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Wer meistert die Tricks am besten? KURT-Praktikantin Lara Emily Strauss und ihr Nachbar Finn testen ihre Hunde
Lara Emiliy Strauss Veröffentlicht am 02.11.2024Egal ob flauschiges Fell, kunterbunte Federn oder schuppige Haut – Haustiere bereichern das Leben vieler Menschen in und um Gifhorn. Doch was genau fasziniert sie an ihren Gefährten? KURT-Praktikantin Lara Emily Strauss (16) hat sich umgehört. Außerdem: Wie sinnvoll ist Tiertraining? Und wie fängt man am besten damit an? Gemeinsam mit Nachbar Finn Lukas Peto (16) findet Emily es heraus. Die kritische Jury: Hütehund-Mischling Max und Bolonka Zwetna Yoshi. An zwei Nachmittagen testet das Quartett Beschäftigungsideen. Die Tricks wirken einfach und laden zum Ausprobieren ein.
Futter, Pappbecher, Zeitung – Max schaut mich skeptisch an, während ich diese Dinge verteile. Sein Blick ist voller Fragezeichen: Was sie wohl vorhat? Da kommen auch schon Finn und sein Bolonka Zwetna Yoshi in unseren Garten. Wir treffen einige Vorbereitungen und ich erkläre meinem besten Freund den Plan. Er reagiert mit einem spöttischen Lachen. Warum? Finn glaubt nicht, dass sein Yoshi sich auf die Übungen einlassen wird. Das werden wir ja noch sehen…
Die erste Übung steht an: über eine Hürde springen. Befestigt man einen Besenstil waagerecht, so dass er einige Zentimeter über dem Boden schwebt, hat man sich diese einfach selbst gebaut. Wir greifen jedoch auf eine gekaufte Hürde zurück. Ich lege die Stange flach auf den Boden – wir wollen die Hunde nicht direkt überfordern. Finn kramt ein Leckerli aus seiner Jackentasche. Futter? Yoshi ist sofort aufmerksam. Finn hält die Belohnung übers Hindernis. Dann geht er ein paar Schritte rückwärts. „Super!“ Schnurstracks überquert der Rüde die Stange – und das ohne es zu merken. „Dann versuch Stufe 2“, rufe ich meinem Freund zu. Die Hürde schwebt nun circa 5 Zentimeter über dem Rasen. Ob Yoshi auch diese Herausforderung meistert? Sogar mit Bravour. Finn ist außer sich vor Freude. Das hat er wohl nicht erwartet. Auch der Bolonka ist nach diesem Erfolg nicht mehr zu bändigen. „Der geht ja richtig ab“, lacht mein Kumpel. Ob Familie Peto dieses aufgedrehte Verhalten erahnte, als sie den Rüden vor sieben Jahren vom Züchter holte? Eins steht fest – Finn war vom Einzug des Hundes überrascht: „Ich weiß gar nicht genau, wie meine Eltern auf die Idee gekommen sind. Ich wusste lange nichts davon.“
Tatsächlich ist es schwer, den wildgewordenen Wattebausch einzufangen. Immer wieder springt er dazwischen, als ich später versuche, auch Max über die Hürde zu locken. Mein Hütehund-Mischling lässt sich davon nicht ablenken; seine Fortschritte sind anfangs trotzdem mäßig. Über den im Gras liegenden Gegenstand laufen? Kein Problem. Aber über die eingehängte Stange hüpfen? Der neunjährige Rüde läuft lieber um sie herum. Nach einigen Versuchen gebe ich auf. Es bringt nichts, wenn Max sich nicht mehr konzentrieren kann. Also machen wir eine kurze Pause. Mein Freund Finn überlegt derweil immer noch: „Meine Mutter wollte einen Hund, um mehr rauszugehen und sich zu bewegen.“ Jetzt wundert mich Yoshis Temperament umso weniger.
