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Songs über Scheißzeiten – und meist stirbt irgendwer: Die Hankensbütteler Heavy-Metal-Band Last Instance hat frisch ihre selbstbetitelte EP rausgebracht

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 05.12.2021
Songs über Scheißzeiten – und meist stirbt irgendwer: Die Hankensbütteler Heavy-Metal-Band Last Instance hat frisch ihre selbstbetitelte EP rausgebracht

Los ging es mit Cover-Songs von Iron Maiden bis Rise Against, inzwischen sind Last Instance auf dem Weg zum Debüt-Album. Nach der Zwangspause wollen die Metaller gern auch auf dem Altstadtfest spielen.

Foto: Charline Jung

Wie ist das so, als Heavy-Metal-Band den Sänger nicht vorn als Blickfang zu haben, sondern hinter dem Schlagzeug? Ein Effekt, der gut ankommt, erfahren Last Instance aus Hankensbüttel. Das ungewöhnliche Quartett präsentiert frisch seine erste EP, selbstbetitelt, die als Appetithappen für das Album dient, das zurzeit in Arbeit ist. Die vier Musiker – Frederik Dierks, Julian Espe, Ingmar Schlender und Finn Hansen von Knobelsdorf – erzählen im KURT-Interview außerdem von Konzerten für Motorradclubs, Keyboards in harter Rockmusik und davon, wie einem der Heavy Metal in die Wiege gelegt wird. Freddy ist nämlich der Sohn von Thorsten „Timme“ Dierks, dem Sänger der Schweimker Metal-Helden Seducer.

Singende Schlagzeuger sind selten, ad hoc denkt man an Phil Collins und Dave Grohl. „Zuletzt habe ich das bei einem Auftritt von Tempest gesehen“, lacht Freddy und meint damit die erste Band seines Vaters. Nur wenige Zuschauer vermissen bei Konzerten von Last Instance den traditionellen Frontmann, die meisten reagieren ausgesprochen positiv. „Es kommen einige, die sagen: Respekt, wie ihr das hinkriegt“, erzählt Freddy. Es sticht eben aus der Masse heraus, und oft fragen ihn die Leute, wie er das überhaupt macht, und denen sagt er: „Keine Ahnung, ich mache das einfach.“
Mit sechs, sieben Jahren setzte sich Freddy bereits hinter ein Schlagzeug und probierte sich daran aus. Für Last Instance das Mikro zu übernehmen, geschah beinahe wie von selbst: „Es war nicht extremst schwer, gleichzeitig zu singen und den Takt zu halten“, auch wenn es bis heute für ihn eine Herausforderung bleibt.

Dabei hatte sich Freddy zunächst noch dagegen gesträubt, den Part des Sängers zu übernehmen: „Bis ich das auch mal gemacht habe und man das für gut befunden hat, seitdem mache ich das.“ Die anderen sträubten sich nämlich noch mehr. „Keiner von uns hatte das Talent“, sagt Julian, „da ist es dabei geblieben.“

Die Rollen der Bühnen-Animateure müssen daher eben Bassist Finn (19) und Gitarrist Ingmar (27) übernehmen, während Keyboarder Julian (28) und Drummer Freddy (24) hinter ihren Instrumenten verharren. Die Überlegung schwebt bei der Band im Raum, bei ausreichend großer Bühne das Drumset ganz vorn aufzubauen und den Sänger so ins Zentrum zu rücken. Bei manchen Live-Gelegenheiten erhöhten sie das Schlagzeug immerhin etwas, damit die Zuschauer den Sänger auch aus der Ferne erkennen konnten.

Die Idee, für die vertrautere Show beispielsweise einen zweiten Gitarristen zu verpflichten, der auch singt, verwarfen die vier schnell wieder. Aus verschiedenen Gründen: „Je mehr Musiker es sind, desto schwieriger ist es, alles unter einen Hut zu bringen“, sagt Ingmar, und Julian fügt hinzu: „Es ist jetzt sehr harmonisch, wir ergänzen uns sehr gut.“ Und grundsätzlich gilt für Freddy: „Ich wüsste nicht, für was ich mich entscheiden würde, Schlagzeug oder Gesang.“ Also bleibt es eben für ihn bei beidem und für alle bei der Quartettbesetzung.

Last Instance aus Hankensbüttel zocken Heavy Metal. Nach dem ersten eigenen Song wuchs das Quartett 2018 auch als Band richtig zusammen. Mittlerweile ist eine selbstbetitelte EP draußen, ein Album soll bald folgen.

Foto: Charline Jung

Zu der fanden sich die vier Anfang 2018 zusammen: Gestartet war die Gruppe noch in leicht anderer Besetzung als Rock Bottom und mit Coversongs von Iron Maiden bis Rise Against. Gegen Ende des Jahres war dann der erste eigene Song entstanden – und den durfte die Band als Support der traditionellen Halloween-Party von Seducer in Schweimke auch gleich live vorstellen. „Wir haben uns gefreut wie ein kleines Kind“, strahlt Freddy. Ein guter Anlass für eine Umbenennung, fanden die vier, und nannten sich fortan Last Instance. Die Dresdener Rockband Letzte Instanz stand dabei keineswegs Pate: „Die kannten wir gar nicht“, gibt Ingmar lachend zu.

