Musik

Eine grazile Elfe, die gegen innere Dämonen kämpft: So stark sind Sabrina Harder und ihre Band The Legend of Sabs mit Gifhorner Wurzeln

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 12.05.2024
Eine grazile Elfe, die gegen innere Dämonen kämpft: So stark sind Sabrina Harder und ihre Band The Legend of Sabs mit Gifhorner Wurzeln

Auf der Bühne verwandelt sich Sängerin Sabrina Harder von The Legend of Sabs in eine Elfe – wortwörtlich. Das erkennt man an den spitzen Ohren.

Foto: FG-Eventfotografie

Mut zur Fantasy: Elfenohren sind das, nun, herausstechende Merkmal von Singer-Songwriterin Sabrina Harder. Solche zieht sie nämlich dann auf der Bühne über, sobald sie ihre persönlich gefärbten Songs performt. Davon beeindruckt, fanden sich prompt vier Mitstreiter, die ihre Lieder als Alternative-Metal umsetzen wollten. So entstand ein unschlagbares Team, The Legend of Sabs, das jetzt seine zehnte Single „Ready Or Not“ vorstellt. Was das alles mit den „Zelda“-Videospielen und Depressionen auf sich hat, verraten die Held-Prinzessin und ihre Kämpfer, der Gifhorner Bassist Mark Thorwardt, der Rötgesbütteler Gitarrist Ronny Pfeil, Schlagzeuger Sven Hahn und Gitarrist Igor Ivanov.

„Schon die zehnte Single – das erfüllt mich mit einem Funken Stolz“, stellt Sabrina fest. So viele Songs, dass es längst ein Album sein könnte. Doch davon ist aktuell noch keine Rede. Das war es anfangs noch viel weniger. „Ich bin als Singer-Songwriterin gestartet“, so Sabrina. 2021 mit Coversongs: „Ich hatte die Gelegenheit, mich als Einzelmusikerin zu positionieren, ich war nicht faul und habe schon mal Bühnenerfahrung gesammelt.“ Als sie ihre motivierten Mitmusiker dann kennenlernte, empfand sie die Solo-Zeit als Bestätigung: „Es war richtig, sich zu trauen.“

Die Lieder, die die Band jetzt umsetzt, schrieb Sabrina bereits zuvor, die ersten vier Singles nahm sie sogar komplett allein auf, unterstützt von Mischer Skotty von der Band Forcupine, der auch die neue Single „Ready Or Not“ bearbeitete. „Es ist mit Band schöner, das ist gar nicht zu vergleichen“, findet Sabrina. Sven wirft ein: „Aber allein ist mutiger!“

Sven nickt und kehrt zurück: „Das war der Beginn.“ Sabrina setzte ihre Lieder in kleinen Clubs um, Sven sah sie einmal spielen und singen, war zutiefst beeindruckt und fragte sich, wie die Songs wohl mit Band klingen würden. Also sprach er Sabrina mit seiner Idee an, die er damit glücklich machte: „Ich habe mich gefreut, dass jemand Notiz von mir genommen hat. Es ist schön, wenn jemand auf einen zukommt.“

Sven brachte Ronny ins Spiel. „Ich dachte, der ist auch ein cooler Typ“, und das war er auch: „Ich war voll überrascht“, sagt jener, „ich hatte noch Lust auf ein zweites Projekt und Zeit.“ Auf Mark wurde Sabrina über eine ihr bekannte Gitarristin aufmerksam, damals ebenfalls noch als Gitarrist. Nach einer begleiteten Probe fragte sie ihn, ob er auch an den Bass wechseln könnte, und so geschah es. Als vierter Mitstreiter trat Igor hinzu, verschwand kurz darauf, kehrte später wieder zurück – und blieb. „Das ist das Gute, dass wir alle schon Musiker sind“, wirft Sven ein, „wir bringen alle Know-how rein.“ Dafür ist Sabrina dankbar: „Weil ich vieles immer noch nicht weiß und auf Eure Erfahrungswerte zurückgreifen kann.“

