutionsstätten und ähnliche Einrichtungen nach wie vor für den Publikumsverkehr geschlossen – auch die Straßenprostitution ist demnach untersagt. „Es dürfen also keinerlei sexuelle Handlungen gegen Entgelt innerhalb dieser Einrichtungen vorgenommen werden“, betont Stefanie Geisler.

Das gilt selbstverständlich auch für den Landkreis Gifhorn – für die weit über die Grenzen unserer Region hinaus bekannten Sex-Mobile genauso wie für zahlreiche Appartements, die einzig zum Zweck der Prostitution genutzt werden: „Die Schließung der Prostitutionsstätten und Love-Mobile wird kontrolliert“, bestätigt der Erste Kreisrat Thomas Walter. „Diese Aufgabe wird aktuell von der Polizei übernommen.“ Landesweit werden zudem von den Ordnungsbehörden auch einschlägige Vermittlungsseiten im Internet überprüft.

Genau diese Online-Portale waren es, die ihr Portfolio mit Beginn der Corona-Einschränkungen rasch umstellten: Mit „Live-Sex-Chat“, „Live-Sex-Cam“ oder „Ruf mich an“ waren da die einzigen noch verbliebenen Angebote überschrieben – in weit höherer Zahl als jemals zuvor nachgefragt. Inzwischen sind dort aber wieder die Einträge von Sex-Arbeiterinnen in der Mehrzahl, die ihre Dienstleistungen in direktem Kundenkontakt anbieten – nicht selten mit dem Hinweis „ganztags nach Absprache“ und einer hinterlegten Handynummer, wohl immer aber mit dem Vermerk „nur Haus- oder Hotelbesuche“.

Die Sex-Mobile an den Straßen unseres Landkreises sind mit Beginn der Corona-Einschränkungen verschwunden.

Foto: Çağla Canıdar (Archiv)

Ministeriums-Sprecherin Geisler bestätigt: „Im Bereich der körpernahen Dienstleistungen ist in Niedersachsen die Prostitutionsausübung im Rahmen von Kundenbesuchen in Hotels und Wohnungen sowie die entsprechende gewerbliche Vermittlung erlaubt.“ Paragraph 8 der aktuellen niedersächsischen Corona-Verordnung handelt von eben jenen „körpernahen Dienstleistungen“. Definiert sind diese im bundesweit geltenden Prostituiertenschutzgesetz: „Eine sexuelle Dienstleistung ist eine sexuelle Handlung mindestens einer Person an oder vor mindestens einer anderen unmittelbar anwesenden Person gegen Entgelt oder das Zulassen einer sexuellen Handlung an oder vor der eigenen Person gegen Entgelt.“ Die Ministeriums-Sprecherin fasst zusammen: „Hierzu gehört naturgemäß der Geschlechtsverkehr bis hin zur Tantra-Massage.“

Gekaufter Sex in Hotels und Privatwohnungen ist also erlaubt, nicht aber in Bordellen. Das ist jedoch nicht die einzige Einschränkung: „Die Prostitution in den eigenen Räumlichkeiten der Prostituierten fällt weiterhin unter das Verbot des Publikumsverkehrs und Besuchs einer Prostitutionsstätte“, betont Stefanie Geisler. Und: „Jede und jeder, die oder der eine Dienstleistung mit unmittelbarem Körperkontakt zur Kundin oder zum Kunden erbringt, ist zur Datenerhebung und Dokumentation verpflichtet.“ Dazu gehören gemäß niedersächsischer Corona-Verordnung der Familienname, der Vorname, die vollständige Anschrift und eine Telefonnummer der jeweiligen Person – auch Datum und Uhrzeit sind zu dokumentieren. Die Daten sind genauso wie nach einem Besuch im Restaurant „für die Dauer von drei Wochen nach dem Ende des jeweiligen Ereignisses aufzubewahren, damit eine etwaige Infektionskette nachvollzogen werden kann“.

Kontrolliert werden die bekannten und nach wie vor geschlossenen Bordellbetriebe und Sex-Mobile. Für den Landkreis Gifhorn erklärt der Erste Kreisrat Walter: „Da die Prostituierten rechtlich nicht dazu verpflichtet sind, der Behörde den Ausübungsort ihrer Tätigkeit mitzuteilen, bestehen hier keine Kenntnisse darüber, ob sich die Prostitutionsausübung im Gebiet des Landkreises Gifhorn schwerpunktmäßig in Hotels oder in Wohnungen verlagert hat.“ Die Regelungen gelten landesweit, die Angebote im Internet jedoch sind auch für die Region rund um Gifhorn zahlreich.


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