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Heilerziehungspflege ist für Niclas Klenner (20) aus Wasbüttel ein Traumberuf - Für die Ausbildung gibt's jetzt sogar eine Vergütung

Marieke Eichner Veröffentlicht am 02.05.2020
Heilerziehungspflege ist für Niclas Klenner (20) aus Wasbüttel ein Traumberuf - Für die Ausbildung gibt's jetzt sogar eine Vergütung

Hier wird viel diskutiert: Die kleinen Klassen an der Fachschule für Heilerziehungspflege kommen den Schülern zugute. Erfahrungen aus den Praxisstellen werden im Plenum aufgearbeitet und mit dem Lernstoff verknüpft.

Foto: Çağla Canıdar

Südöstlich von Braunschweig liegt ein Dorf, das seit 1886 Menschen mit geistigen, seelischen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen ein Zuhause bietet. Mittlerweile leben dort knapp 800 Bürgerinnen und Bürger – und in dem Dorf befindet sich auch eine Fachschule für angehende Heilerziehungspfleger. Der Wasbütteler Niclas Klenner (20) ist einer von ihnen. KURT hat ihn in Neuerkerode besucht.

Bei herrlichem Sonnenschein strahlt Neuerkerode mit seinem kleinen Bach, den alten Fachwerkhäusern und modernen Bauten sowie den parkähnlich angelegten Grünanlagen schönste Dorfidylle aus. „Wir haben hier alles, was ein Dorf früher hatte“, erzählt Fachschulleiterin Annegret Jäkel (56) auf dem Weg zum Schulgebäude. „Seit 45 Jahren sind wir außerdem ein Ausbildungsbetrieb.“ Im Schulgebäude blickt man aus nahezu allen Fenstern auf Gärten und Rasenflächen – mehrere Pfauen sind zu sehen.

Niclas Klenner trifft man montags bis mittwochs in seiner Klasse und donnerstags und freitags in seiner Praxisstelle. Der Wasbütteler ist im dritten Ausbildungsjahr zum Heilerziehungspfleger. „Das ist quasi eine Mischung aus Pädagogik und Medizin“, erklärt der 20-Jährige.

Niclas Klenner mit Schulleiterin Annegret Jäkel vor dem Schulgebäude in Neuerkerode. Die Pfauen waren zu scheu fürs Foto.

Foto: Çağla Canıdar

Dass er diesen Beruf ergreifen will, war Niclas schon lange klar. Bereits in der achten Klasse sagte er, dass er Heilerziehungspfleger werden möchte. „Meine Oma und meine Mutter arbeiteten auf dem heilpädagogischen Bauernhof Der Hof in Isenbüttel“, erläutert er den Hintergrund. „Als Kind hat meine Mutter mich oft im Kinderwagen mit auf den Hof genommen. Die kennen mich da immer noch mit Namen“, freut er sich.

Die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger zeichnet sich durch eine Mischung aus Theorie und Praxis aus. In der Fachschule in Neuerkerode lernen die Schüler die Inhalte, die sie in den jährlich wechselnden Praxisstellen anwenden. Zu der Arbeit in den Praxisstellen kommen vier Wochen Praktikum im Jahr.

Niclas‘ erste Praxisstelle war die Lebenshilfe in Gifhorn. „Ich wollte in der Region bleiben“, erklärt er. Dort hat er Angebote zur basalen Stimulation entwickelt. „Es geht darum, den eigenen Körper zu spüren“, erläutert Niclas. Jeder Auszubildende erarbeitet pro Jahr eine Angebotsfolge aus fünf Einheiten.

In seinem zweiten Jahr arbeitete Niclas in einer Pflegewohngruppe, daher hatte sein Einsatz dort einen hohen medizinisch-pflegerischen Anteil. Heilerziehungspfleger erwerben im ersten Ausbildungsjahr den Medizin- und Spritzenschein und dürfen so Medikamente wie Insulin, Heparin und Morphine verabreichen. In der Pflegewohngruppe hat Niclas Menschen im Alltag begleitet, bei der Körperpflege assistiert und ein Angebot aus dem Bereich der Körperwahrnehmung organisiert.

