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Merkwürdige Objekte an Gifhorns Nachthimmel - KURTs IT-Experte Ben Weber klärt auf, was es damit auf sich hat

Ben Weber Veröffentlicht am 15.05.2020
Merkwürdige Objekte an Gifhorns Nachthimmel - KURTs IT-Experte Ben Weber klärt auf, was es damit auf sich hat

KURTs Web-Entwickler und IT-Experte Ben Weber (16) aus Gifhorn erklärt, was es mit den Objekten am Himmel auf sich hat.

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Ziemlich unheimlich war das, als plötzlich mehrere leuchtende Punkte aufgereiht wie an einer Perlenkette über den Gifhorner Nachthimmel rauschten. Die Spekulationen der Nutzer auf KURTs Facebook-Präsenz schossen wie Raketen in den Himmel. Waren das vielleicht sogar Ufos, deren Insassen unsere – Corona geschuldet – geschwächte Situation auf der Erde ausnutzen wollten und sich nun zum Angriff vorbereiten? Nein, tatsächlich konnte man in dieser Nacht die Zukunft des Internets live beobachten. KURTs Web-Entwickler und IT-Experte Ben Weber (16) aus Gifhorn erklärt, was es damit auf sich hat.

Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung hat laut der „Broadband Commission“ gar keinen Zugang zum Internet. Und selbst in privilegierten Ländern wie Deutschland lässt die Qualität des Internets und vor allem die Latenz, also die Verzögerung eines Datenaustausches, oftmals zu wünschen übrig. Obwohl es sicher ist, dass sich die Zukunft im Internet abspielen wird und Länder ohne vernünftigen Anschluss noch mehr abgehängt werden. Wie bei so vielen Themen, gibt es Leute, die sich darüber einfach nur aufregen, und Leute wie Elon Musk (48), die das Problem versuchen zu lösen. Der wohl größte Visionär unserer Zeit hat nämlich mit seiner Raumfahrtfirma „SpaceX“ das Projekt„Starlink“ ins Leben gerufen. Dieses Projekt stößt in jüngster Zeit aber auch auf heftige Kritik.

Was ist Starlink?

Starlink ist ein Projekt mit dem Ziel, überall auf der Welt superschnelles Internet mit nahezu keiner Verzögerung bereitzustellen. Um das zu erreichen, soll ein Netz aus kleinen Satelliten die Erde umkreisen, heißt es auf der Internetseite des Projekts. Das Internet soll dann über ein hauseigenes, ziemlich günstiges, mobiles Terminal empfangen werden. Dies sehe, laut Elon Musks Aussagen auf Twitter „wie ein dünnes, flaches, rundes Ufo auf einem Stock“ aus und soll sich voll automatisch ausrichten. So sollen auch arme Regionen mit hochqualitativem Internet versorgt werden, beteuert der Unternehmer auf dem Kurznachrichtendienst: „Starlink wird für alle dünn besiedelten Gebiete mit teuren oder wenig bis gar keinen Anschlüssen großartig sein.“ Ab Mitte 2020 soll der Dienst bereits in Nordamerika verfügbar sein und ab 2021 für den Großteil der Weltbevölkerung.

Wozu ist eine niedrige Latenz überhaupt wichtig?

Eine niedrige Reaktionszeit wird nicht nur im Bereich der Online-Spiele immer wichtiger, sondern auch in sehr kritischen Bereichen kommt es immer mehr auf schnelles und verlässliches Internet an. So entscheiden ein paar Millisekunden mehr oder weniger im Bereich des autonomen Fahrens oder der Medizin möglicherweise über Menschenleben – und im Börsengeschäft über Millionen von Euros.

Warum braucht man dazu Satelliten?

Der Vorteil eines satellitengestützten Internets basiert auf einer ganz simplen physikalischen Eigenschaft. Und zwar der, dass Licht im Vakuum schneller ist als in Glas. Statt nämlich wie üblich eine Internetverbindung über Glasfaser herzustellen, sollen die Starlink-Satelliten mit Lasern im Vakuum untereinander kommunizieren. So sollen Datenaustausche nahezu ohne Verzögerung über den gesamten Globus verteilt möglich sein.