Die Hunde sind ausgeruht, auf zur nächsten Idee. Yoshi ist direkt Feuer und Flamme – blöd nur, dass Max dieses Mal beginnen soll. Ich platziere drei Pappbecher vor dem früheren Straßenhund. Alle drei habe ich mit einem kleinen Schlitz am Boden versehen, um das Schnüffeln zu erleichtern. Konzentriert beobachtet der Vierbeiner das Futterstück in meiner Hand. Es verschwindet unterm mittleren Becher. Anschließend tausche ich die Positionen des Pappgeschirrs. „Such!“ Die Hundenase zuckt aufgeregt: Verdammt, gerade war es doch noch da, scheint sein Blick mitzuteilen. Doch dann ist er sich sicher – der rechte Becher soll es sein. Feierlich hebe ich die Pappe und die Belohnung kommt zum Vorschein. Nach einigen Versuchen steht fest: Die Trefferquote des Rüden ist nahezu perfekt, doch mich wundert das kein bisschen. Max war schon immer ein Fan von Denk- und Schnüffelspielen. Intelligent und clever: Diese Eigenschaften werden Hütehunden nachgesagt. Vermutlich auch der Grund dafür, dass er schnell ein Schlupfloch findet. Man kann auch raten.
Und Yoshi? Der Bolonka wirkt verwundert, als das Spiel beginnt. Was er wohl mit den Bechern anstellen soll? Finn motiviert ihn zum Suchen; sein Hund stupst jedoch wahllos die Gefäße an. Weitere Versuche – ähnliches Ergebnis. Ich schaue zu den beiden rüber. Der Rüde steht auf dem Schoß seines Besitzers. Ein lustiges Bild. „Ich glaube, Yoshi versteht das nicht“, winkt Finn ab. Doch der Bolonka hat sichtlich Spaß. Die erste Übung ging an ihn, die zweite an meinen flauschigen Begleiter. Es steht 1:1.
Sofort zur nächsten Übung – noch können sich die Fellnasen konzentrieren. Stichwort: Agility. Noch nie gehört? Aber sicher schon einmal gesehen. Hunde, die durch Tunnel hetzen, im Slalom durch Stangen sprinten und Rampen überqueren; all das gehört zum Agility. Auch unsere flauschigen Freunde sollen in den Genuss dieses Hundesports kommen – oder zumindest eine Kostprobe davon erhalten. Yoshi wirft einen Blick in den blauen Stofftunnel. Diesen Moment sollten wir nutzen. In Windeseile fliegt ein Leckerli in die Röhre. Der cremefarbene Begleithund schaut interessiert hinterher. Diese Gattung sei laut dem Buch „Hunde beschäftigen mit Martin Rütter“, aus dem wir uns die Übungen abgeschaut haben, für viele der Ideen geeignet. Für Begleithunde sei die Bindung zum Menschen nämlich das Wichtigste. Aber traut sich das kleine Wollknäuel an Finns Seite auch ins Innere der Stoffwände? Eine Pfote nach der anderen und Yoshi ist drinnen. Mein Kumpel und ich laufen zum anderen Ende und warten… und warten… und warten... „Nein, der ist umgedreht!“ Mist. Aber immerhin ein Anfang, denken wir. Es wirkt fast wie Absicht: Egal, wie nah der Hund dem Ausgang des Tunnels ist, er macht kehrt. Bei unserem zweiten Treffen ein paar Tage später meistert der Bolonka jedoch einen gesamten Durchgang – wenn auch ein wenig holprig.
Für Max ist die Röhre ein alter Bekannter, den er aber nicht wiederzuerkennen scheint.
So muss auch er mit kleinen Schritten herangeführt werden. Ein Leckerchen nach dem anderen fliegt hinein. Die unterschiedlich farbigen Augen folgen. Im Kopf der Fellnase macht‘s klick. Er sprintet los. Zack, schon ist er auf der anderen Seite. Wie wildgeworden dreht er einige Runden über die Grünfläche. Das macht Spaß. „Alter.“ Finn ist überrascht. Ich gebe zu: „Er kennt es noch ein wenig von früher.“ Tunnel: ein Erfolg für beide.
Jedoch nicht die nächste Beschäftigung. Ein Futterstück aus einem gefüllten Wassernapf angeln? Klingt erst mal einfach. Für Hunde jedoch gar nicht so leicht: Wer mag schon Wasser in der Nase? Der mutige Wattebausch Yoshi macht den Anfang. Er schaut dem Futterbrocken beim Sinken zu. Ein faszinierter Blick: Was Dichte alles bewirken kann. Mein Freund hilft nach. Er legt die Belohnung auf seine Hand und taucht sie knapp unter die Oberfläche. Weiterhin vergeblich. Die Leckerei wird herausgenommen und Yoshi darf sie fressen; die Übung soll nicht mit Frust enden.
