Recht & Unrecht

Gifhornerin kann nicht zur Arbeit und bekommt trotzdem kein Krankengeld - Die Kasse nennt nun alles einen Irrtum

Bastian Till Nowak, Çağla Canıdar Veröffentlicht am 26.05.2020
Gifhornerin kann nicht zur Arbeit und bekommt trotzdem kein Krankengeld - Die Kasse nennt nun alles einen Irrtum

Christiane Oppermann (links) beim persönlichen Beratungsgespräch mit SoVD-Geschäftsstellenleiterin Christine Scholz. Der Termin fand selbstverständlich unter strenger Beachtung der aktuell geltenden Hygieneregeln statt.

Foto: Berko Härtel/SoVD-Kreisverband Gifhorn

Dieser Fall aus Oerrel im Gifhorner Nordkreis schockierte sogar den Sozialverband Deutschland: Eine Krankenkasse stellte ohne persönliche Untersuchung einfach die Krankengeldzahlung an Christiane Oppermann (58) ein – obwohl sie noch lange nicht wieder arbeiten gehen konnte und ein Attest des Chefarztes ihrer Reha-Klinik vorlegte. KURT hat bei der Krankenkasse nachgehakt – mit Erfolg! Die Kasse nannte alles einen Irrtum und zahlt nun wieder Krankengeld.

Im März wurde Christiane Oppermann am Knie operiert, danach ging es in eine Reha-Maßnahme. Die Kur hat ihr ohne Frage geholfen, aber ihre Mobilität konnte in den drei Wochen nicht so weit wiederhergestellt werden, als dass sie wieder arbeiten konnte. Folglich wurde im Abschlussbericht der Reha-Klinik auch ihre weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Mehr noch, der Bericht enthielt einen medizinischen Hinweis des Chefarztes, dass mit einer vollständigen Genesung und einer daraus resultierenden Arbeitsaufnahme in ihrem Beruf als Krankenschwester nicht vor Herbst zu rechnen sei. Darauf wies der Gifhorner Kreisverband des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) in einer Pressemitteilung hin, die auch die KURT-Redaktion erreichte.

„Ich habe immer noch Schwellungen im Knie mit entsprechenden Schmerzen und fortbewegen kann ich mich bisher nur auf Unterarmstützen“, so Christiane Oppermann. „Als Krankenschwester kann ich so keinesfalls arbeiten.“ Das habe laut SoVD auch ihr Hausarzt diagnostiziert und dies mit einer entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestiert.

In das aktuelle ärztliche Attest, dass ein Mediziner nach persönlicher Untersuchung aufgrund seiner ärztlichen Kompetenz ausstellte, habe die Krankenkasse von Christiane Oppermann laut SoVD jedoch kein Vertrauen gehabt. Diese aktivierte demnach nämlich im April den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK), der dann ohne eine qualifizierte persönliche Begutachtung einfach nach Durchsicht der Akten entschied, dass Christiane Oppermann wieder arbeitsfähig sei – und stellte kurzerhand die Krankengeldzahlungen ein.

Neben den gesundheitlichen Sorgen sorgte die Krankenkasse dadurch laut Sozialverband auch noch für existenzielle Probleme. Denn seit Anfang Mai erhielt Christiane Oppermann weder Krankengeld noch andere finanzielle Unterstützung und wandte sich deshalb hilfesuchend an den SoVD in Gifhorn.

„Unsoziales und rüdes Verhalten von Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten bei Leistungsabforderungen habe ich leider schon oft erlebt“, wird Christine Scholz, seit vielen Jahren Beraterin beim Gifhorner Sozialverband, in der Mitteilung zitiert. „Wenn ein Arztbericht vom Chefarzt einer Klinik und ein aktuelles Attest des Hausarztes schon nicht als relevant anerkannt werden, was ich schon mal unglaublich finde, warum hat man Frau Oppermann dann nicht von einem zugelassenen Amtsarzt persönlich untersuchen lassen? Jeder Humanmediziner hätte die Arbeitsunfähigkeit von Frau Oppermann sofort erkannt und bestätigt!“

SoVD-Beraterin Scholz vermutet hinter dieser Vorgehensweise eine „perfide Taktik“ der Krankenkasse mit dem Ziel, „sich der Verpflichtung zur Zahlung von Krankengeld möglichst zu entziehen“. Und weiter: „Anscheinend hofft die Kasse darauf, dass Frau Oppermann aufgrund Unkenntnis der Rechtslage auf einen berechtigten Widerspruch gegen den negativen Bescheid verzichtet. Und somit Geld spart“, so die Juristin und erfahrene Sozialberaterin.

Christiane Oppermann habe sich jedoch nicht täuschen lassen und mit Unterstützung des SoVD Widerspruch gegen den Bescheid ihrer Krankenkasse eingelegt. Und auch KURT hakte bei der Krankenkasse nach – mit Erfolg! „Der geschilderte Sachverhalt ist nicht mehr strittig und es ist zu einer Überarbeitung der Fallentscheidung im Interesse von Frau Oppermann gekommen“, teilte ein Sprecher der Krankenkasse auf KURT-Nachfrage mit.

Berko Härtel, Pressereferent beim SoVD-Kreisverband Gifhorn, bestätigt nun: „In der Tat, das ist so.“ Die Krankenkasse habe sich bei Christiane Oppermann gemeldet und „ihr mitgeteilt, dass es sich um einen Irrtum gehandelt habe und sie weiterhin Krankengeld erhält“. Der Widerspruch des SoVD sei berechtigt und erfolgreich gewesen. „Ich denke zudem, das ist auch das Resultat von Pressenachfragen“, dankt Berko Härtel der KURT-Redaktion – und beschreibt das Vorgehen mancher Krankenkasse so: „Erst mal negativ entscheiden, und wenn dann die Presse aufmerksam wird, schnell umschwenken, um keine negativen Schlagzeilen zu produzieren.“

Christiane Oppermann ist ebenfalls erleichtert, nachdem sie den rettenden Anruf von ihrer Krankenkasse erhielt: „Sie haben sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt. Ich werde das Geld erstattet bekommen – es hat wirklich was gebracht“, berichtet sie im Gespräch mit der KURT-Redaktion. „Es ist schon traurig, dass man erst diesen Weg gehen muss – am Ende bin ich aber froh, dass es gut ausgegangen ist.“


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