Ein Frühstück, bei dem sich die Wolken verziehen - Das Café Stullichs in Gifhorns Speicherhof lockt mit einer himmlischen Karte

Schon vor 2500 Jahren sollen die Ägypter drei Mahlzeiten zu sich genommen haben, und als die Sonne gerade über dem Nil aufging, kamen Gebäck, Obst und Mandeln auf den Tisch. Noch heute ist immer wieder vom Frühstück als wichtigste Mahlzeit des Tages die Rede. Aber ist das denn wirklich so? KURTs Gastro-Tester Malte Schönfeld und seine Begleitung zogen sich für diese Ausgabe ihre Morgenmäntel über und begaben sich noch mit Zahnpasta am Kinn auf Antwortsuche. Fündig wurden sie im feinen Café Stullichs, das erst im Herbst vergangenen Jahres in einer Nebengasse des Gifhorner Steinwegs – dem Speicherhof – seine Eröffnung feierte.

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Was die eigene Ernährung angeht, ist man ja meistens immer etwas zu großzügig. Das letzte Stück der Erdbeer-Sahne-Torte? Immer rein. Auch die vierte Brötchenhälfte mit der Nuss-Nougat-Creme bestreichen? Aber hallo. Einen ganzen Eimer der so herrlich pikanten Chicken Wings zum Superbowl reinferkeln? Hell yeah, ist ja nur einmal im Jahr.

Jeder hat da so seine Problemfelder. Die Versuchungen sind unendlich groß, unmöglich bei jeder einzelnen eisern zu bleiben. Und so kämpfe ich mit mir jeden Morgen um das gesunde Frühstück, das mich sicher durch den Tag bringt. Denn eines ist klar: Ich liebe frische Brötchen, ich liebe diese niederländischen Schokostreusel auf einer großzügigen Schicht Butter. So sieht definitiv kein gesundes Frühstück aus – aber wie sieht es denn überhaupt aus?

Ein kurzer Google-Check lässt mich maximal verwirrt zurück: Die einen erklären, ein gesundes Frühstück wäre maßgeblich für das Gelingen des Tages. Körper und vor allem Geist kämen erst auf Touren, sobald genug Nährstoffe aufgenommen wurden. Es geht da um gesunde Fette, Aminosäuren, Eiweiße und Vitamine. Logisch, der Körper kann eben nicht nur von Zucker leben. Andere Forscher hingegen sagen, dass man auch vollends auf das Frühstück verzichten könne, einer behauptet sogar, frühstücken sei so gefährlich wie rauchen.

Ich bin verwirrt.

Meine Recherche teile ich direkt mit meiner Begleitung, als wir von der Torstraße in den Steinweg gehen und schließlich in den Speicherhof abbiegen. Wir haben einen Tisch im Café Stullichs reserviert, und sie legt mir ihre Hand sanft auf die Schulter und sagt: „Du musst nicht jeden Quatsch glauben, der im Internet steht. Ein gutes Frühstück ist mehr als seine Zutaten.“

Am Ende der sympathisch schiefen Gasse eröffnete Christine Stullich ihr Café, und zuerst fällt einem die schlaue Raumteilung auf, denn es gibt einen Eltern-Kind-Bereich mit Spielecke, was ich sehr modern finde. Modern ist auch die Einrichtung, alles ist natürlich frisch aufgeboostert: das Mobiliar, die Wände, der Tresen. Direkt ins Auge springen die Malereien von Nils Adam, die in Erd- und Obergeschoss ausgestellt sind; sie passen farblich und motivisch ins Café und fordern einen nicht direkt auf, sich seinen inneren Urängsten zu stellen.

Wir bekommen die Karte. Im Café Stullichs kann man aus fünf Frühstücksvariationen wählen, wobei vom kleinen, süßen Frühstück mit Croissant und Honig bis hin zum großen Frühstück für zwei Personen mit Lachs, Tomate-Mozzarella und Sektchen alles möglich ist. Meine Begleitung und ich entscheiden uns für das Stullichs Frühstück, das eine sehr gute Kombination aus der klassischen Brot-Brötchen-Mahlzeit und einer gesunden Müsli-Joghurt-Bowl ist, von der es auf der Karte im Übrigen vier zur Auswahl gibt.

Zügig erreichen uns die Platten: Butter, Marmelade, Sternfrucht, Weintrauben und Gurken versprechen viel. Die Wurst haben wir ohne Probleme gegen eine größere Käseauswahl eintauschen können, was für Vegetarier interessant ist. Dazu trinken wir Green Matcha Latte. Angeregt unterhalten wir uns über dieses und jenes, trinken den gekühlten Orangensaft, schmieren breit die Butter aufs Brot und den äußerst leckeren Camembert, der mit Pfefferschrot verfeinert ist. Ich lausche den Worten meiner Begleitung, wie sie über die Wannseekonferenz im ZDF referiert, und löffle mein gekochtes Ei, dem ich – natürlich – zu viel Salz verpasse.

Wir machen immer wieder kleine Pausen, wechseln die Themen, und ich greife mir die Bowl, die so leicht und himmlisch, ja, fast fluffig erscheint. Besonders hervorzuheben: Der Agavendicksaft hat nicht die penetrante Süße eines Honigs und klingt auch viel cooler.

Wir sitzen sicherlich zweieinhalb Stunden im Café, links und rechts immer wieder neue Gäste, die entweder nur einen Kaffee Crema oder ein umfangreiches Frühstück ordern. Im Stullichs geht die Auswahl sogar so weit, dass man sich Paninis mit pikantem Hähnchen oder Grillgemüse genauso kommen lassen kann wie einen Falafel-Parmesan-Wrap oder Bagel mit Serrano-Schinken. Wer auf Milchshakes steht, wird ebenso fündig wie derjenige, der eine kühle Mate oder einen Eistee sucht.

Während ich mir die letzte Scheibe Brot nehme, verliert sich mein Blick erst im Raum, dann auf der Terrasse. Das Café Stullichs im Winter ist einen Besuch wert, denke ich mir, wie schön darf es aber sein, wenn im Frühling die Sonne durch die Wolkendecke bricht und die Terrasse in ein goldenes Licht taucht.

Wir begleichen unsere Rechnung, auf dem Marktplatz trennen sich unsere Wege und meine Begleitung radelt davon. Ich bleibe zurück und denke mir: das Frühstück, vielleicht wirklich die wichtigste Mahlzeit des Tages.