Max wiederum schaut mich entgeistert an: Ernsthaft? Es folgen Versuche, sein Interesse zu wecken. Negativ. Diese Idee ist auch für den Straßenhund nichts. Finn und ich wollen direkt den nächsten Trick testen. Doch diese Rechnung haben wir ohne unsere tapsigen Begleiter gemacht. Sie brauchen eine Pause. Max nimmt eine seiner extravaganten Posen ein. Auf dem Rücken, den Kopf nach rechts, die Pfoten nach links – ein Zeichen dafür, dass er sich sicher fühlt.
Momente wie diese sind besonders schön. Schließlich hatte er es nicht immer so gut. Die ersten Wochen lebte er als Straßenhund in der Türkei, weit und breit kein Muttertier; so fand eine Tierschutzorganisation den Welpen. Dann entdeckte meine Mutter ihn auf deren Social-Media-Account. Sie war sofort „schockverliebt – absolut schockverliebt“. So schrieben meine Eltern und mein sechsjähriges Ich einige Tage später eine Bewerbung. Nach langem Warten, einer Kontrolle, bei der geprüft wird, ob Hund und Halter auch zueinander passen, und noch mehr Warten kam endlich die Zusage.
Zurück ins Hier und Jetzt, einige Tage später starten wir mit neuer Energie in die nächste Übung. Natürlich sollen die Hunde keine Hula-Hoop-Tricks lernen; einen Reifen brauchen wir dennoch. Das Ziel: durchspringen. Zugegeben hatten Max und ich dies bereits allein geübt. Anfangs ein ähnliches Ergebnis wie bei der Übung mit der Stange: Max läuft um den Gegenstand herum. Nach einigen Versuchen aber ein kleiner Erfolg. Auf zur nächsten Stufe. Ich halte den Ring ein wenig höher. Der Hütehund fixiert die Leckerei in meiner Hand, kommt auf mich zu und bleibt stehen. Okay, dann eben noch einmal. Fixieren, auf mich zukommen und – leider doch wieder – drumherum laufen. Vielleicht könnte es mit etwas mehr Zeit funktionieren. Oder er ist einfach ein wenig sprungfaul.
Ich knie auf dem Boden, den Reifen fest in beiden Händen. Finn steht mit Belohnungen bereit. Ob Yoshi Gefallen an der Übung findet? Seitlich ausweichen oder wie angewurzelt stehen bleiben – seine ersten Versuche erinnern an Max. Es ist warm und der Bolonka verliert das Interesse. Kommen wir so überhaupt weiter? Doch dann ein erfolgreicher Durchgang. Der Kleine gleitet durch den Reifen, als hätte er nie etwas anderes getan – und das nicht nur einmal.
Zum Abschluss noch etwas Simples: Futter aus Zeitung und Papprollen befreien. Max ist sofort dabei. Kaum werfe ich ihm den Zeitungsball vor die Pfoten, sprintet er euphorisch darauf zu. Er klemmt ihn ein. Dann zerrt er mit der Schnauze daran. Zrrrht. Die Leckereien sind befreit – und die Zeitung ist sorgfältig verteilt. So schnell ist die Übung noch nicht vorbei: Der nächste Ball wird zusätzlich in einer Papprolle versenkt. Ob das was bringt? Wohl kaum. Der einstige Straßenhund zerfetzt das Material in Rekordzeit.
Diese Übung zählt wohl zu seinen Favoriten.
Bei Finn und Yoshi läuft‘s ruhiger. Wie einen Schatz überreicht mein Freund seinem tierischen Begleiter die Papprolle. Ebenso behutsam nimmt der sie an: Erst mal begutachten. Dann versteht er die Aufgabe. Ein Stückchen Pappe landet auf dem Rasen. Dann das nächste. Auch Yoshi gelangt an die Köstlichkeiten. Nachteil der Übung: Die Fetzen dürfen wir aufräumen. Unfair, dass die Fellnasen das nicht selbst tun. Endstand: 4:4.
Finn und ich sind mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. „Ich bin wirklich überrascht“, meint er. Auch ich freue mich: „Man hat ihnen voll angesehen, dass es Spaß macht.“ – „Ja, definitiv“, betont Finn. Und die Hunde selbst? Sie liegen im Gras und genießen die Ruhe, Training ist eben anstrengend. Und trotzdem: Mit dem richtigen Umgang stärkt es die Beziehung zwischen Hund und Halter. Zudem lernt man viel über den Charakter seines bellenden Freundes. Für die Fellknäuel endet der Abend mit einer Portion Futter, für uns Zweibeiner mit Musik.