Stadtgespräch

Der Stadtrat hat entschieden - Auch in Gifhorn sollen künftig Stolpersteine an NS-Opfer erinnern

Bastian Till Nowak Veröffentlicht am 05.10.2020
Der Stadtrat hat entschieden - Auch in Gifhorn sollen künftig Stolpersteine an NS-Opfer erinnern

So sehen die Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig aus. Auch in Gifhorn soll künftig mit solchen Steinen an Opfer der NS-Zeit erinnert werden.

Foto: Pixabay (Symbolfoto)

Einstimmig hat sich der Rat der Stadt Gifhorn am Montagabend dafür ausgesprochen, dass auch in unserer Stadt sogenannte Stolpersteine verlegt werden sollen – mit ihnen soll an ermorderte Jüdinnen und Juden sowie weitere Opfer der NS-Zeit erinnert werden. Dafür gestimmt haben neben den Ratsmitgliedern der Mehrheitsgruppe aus CDU und Grünen also auch die Ratsleute von SPD, ULG/FDP, ÖDP und AfD.

Susanne Kliche (Grüne) erläuterte vorab in der Debatte: „Die erinnerung an Bürger, die nur aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Glaubens ihr Leben lassen mussten, wird so wachgehalten.“ Die Stolpersteinen würden mahnen, „dass so ein großes Verbrechen und Unrecht nie wieder passieren darf.“

Zudem regte Susanne Kliche an, dass auch ein Hinweis auf die frühere Gifhorner Synagoge geschaffen werden sollte – „egal wie groß und mächtig oder so klein wie damals in Gifhorn so eine Synagoge war, sie hat eine große Bedeutung“.

Zudem hat sich der Rat der Stadt Gifhorn am Montagabend dafür ausgesprochen, einen öffentlichen Vortrag mit dem Künstler Demnig in Gifhorn zu veranstalten. Für den Aufenthalt des Künstlers und sein Vortragshonorar sollen Kosten in Höhe von maximal 1500 Euro im Haushalt der Stadt vorgesehen werden.

Ulrich Stenzel (SPD) warf ein, dass seine Fraktion sicher für die Stolpersteine stimmen würde; „aber das Vortragshonorar für Herrn Demnig – immerhin 1500 Euro – ist das wirklich nötig?“ Schließlich gäbe es doch sicher auch in Gifhorn kompetente Leute, die dies erledigen könnten, „beispielsweise ein Vertreters des Bündnisses Bunt statt Braun“.

Bürgermeister Matthias Nerlich merkte an: „Ohne Herrn Demnig würde es das Projekt nicht geben. Es ist eine Frage des Respektes, ihm die Gelegenheit zu geben, dies auch in Gifhorn vorzustellen – die Frage des Honorars lässt sich aber sicher auch später noch beantworten.“ Zumal davon auszugehen sei, so Bürgermeister Nerlich, dass „Herr Demnig das Geld auch nicht für sich behalten würde, sondern es auch wieder ins Projekt steckt“.

Schon seit mehreren Jahren gibt es in Gifhorn lokalhistorische Projekte zur Erforschung des Schicksals von Gifhorner Juden. Eine besondere Rolle spielten dabei laut der Vorlage der Gifhorner Stadtverwaltung zur Ratssitzung die Monografie von Prof. Manfred Grieger „Gifhorner Juden im Nationalsozialismus“ und die Aktionen zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November 2018.

Viele neue Erkenntnisse zu Opfern der NS-Zeit gab es demnach auch im Zuge der Erforschung der Biografien von denjenigen Personen, die während des Nationalsozialismus gelebt haben und nach denen in Gifhorn Straßen benannt worden sind. Im November 2019 wurde die Boxmühle zudem umbenannt in Johann-Trollmann-Halle, um an diesen in Wilsche geborenen Sinto-Boxer zu erinnern.

„Nachhaltiger und sichtbarer“ soll nun die Erinnerung an die Gifhorner Opfer der NS-Zeit werden, in dem sich die Stadt Gifhorn an dem Projekt „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig beteiligt.

Bei diesem Projekt werden kleine quadratische Messingtafeln von Hand hergestellt, die die Lebens- und Schicksalsdaten von Opfern der NS-Zeit tragen. Sie werden in den Fußweg vor ihrem letzten frei gewählten Wohnsitz eingelassen. Jede Steinverlegung soll von einer Gedenkstunde umrahmt werden.

Alle Stolpersteine werden über Patenschaften privat finanziert. Das gehört laut der Gifhorner Stadtverwaltung zu den Regeln der Stiftung des Künstlers Demnig. Ein Stolperstein schlägt demnach für den jeweiligen privaten Finanzier mit 120 Euro zu Buche.

Zwar werden die Kosten für die Stolpersteine von privaten Paten getragen, dennoch war ein grundsätzlicher Beschluss des Stadtrates zur Teilnahme an dem Projekt „Stolpersteine“ nötig – eben die Genehmigung zur Verlegung der Stolpersteine im öffentlichen Raum.

Für welche früheren Gifhornerinnen und Gifhorner die neuen Stolpersteine verlegt werden sollen, ist noch nicht geklärt. Dazu soll der Fachbereich Kultur der Gifhorner Stadtverwaltung eine Arbeitsgruppe bilden.

Mögliche Personen, zu deren Gedenken Stolpersteine in Gifhorn verlegt werden könnten, wären etwa Bertha Gils, Bertha Müller, Frieda Samuel, Marie Sievers, Max Habermann und Willy Redlich sowie Johann „Rukeli“ Trollmann.

Stolpersteine sind nicht nur Erinnerungssteine, sondern auch Mahnmale im öffentlichen Raum, heißt es in der Erklärung der Gifhorner Stadtverwaltung. In Deutschland und Europa sind demnach bisher mehr als 75.000 Stolpersteine verlegt worden.


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