Den Impuls, sich überhaupt jemals auf Bühnen stellen zu wollen, begründet Sabrina damit, ein „sehr emotionaler Mensch“ zu sein. „Anfangs die Musik als Ventil für schlechte Stimmung oder Schmerz zu nutzen, hat gut getan“, erläutert sie. Ihr Anliegen war es, Songs zu singen, die Menschen mitfühlen können: „Das ist schön, wenn man traurig ist.“ Sie selbst ist bewegt, wenn jemand in ihren Liedern Trost findet, sobald sie sich einfach nur hinsetzt und ihre Geschichte erzählt: „Jemand ist berührt, da wird von Herz zu Herz eine Verbindung aufgebaut.“ Daher ist es auch nicht Sabrinas Ziel, berühmt zu werden, sondern Geschichten zu erzählen, „wie ein Barde“. Sie betont: „Ich habe auch viel Scheiße erlebt – was gesungen ist, ist real, authentisch.“

Was nicht ausschließt, dass Sabrinas Texte auch offen oder metaphorisch sein können, etwa in einem Song über Albträume oder Flashbacks nach einer bösen Trennung. Konkreter wird sie in „Run Away“, das sie einem Menschen widmete, die im Gegensatz zu ihr Konflikte vermied und eben davonrannte. Oder in „Falling“, das von Depressionen und Scheitern handelt.

Von solchen dunklen Inhalten singt Sabrina aus ihrer eigenen Perspektive, die sie dadurch offen mit den Hörenden teilt – ganz bewusst. Bisweilen kämpfe sie gegen ihre Antriebslosigkeit, sagt Sabrina, und freut sich, dass ihr die Gewissheit nie ausgeht, dass sie trotzdem niemals ganz verwahrlost: „Es bleibt die Hoffnung, aufzustehen und Kraft zu haben.“ Schwere Kost mithin, die sie vor ihrem Publikum ausbreitet – wie auch vor ihrer Band, die sie in allem unterstützt, wie Ronny unterstreicht: „Wenn Sabrina keine Geschichten mehr hat, fängt jeder von uns an, seine Geschichten zu erzählen.“ Ihren unbekümmerten Umgang mit ihrem Seelenschmerz begründet Sabrina vermeintlich paradox: „Es ist Galgenhumor – so ironisch das klingt, das ist das wahre Leben.“ Was sie besingt, hat sie so erlebt, und dem steht sie so nahe, „dass es lustig ist“.

Damit schlägt Sabrina einen Bogen zu ihrem optischen Alleinstellungsmerkmal: Auf der Bühne trägt sie Elfenohren. „Sie ist die Elfe, wir die Kämpfer“, fasst Sven das Bühnen-Konzept von The Legend of Sabs zusammen. Das lehnt sich locker an die Videospielreihe „The Legend of Zelda“ an, in der ein heldenhafter Elf namens Link die Prinzessin Zelda retten muss. Mit einer essentiellen Abwandlung: „Ich bin beides, Zelda und Link“, betont Sabrina, denn: „Prinzesschen war ich nie, ich war immer auch Kämpfer.“

Und deshalb trägt sie die Ohren des Helden Link auf der Bühne. „Zelda ist mein Lieblingsspiel“, erlärt sie. Sie bringt mit ihrem Outfit zum Ausdruck, „wie vielfältig die inneren Dämonen der Neuzeit sein können“, und schlägt so die Brücke zurück zu ihren ernsten Inhalten. Ihre Bühnenrolle sei ihr Avatar. „Ich ziehe in den Kampf gegen innere Dämonen.“ Außerdem verkleide sie sich gern: „Ich mag Cosplay. Und ich wollte nicht die zehnte Blondine mit Lederjacke oder Netzoutfit sein.“ Ihr Outfit wollte sie persönlicher halten. „Zur Musik und zu dem, was wir erzählen, passt es“, findet Sabrina. Und grinst: „Die meisten denken, wir machen Mittelalter-Musik, bis sie merken, es ist Punk und Metal – das ist ein Plot-Twist.“

Und längst nicht die volle Kategorisierung des Sabs-Sounds. „Wir sind ein bisschen rotzig, ein bisschen punkig“, beginnt Sven, und unterstreicht den Kontrast zu den dramatischen und traurigen Elementen. „Ein schneidiges Gewand, Energien und Emotionen“, bringt er es auf den Punkt. So gestalteten The Legend Of Sabs auch den neuen Song „Ready Or Not“, für den übrigens jeder bei sich zu Hause seinen Part einspielte und als Datei den anderen zuschickte, wie Sabrina erzählt. Mischer Skotty holte das Beste aus den Dateien heraus. „Er kann den Sound so gut wiedergeben, wie ich mir das vorgestellt habe“, schwärmt sie.

