Nicht nur Anti-Pop, der Ketten sprengt: Christian Riebe aus Hannover und Golden Jet begeistern mit Industrial-LP

Christian Riebe aus Hannover erschafft Kunst. Manche werden sich an seine Ausstellung im Künstlerhaus Meinersen 2022 erinnern. Und genauso wagemutig wie seine mehrdeutigen Installationen und Zeichnungen ist auch die Musik, die er zusammen mit Leon Kühne und seinem Sohn Anton Riebe veröffentlicht. Im Mai erschien „intercold“ aus ihrem Projekt Golden Jet, die Zehn-Songs-LP begeistert mit zermürbenden Industrial-Collagen.

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Metallisch, wabernd und unter Hochfrequenzpfeifen beginnt schon das Intro „5“ – scharfe Sounds, die wie Hammerschläge auf einem Amboss klirren, durchschneiden den bedrohlichen Bass. Gezwungenermaßen rutscht einem das finster werdende Herz in die Hose – ein Stahlbad für zartbesaitete Hörerinnen und Hörer.

Üppige Synthies umgeben von Windspielen, brabbelnde Stimmen, die unverständliche Sätze ausquetschen, dunkler Ambient, ehe eine schräge Orgel übernimmt – „intercold“ ist schwarze Romantik, dann brutalste Science-Fiction, immer aber spannungsgeladen. Wer Nine Inch Nails oder die Soundtracks von Genius Trent Reznor kennt, der weiß, wovon gesprochen wird.

Wie um alles in der Welt machen Golden Jet das? Man möchte wirklich gern bei den Aufnahmesessions dabei gewesen sein. „hoi!“ klingt wie eine 80er-Jahre-Spielekonsole, die ein rücksichtsloses Eigenleben entwickelt hat, bei „sunlight baby“ denkt man an eine Fabrik, die mit eisernen Schwingen in den bleischweren Himmel abhebt, und „sunday“, das letzte Stück der LP, erlebt man wie einen Livesex-Mitschnitt zweier Predator – liebevoll, aber auch ein bisschen weird.

Es ist wirklich erstaunlich, denn wenn man Golden Jets „intercold“ zwei, drei Mal erkundet hat, wird man ganz traurig – warum traut sich moderne Musik seltenst einen zerbröselnden Bruchteil dieser Unbekümmertheit zu? Doch die LP ist nicht nur Noise-Anti-Pop. Sie ist kettensprengender Weltenbau, während der dazugehörige Film vor dem inneren Auge abläuft.