Und wo ist der Haken?

Die Schwierigkeit an der ganzen Sache besteht darin, dass die Satelliten nicht zu hoch über der Erde kreisen können. Würde man nämlich geostationäre Satelliten verwenden, von denen es ja auch schon ein paar gibt, würde es wieder viel zu lange dauern, bis die Signale auf 35.786 Kilometer Höhe kommen. Das würde also wieder in einer hohen Latenz resultieren. Die Starlink-Satelliten sollen daher stattdessen nur auf einer Höhe von 550 Kilometern um die Erde kreisen. Dadurch werden jedoch unfassbar viele von den künstlichen Trabanten benötigt. Bis zu 42.000 sind geplant, davon 12.000 bereits genehmigt.

Die „Falcon Heavy“ ist eine Schwerlast-Trägerrakete des US-amerikanischen Herstellers SpaceX – einem Unternehmen von Elon Musk.

Foto: SpaceX

Pro Raketenstart werden jeweils 60 schlanke Starlinks in den Orbit gebracht. Mit dem bisher letzten Start, der erst am 22. April stattfand, sind nun 420 Stück bereits am Himmel unterwegs, so Elon Musk auf Twitter.

Das Projekt stößt aber nicht nur auf Begeisterung und Freude. Kritik richtet sich vor allem gegen den möglichen Weltraumschrott. Dem setzt das US-Unternehmen jedoch eine Konzipierung entgegen, die nach der Lebenszeit eines Satelliten von bis zu fünf Jahren – selbst ohne Verbindung – einen Wiedereintritt in die Atmosphäre und vollständiges Verglühen ermöglichen soll.

Auf einen weiteren Kritikpunkt machten Astronomen bereits kurz nach dem Start der ersten 60 Satelliten am 24. Mai 2019 aufmerksam – und auch in Deutschland beschweren sich in den vergangen Wochen immer mehr Sternegucker: In den Morgen- und Abendstunden werden die Solarpanels der Satelliten nämlich von der Sonne angestrahlt, wodurch sie ziemlich hell am Himmelsbild leuchten. Diesem Effekt war auch die Erscheinung in der Nacht vom 19. zum 20. April über Gifhorn geschuldet.

Astronomen sehen darin eine Gefahr für die bodengestützte Forschung und Bürger beschweren sich über die zunehmende „Vermüllung“ des Sternbildes. Nachdem Elon Musk erst in diesem Gesichtspunkt eine defensive Haltung eingenommen hatte, sieht er das Problem nun ein und versichert via Twitter, dass das Starlink-Team daran arbeite, die Reflexion so weit wie möglich zu reduzieren: „Die potenzielle Hilfe für Milliarden wirtschaftlich benachteiligter Menschen ist das größere Gut. Davon abgesehen werden wir dafür sorgen, dass Starlink keine materiellen Auswirkungen auf Entdeckungen in der Astronomie hat. Die Wissenschaft liegt uns sehr am Herzen“, schrieb der Milliardär.

Wahrscheinlich wird es wirklich auf eine Abwägung zwischen technologischem Fortschritt und Veränderung der Umwelt hinauslaufen. Diesen Pakt gehen wir letztlich bei vielen Themen ein. Schließlich verändern wir das Landschaftsbild mit Häusern, um gemütlich darin zu wohnen, verschleiern den blauen Himmel mit Kondensstreifen, um schnell von A nach B zu kommen und so weiter...

Da es typisch – und wahrscheinlich auch erfolgsentscheidend – für Elon Musk ist, sein Ding einfach durchzuziehen, werden wir uns wohl auf ein paar mehr „bewegte Sterne“ einstellen müssen. Aber wenigstens können wir dann von überall aus ein Bild davon mit Geschwindigkeiten von 1 Gigabit pro Sekunde direkt auf Instagram teilen.


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