Stolpersteine

Jugendliche verlegen Steine der Erinnerung: Team der Kästorfer Dachstiftung Diakonie lässt fünf Stolpersteine ein

Redaktion Veröffentlicht am 09.05.2023
Jugendliche verlegen Steine der Erinnerung: Team der Kästorfer Dachstiftung Diakonie lässt fünf Stolpersteine ein

Sven Landgrebe (von links), Maurice Wieczorek, Veronika Kin, Fenja Passekel, Lorena Nova Theel verlegten in Kästorf Stolpersteine.

Foto: Torge Bleicher

Sie übernahmen die liegengebliebene Arbeit des Künstlers: Zur Erinnerung und zum Gedenken an fünf Heimkinder, die in der Zeit des Nationalsozialismus zwangssterilisiert wurden, haben Jugendliche und Mitarbeitende der Dachstiftung Diakonie gemeinsam fünf Stolpersteine auf dem Gelände der Diakonie Kästorf verlegt.

Die Stolpersteine, die vor dem ehemaligen Fürsorgeerziehungsheim Rischborn in den Gehweg eingelassen wurden, erinnern an Franz Buda, Wilhelm Fink, Hans Löwenstein, Hermann Neure und Gretus Schütte. Alle fünf galten in der NS-Zeit als vermeintlich erbkrank und wurden gegen ihren Willen sterilisiert. „Nach ihrer Entlassung aus dem Erziehungsheim kämpften die fünf Männer in der Wehrmacht“, berichtet Dr. Steffen Meyer, Unternehmenshistoriker bei der Dachstiftung Diakonie, aus der Forschung. Hermann Neure überlebte den Krieg nicht und starb 1944 in der Nähe
von Riga.

Anlass des Termins war die Stolpersteinverlegung des Künstlers Gunter Demnig am 25. Oktober 2022 in Kästorf, die nicht reibungslos verlief. Wegen zu großer Spaltmaße brach der Künstler seine Arbeit überraschend an der letzten Verlegestelle ab, ließ fünf Stolpersteine und rund 60 verdutzte Teilnehmerinnen und Teilnehmer zurück und fuhr weiter nach Bad Gandersheim. Steffen Meyer machte aus der Überraschung eine Tugend und kündigte an, die zurückgelassenen Steine mit Jugendlichen aus der Jugendhilfeeinrichtung selbst zu verlegen.

Veronika Kin (von links), Fenja Passekel und Katharina Gries bringen vor einem Gebäude der alten Arbeiterkolonie in Kästorf die oxidierten Stolpersteine wieder – gut lesbar – zum Glänzen.

Foto: Steffen Meyer

Zehn Jugendliche – darunter die Auszubildende Fenja Passekel – schwangen nun also im Frühjahr die Kellen, mischten Beton an und ließen die Steine vorsichtig in den Boden ein. „Ihr müsst den überschüssigen Beton schnell von den Messingplatten und Gehsteinen abwischen, bevor er hart wird“, drängte der Pädagoge und Leiter des Förderzentrums, Andreas Hübenthal, fachkundig zur Eile. Zusammen mit Teamleiter Sven Landgrebe, der FJSlerin Veronika Kin und Katharina Gries von der Historischen Kommunikation unterstützte er die Jugendlichen tatkräftig.

Handwerklich begabt: Veronika Kin (links) und Fenja Passekel verlegen den Stolperstein für Wilhelm Fink.

Foto: Torge Bleicher

Die 16-jährige Fenja wurde von ihrer Vorgesetzten extra für die Verlegung freigestellt und war engagiert dabei: „Ich finde es wichtig, dass wir uns mit unserer Geschichte beschäftigen und an Menschen erinnern, denen es in der Einrichtung nicht gutging“, betont die angehende Industriekauffrau.

Nach vollbrachter Tat schwärmten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus, um in Kleingruppen die in den beiden Vorjahren auf dem Gelände eingelassenen neun Stolpersteine und ihre Inschriften gründlich zu putzen.

Zu einem Zerwürfnis mit dem Künstler kam es übrigens nicht, wie Steffen Meyer anmerkt: „Die interne Verlegung erfolgte mit Gunter Demnigs Einverständnis, der im Oktober wieder persönlich nach Kästorf kommen wird, um weitere zehn Stolpersteine zu verlegen.“

Zu diesem Thema ist auch die Broschüre „Stolpersteine in der Diakonie Kästorf“ erschienen, kostenfrei erhältlich im Stadtarchiv, in der Stadtbücherei und bei der Diakonie in Kästorf.
Die Forschung zu Opfern des Nationalsozialismus in und aus Gifhorn geht weiter.
Hinweise sammelt das Kulturbüro:
Tel. 05371-88226
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