So erscheint nun also der zehnte einzelne Song von The Legend Of Sabs. Diese vereinzelte Herangehensweise hat Hintergründe: „Wir haben es Stück für Stück gemacht, wie wir es privat einrichten konnten“, erläutert Sabrina. Daher lieber Singles als Alben: „Nicht einen Brocken herausbringen und dann nichts“, lieber „bei Spotify ab und zu etwas anbieten“, damit das potentielle Publikum herausfinden kann, ob der Besuch eines Konzerts interessant wäre.

Zudem sei eine Albumaufnahme „auch eine Kostengeschichte im Studio“, sagt Sabrina, deshalb auch die Idee mit den separaten Homerecordings. „Lieber ein paar Songs in Playlists einbetten“, bestätigt Mark. „Es ist trotzdem schön, wenn man ein Album hat“, ergänzt Sven und erlaubt damit der Gefolgschaft einen Blick in eine noch unbestimmte Zukunft.

Live-Gigs stehen für The Legend Of Sabs demnächst einige an – auch bei Festivals, für die Sabrina die Band bewarb, darunter in Braunschweig und Wolfsburg –, sehr zu ihrer Freude, und noch mehr freut sie sich, dass ein Kellerclub aus Clausthal-Zellerfeld von sich aus auf die Band zukam: „Das war einer der wenigen Gigs, wo man mich angeschrieben hat“, sagt sie. „Das ist ein kleiner Hoffnungsschimmer: Man wird wahr-genommen.“ Sie strahlt: „Ich bin super stolz auf das, was wir in so kurzer Zeit erreicht haben.“

Aktuell hat das Quintett bedauerlicherweise noch keinen Gig wieder in Gifhorn, wo es den ersten Auftritt des jungen Jahres absolvierte. „Das war in der Grille“, erzählt Sabrina, und die ganze Band schwärmt noch davon. Immerhin ist mit Mark ein gebürtiger Gifhorner und mit Ronny ein wohnhafter Rötgesbütteler in der von Braunschweig aus arbeitenden Band aktiv – mehr Gigs in der Heimat der beiden wünschen sich alle fünf.

Jeder der vier Helden hat übrigens noch musikalische Nebenbeschäftigungen: Ronny und Sven sind bei Red Running River, Ronny seit 2015 und jetzt eben noch bei The Legend of Sabs: „Für meine Ansprüche reicht das auch“, sagt er augenzwinkernd. Bei Red Running River übernimmt Schlagzeuger Sven den Gesang, ebenso bei der Black-Metal-Formation Schädelsang. Damit geht er in drei Bands seinen zwei Leidenschaften nach: „Bei The Legend of Sabs spiele ich genau die Art Schlagzeug, wie ich sie spielen will.“

Marks zweites Standbein hört auf den Namen Die Teppichmaden, die musikalisch zwischen „Hardrock, Metal und Grunge“ angesiedelt sind und „die Texte ein bisschen in die Punkrichtung, frecher“. Auf zwei weitere Standbeine verweist Igor: „Ich spiele Gitarre bei Kurzmal und mit den Indigos Electro-Punk.“

Trotzdem finden die vier Musiker Zeit für ihr neues Amt. Für Held-Prinzessin Sabrina ist das Tempo, in dem die Band zusammenarbeitet, perfekt: „Wie wir fahren, fahren wir gut – nicht
mit Druck unterm Kessel, so können wir besser auf die Lebensumstände reagieren.“ Denn: „Es ist ein Hobby, es soll Spaß machen ohne Leistungsdruck – so finden es bisher alle gut.“ Und alle nicken, zücken ihre Schwerter und begleiten die spitzohrige Sabs bei ihrem Kampf gegen innere und andere Dämonen.

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