Ein wenig später hatten die vier ein Repertoire angesammelt, das längere Auftritte ermöglichte. Gleich der erste blieb eindrucksvoll in Erinnerung: Ein Motorradclub buchte Last Instance. Bekannte, die bereits Erfahrungen damit hatten, vor Rockern zu spielen, bereiteten die Jugendlichen darauf vor, zitiert Freddy: „Gib da nicht so viel drauf, die stehen da und trinken ihr Bier, und nach dem Auftritt kommen sie und sagen: War geil!“

Kein Problem für die Band, die vor Ort feststellte, dass man für sie eigens ein Zelt errichtet hatte, und mit den Berichten bereiteten sich die vier darauf vor, dass dies vermutlich leer bleiben würde. Aber von wegen: „Die kamen alle rein und hatten Spaß da drin, die haben sich gefreut, das war das komplette Gegenteil!“ Eine Riesenfreude für die Band – und eine Erleichterung: Die Anspannung, dieses eigene Material, das zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal vollständig ausgearbeitet war, öffentlich zu spielen, verflog nach und nach.

Nach Auftritten bis hin nach Uelzen waren für 2020 weitere Gigs in Planung. Dann kam Corona. So ärgerlich es auch war, so viele gebuchte Shows ausfallen zu sehen, so nutzten die vier die Chance, an ihrer Musik zu arbeiten. „Wir haben 2021 unsere Songs für das erste Album vollendet“, so Freddy.

Die ersten beiden sind jetzt als EP „Last Instance“ auf Bandcamp veröffentlicht, und nach und nach nehmen sie in ihrem Hankensbütteler Bandkeller die restlichen auf. Einen Produzenten engagieren sie vorerst nicht, aus Kostengründen, sondern erledigen die Aufnahmen „erst mal in Eigenregie“, so Ingmar, um das Album quasi in einer Demo-Variante fertigzustellen – allerdings mit der Option, es nach einiger Zeit professionell überarbeiten zu lassen.

Einen Titel hat das Album noch nicht. Die Texte indes verhandeln „vieles“, sagt Freddy, und benennt eine Ballade, in der er einige persönliche Schicksalsschläge des zurückliegenden Jahres verarbeitet. „Das Leben“, fasst es Freddy zusammen, „es war eine Scheißzeit, auch mit Beziehungsproblemen, die habe ich in den Song gepackt.“ Für alle anderen Songs wiederum gilt, was Julian auf den Punkt bringt: „Sie sind düster, meistens stirbt irgendwer.“

Drummer und Sänger zugleich? Ein seltenes Bild. Freddy Dierks von Last Instance tritt damit in die Fußstapfen von Dave Grohl und Phil Collins.

Foto: Charline Jung

Musikalisch orientieren sich die jungen Leute an alten Helden, Metallica, Iron Maiden, Judas Priest, Black Sabbath, und das hört man den beiden wunderbar komplexen Vorab-Songs auch an. Sobald das Keyboard auch mal nach Orgel klingt, fällt häufig zudem der Vergleich mit Deep Purple, erzählen sie. Und: „Ein bisschen Seducer“, gesteht Freddy lachend, „das hat mich geprägt und ich mag die Mucke auf jeden Fall.“ In ihrem Umfeld spielen die Gleichaltrigen zwar eher Punk, aber die vier hören am liebsten Metal, auch Julian wuchs in Knesebeck in die Szene hinein, „da gibt es mehr junge Leute, die Metal hören“. Und dabei spielt ausgerechnet er mit dem Keyboard das unmetaligste Instrument: „Um das zu integrieren, braucht man Ideen, und ich habe ein bisschen herumprobiert.“

Erfahrungen an Instrumenten sammelten alle vier schon von Kindesbeinen an, Julian und Ingmar als Schüler in Musikschulen, Finn in der Schulband und Freddy zunächst allein daheim und später mit dem Spaßprojekt Brotherhood, in dem Julian Gitarre spielte. Ingmar betrieb ein „Kellerprojekt“, das nie auftrat, und war für ein Jahr Mitglied der Iron-Maiden-Coverband Abratul in Wernigerode, was er aus zwei Gründen aufgab: die Distanz – „und es wurde bei uns ernster“.

Und wenn alles ernsthaft so kommt, wie es kommen soll, wünschen sich Last Instance ihr Album auch als physischen Tonträger. „Wir sind große Fans von Schallplatten“, betont Julian, „da sind wir auf jeden Fall für!“ Auch für die CD, beides zusätzlich zu Bandcamp oder Spotify. Zwar konsumiert jeder der vier Musik für sich auch mal als Stream oder Download, „aber wenn mir etwas gefällt, muss ich es in der Hand halten können“, sagt Freddy.

Ihre erste EP zumindest bieten Last Instance zunächst kostenfrei zum Download an – als Appetithappen für das, was sich da anbahnt. Und die Band hofft, bald wieder Konzerte geben zu können, so Julian: „Vielleicht auch mal auf dem Altstadtfest in Gifhorn?“

Last Instance:
EP „Last Instance“, 2 Songs
12:25 Minuten
www.lastinstance.bandcamp.com
Facebook:
@LastInstance.Hankensbuettel


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