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Eine Zeitreise im rätselhaften Kaninchenbau: Das Weghaus Meinholz an der südlichen Grenze des Landkreises Gifhorn darf man wirklich besuchen

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 23.04.2023
Eine Zeitreise im rätselhaften Kaninchenbau: Das Weghaus Meinholz an der südlichen Grenze des Landkreises Gifhorn darf man wirklich besuchen

Für unseren Gastro-Tester Malte Schönfeld hat sich mit dem Besuch im legendären Weghaus Meinholz ein lang gehegter Traum erfüllt.

Foto: KURT Media

Manche Dinge erklären sich in wenigen Augenblicken, für andere braucht es ganze Tage – und in seltenen Fällen dauert es 30 Jahre, bis Geheimnisse gelüftet werden. KURTs Gastro-Tester Malte Schönfeld kennt den Landkreis, seine Sportplätze, Dorfgemeinschaftshäuser und stationären Blitzer. Beinahe täglich fährt er an der Bundesstraße 4 entlang. Sie verbindet den Norden mit dem Süden des Landes. Und immer wieder tauchte ihm da das Weghaus Meinholz auf. Doch erst jetzt machten Malte und seine Begleitung sich auf den Weg, um sich wunderlandmäßig in diesen rätselhaften Kaninchenbau am südlichen Ende unseres Landkreises zu stürzen.

Ich bin aufgeregt. Tut, tut. Die linke Hand hält den Hörer am Ohr, mit der rechten kratze ich mir Schorf aus dem Nasenflügel. Eine schlimme Angewohnheit, verdammte Macke. Ob da wirklich jemand rangeht? Tut, tut. Knistern in der Leitung. Wenn nicht, bleibt dieses Geheimnis vermutlich für immer vor mir verschlossen. Dann plötzlich: „Ja. Hallo. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?!“
Wenige Tage später. Runter die B 4, Meine, Fachwerkhöfe, Eichenwurzeln drücken Waschbetonplatten hoch, Autoschlangen an Ampeln. Raus aus dem Dorf.

Dann taucht vor uns dieses Gebäude auf, an dem ich schon hunderte Male vorbeigefahren bin. Fast hätte meine Begleitung, die den Wagen lenkt, die Einfahrt verpasst. Sie geht in die Eisen und wir biegen rechts ab – da ist es! Irgendwie wirkt es wie verlassen, wie ein Relikt, ein Fossil, die wuchernden Büsche versperren von der Straße die Sicht. Doch ja, das ist es: das Weghaus Meinholz.

Wir treten ein. Und alles ist in etwa so, wie ich mir das vorgestellt habe: eine Holztheke mit hohen Schnaps-Regalen, meterhohe beige Gardinen, gebügelte Tischdecken, ein spiegelndes Rheingold-Reklame-Schild – Zeitreise pur. Es wirkt, als wäre Bonn noch unsere Hauptstadt.

Ganz verzückt war Maltes Begleitung von ihren überbackenen Spätzle und dem vielseitigen Gemüse im Weghaus Meinholz.

Foto: KURT Media

Da schlurft Herr Lothar Lüters aus der Küche. „Ah genau, wir hatten telefoniert, hier bitte Platz nehmen“, weist er uns den Weg. Im hinteren Teil des Lokals sitzt noch ein Ehepaar, ansonsten sind wir die einzigen Gäste. Hinter den Gardinen rauschen die LKW vorbei.

Wer ins Weghaus kommen möchte, sollte reservieren. Das wünschen sich zumindest Lothar und Gisela Lüters, die die Gaststätte 1969 übernahmen. Man spürt die Tradition aus jeder Fuge quillen. Hinter meiner Begleitung hängt ein Foto inklusive Erklärtext, es zeigt das Weghaus im Jahre 1931. „Bevor der große Blödmann kam“, nickt Lothar Lüters und reicht uns die Karte. Schnell entscheiden wir uns für überbackenes Gemüse und Sauce à la Hollandaise und Lachsfilet auf einem Gemüsebett, dazu Salzkartoffeln.

Während wir auf unser Essen warten, noch ein Blick auf den Erklärtext: Tatsächlich mussten die passierenden Fuhrwerke um 1820 an diesem Ort ein Wegegeld entrichten, daher der Name. Und noch während ich das Foto anvisiere, steht plötzlich Herr Lüters wieder neben mir: „Wir lagen früher an der Grenze vom Königreich Hannover und dem Herzogtum Braunschweig.“ Sehr diplomatische Lage, entgegne ich.

Eine Zeitreise in die Vergangenheit: KURTs Gastro-Tester Malte Schönfeld nimmt sich seinen Lachs, das Gemüsebett und die Kartoffeln vor.

Foto: KURT Media

Dann kommt unser Essen. Und das ist ganz prächtig. Meine Begleitung kriegt das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht. Uns beiden gefällt die große Auswahl an Gemüse, von Karotten über Brokkoli, Bohnen und roten Zwiebeln bis hin zum Sellerie. Dazu lobpreist meine Begleitung ihre Spätzle – die Kartoffelbeilage ist frei wählbar! –, schaufelt und schaufelt. Und auch meinem Fisch darf ich applaudieren, wenngleich eine Prise zu viel Salz auf den Teller geraten ist, was aber zweifellos zu verzeihen ist.

Was ein wenig schade ist: dass die Karte keine Vorspeisen und Nachspeisen führt. Verträumt stelle ich mir vor, wie wohl hier eine stark-würzige Hühnersuppe geschmeckt haben muss, damals, weit vor dem großen Blödmann, irgendwann im 19. Jahrhundert. Als es eben noch Kinderkönige, Kurfürstentümer und Zollvereine gab. Als die Hufe der Kutschpferde klackerten und der Biedermeier opulente Hüte einforderte. Ich stelle mir vor, wie ich 1875 zur Eröffnung des Weghauses Kaninchen bestelle und dafür meinen Chapeau Claque abnehme. Hach.

Wir begleichen die Rechnung. Inzwischen hat ein weiterer Gast Platz genommen. Er erzählt von Verteidigungsminister Pistorius, Solarenergie und der Letzten Generation – ich verstehe kein Wort, er muss aus der Zukunft stammen.

Weghaus Meinholz
Meinholz 3, Meine
Di. – Mi. & Fr. – So. ab 11.30 Uhr
Tel. 05304-2493
weghaus-meinholz.de


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