KURT vor Ort

Frau Sartorius lässt das Hospiz hinter sich: KURTs Besuch im Hospizcafé bringt eine überraschende Geschichte mit sich

Mia Anna Elisabeth Timmer Veröffentlicht am 23.03.2024
Frau Sartorius lässt das Hospiz hinter sich: KURTs Besuch im Hospizcafé bringt eine überraschende Geschichte mit sich

„Jeder kann sich im Hospizcafé beteiligen“, erklärt Frau Sartorius. „Die Frau Graumann zum Beispiel spielt für uns wirklich schöne Musik.“

Foto: Mia Anna Elisabeth Timmer

„Hey, schön Sie zu sehen“, „Toll, dass Du da bist“, „Endlich sehen wir uns wieder“ – Bekannte, Freunde, Familie strotzen vor Glück. Durchs Foyer des Gifhorner Hospiz hallen all ihre Begrüßungen. Heute findet das Hospizcafé statt: Kaffee, Kuchen, nette Unterhaltungen unter neuen und alten Bekannten – jede und jeder kann kommen. KURT-Volontärin Mia Anna Elisabeth Timmer war dabei und traf Frau Sartorius, die hier ihren Lebensabend verbringen wollte – doch nun wieder aus dem Haus an der Lindenstraße auszieht. Denn mittlerweile wohnt sie schon zu lange dort.

„Ich bin schon so lange hier, dass ich bald gehe“, erklärt Frau Sartorius. Tough, denke ich mir, wie sie von ihrem baldigen Ableben spricht. Doch Frau Sartorius – ihren Vornamen möchte sie nicht preisgeben – meint etwas anderes. „Nach anderthalb Jahren im Hospiz darf ich jetzt wieder nach Hause – leider.“ Die ruhige Freiheit im geschützten Hospiz werde sie in Zukunft vermissen, erzählt sie.

„Drei Wochen haben die Ärzte mir gegeben.“ Diagnose: Krebs. Die Tage und Wochen verstrichen – und Frau Sartorius zog um ins Gifhorner Hospiz. „Nun, die drei Wochen habe ich längst überlebt.“ Anderthalb Jahre sind vergangen, die Krebsdiagnose der Totgesagten ist sogar schon zwei Jahre her. Jetzt – knapp drei Wochen nach unserer Zufallsbegegnung im Hospizcafé – steht ihr Auszug an.

Helle, offene Räume zeichnen das Hospiz in Gifhorn aus. Frau Sartorius gefällt das besonders gut. So sind alle füreinander da.

Foto: Mia Anna Elisabeth Timmer

Sie lebte gerne im Hospiz, ihr gefallen die Angebote sehr – besonders das Hospizcafé. Hier sitzt sie an einem runden, weißen Tisch. Mit Herzlichkeit begrüßt sie jeden, der sich ihr nähert. „Das freut mich unfassbar für das Haus, dass es so voll ist.“ Man sitzt gern an ihrem Tisch.

Ruhig holt Frau Sartorius ihr Portmonnaie aus der Tasche ihres Rollators, nimmt einen Schein, faltet diesen sorgfältig zusammen und presst das Geld in das kleine Spendenhäuschen auf dem Tisch. „Damit die tollen Ehrenamtlichen auch weitermachen können“, nickt sie ihren sechs Sitznachbarn zu. Zustimmend lächeln diese zurück. Denn im Hospizcafé, da zahlen die Gäste sowie Besucherinnen und Besucher nicht – alles läuft mit freiwilligen Spenden.

„Kaffee? Mit oder ohne Koffein?“, stellt sich einer der Ehrenamtlichen fragend an den Tisch. „Sonst könnte ich auch Tee anbieten.“ Der Herr weist auf eine hölzerne Schatulle, hinter dessen Glas viele bunte Farben auf verschiedene Teesorten hindeuten. Passend zu ihrer Sahnetorte wählt Frau Sartorius Kaffee. „Es ist Wahnsinn, wie gut der Kuchen ist“, rezensiert sie. Die zahlreichen Gebäcke werden von den ehrenamtlichen Damen und Herren für das Hospizcafé zubereitet. „Bitte mehr futtern“, ruft einer von ihnen durch den Raum. Das Café ist zwar gut besucht, doch heute wird noch einiges an Kuchen und Torte übrigbleiben – „die Ehrenamtlichen haben sich wieder mächtig ins Zeug gelegt“, dankt Frau Sartorius.

Frau Graumann unterhält die Bewohnerinnen und Bewohner des Gifhorner Hospiz am Piano.

Foto: Mia Anna Elisabeth Timmer

„Und wie lebt es sich hier?“, fragt ein Besucher. Frau Sartorius entgegnet: „Ich erlebe hier lauter Leute, die leben und lachen – warum sollten wir das auch nicht dürfen?“

Aus der Ferne freut sich Katrin Böhme, Pflegedienstleiterin des Hospizhauses, sehr über das Gespräch. „Genau das wollen wir. Wir wollen die Berührungsängste aus der Welt schaffen“, erzählt sie später. „Klar haben wir viel Traurigkeit, aber wir lachen auch miteinander – wir sind jederzeit füreinander da.“

„Sterben gehört zum Leben dazu. Das Hospizhaus verkörpert das gut, denn es ist mitten in der Stadt. Wir sind frei und mittendrin im Leben„, erklärt Katrin Böhme, Pflegedienstleiterin des Hospizhauses in Gifhorn <p class=“rights">Foto: Mia Anna Elisabeth Timmer

Sie liebt ihren Job, zu begleiten, zu helfen. Während sie erklärt, was sie so sehr daran schätzt, wird Katrin Böhme von einem der Bewohner unterbrochen: „Vielen Dank, Frau Böhme, dass sie für uns da sind.“ Die Pflegedienstleiterin lacht herzlich: „Vielen Dank für Ihre Wertschätzung.“ Berührt wendet sie sich wieder dem Interview zu: „Genau das ist es, was mir so gefällt. Wenn ich zu Hause bin, weiß ich, was ich getan habe. Wir schenken den Leuten Lebensqualität.“

Zu diesem Zweck wurden auch die Räumlichkeiten gestaltet. „Alles ist sehr offen – das gefällt mir sehr gut. So sind wir immer ansprechbar“, schildert die Pflegedienstleiterin. Und wer im Hospiz lebt, der kann sich so einrichten, wie er möchte. „Die Zimmer sind neutral gehalten – so kann es jeder anpassen und leben, wie er es selbst mag.“

Elke Chavier (von links), Daniela Engel, Peter Ziembke, Renate Lindau und Dietlind Gehrke engagieren sich ehrenamtlich für das Hospizcafé.

Foto: Mia Anna Elisabeth Timmer

„Manche machen aus dem Gang ins Hospiz einen Riesenumzug“, weiß Frau Sartorius. „Ich habe damals nicht viel mitgenommen. Jetzt muss hier auch nicht mehr so viel raus.“ Ihr Stück Sahnetorte hat sie beendet, den Kaffee ausgetrunken und das Service zusammengestellt. Zielstrebig begibt sie sich vom Tisch an den Rollator. Sie bedankt sich bei jedem Ehrenamtlichen. Und während sie den Raum verlässt, sagt sie: „Ich will im Guten gehen.“

Hospizhaus Gifhorn
Lindenstraße 33, Gifhorn
hospizhausgifhorn.de


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