Im Gewächshaus werden Azubi Niclas Klenner, Mitarbeiterin Johanna Trillhose und das KURT-Team herzlich von den Bürgerinnen und Bürgern begrüßt. Diese arbeiten dort unter Anleitung von Heilerziehungspflegern.

Foto: Çağla Canıdar

Auf die Dynamik in einer Wohngruppe geht er genauer ein: „Alles steht und fällt mit dem Team“, betont Niclas. Deshalb gibt es in der Ausbildung zum Heilerziehungspfleger auch einen Theorieblock zur Teamarbeit. „Wir werden gut vorbereitet“, freut sich der Wasbütteler. „Das ist das Schöne am dualen System.“

Im Gespräch mit Niclas wird klar, dass ihm sein momentaner Einsatz in seiner dritten Praxisstelle besonders am Herzen liegt. Er arbeitet mit Kindern und Jugendlichen in einer Wohngruppe im Braunschweiger Stadtteil Querum. „Es ist das komplette Kontrastprogramm zu meiner zweiten Praxisstelle. Hier ist kein Tag wie der andere“, schmunzelt Niclas. Er unternimmt Ausflüge mit den Kindern und Jugendlichen, etwa in den Harz oder in die Autostadt. Wie in der Altersgruppe üblich, sind Konflikte an der Tagesordnung. Niclas muss oft als Streitschlichter fungieren: „Man kommt an seine Grenzen“, gibt er zu. „Es ist teilweise sehr herausfordernd.“ Und trotzdem ist ihm die Begeisterung anzumerken.

Seine Faszination ist nachvollziehbar, wenn er über seine Klienten, seinen Alltag und seine Angebote spricht: „Jede Gruppe hat ihre eigene Dynamik. Die Arbeit ist nie langweilig. Ganz im Gegenteil, es ist ein sehr abwechslungsreicher Beruf!“

Trotzdem hat der Fachkräftemangel im Bereich der Heilerziehungspflege in den vergangenen Jahren zugenommen und er werde noch drastisch steigen, prognostiziert Schulleiterin Jäkel. „Deshalb übernimmt die Evangelische Stiftung Neuerkerode ihre Auszubildenden nach deren Abschluss“, erklärt sie. „Wir suchen interessierte Menschen, die diesen Beruf ergreifen wollen – und hier in Neuerkerode bekommen sie quasi eine Jobgarantie.“ Um den Beruf bekannter zu machen, bietet die Stiftung nun auch Praktika für Schüler an. Am meisten freut sich Annegret Jäkel aber über die fünf neuen Ausbildungsstellen, geschaffen als Pilotprojekt innerhalb der normalen Klasse, die im August besetzt werden sollen. Die sind nämlich erstmals mit einer knapp 1000 Euro umfassenden Ausbildungsvergütung verbunden. Bewerbungen willkommen!

Die Ausbildung zur Heilerziehungspflege

Dauer: drei Jahre
Woche: drei Tage Fachschule, zwei Tage Praxisstelle
Praktikum: vier Wochen im Jahr
Schulgeld: 95 Euro pro Jahr
Voraussetzungen:
• psychische Stabilität, Selbstreflexion, Verantwortungsbewusstsein und Empathie
• Hauptschulabschluss und zwei Jahre Berufsfachschule beziehungsweise abgeschlossene Berufsausbildung oder Realschulabschluss und ein Jahr Berufsfachschule oder Abitur und mindestens 400 Stunden praktische Erfahrung in der Behindertenhilfe

Evangelische Stiftung Neuerkerode
Fachschule Heilerziehungspflege
Kastanienweg 3, Neuerkerode
Schulleiterin: Annegret Jäkel
E-Mail: annegret.jaekel@neuerkerode.de
Sekretariat: Christine Neurath
Tel. 05305-201763
E-Mail: christine.neurath@neuerkerode.de
www.neuerkerode.de


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