Musik
Ich fände es langweilig, mich im Genre festzulegen - El Schacko aus Hagen-Mahnburg produziert alles, worauf er gerade Bock hat
Matthias Bosenick Veröffentlicht am 11.08.2024Was für ein künstlerischer Spagat: Eigentlich ist Lukas Schacke Punk-Schlagzeuger, aber seit einiger Zeit produziert er als El Schacko elektronische Tanzmusik zwischen Drum‘n‘Bass und diversen Electro- und House-Spielarten. Mit „Don‘t Wake Me Up“ fügt der Produzent aus Hagen-Mahnburg im Gifhorner Nordkreis seiner noch frischen Discographie eine neue Single hinzu, entstanden in der Zusammenarbeit mit dem Hamburger Sänger Mykk. Was seine Bandkollegen von Hagen02 zu seinen Solo-Aktivitäten sagen, wie er in die Rolle des Electro-Künstlers rutschte und was es mit dem Festival „Straff im Kaff“ am Samstag, 17. August, in Hagen-Mahnburg auf sich hat, berichtet El Schacko im KURT-Interview.
Alles begann erst im März 2021 mit dem Track „Louder“. „Ich habe mir fürs Studium ein Macbook gekauft und spaßeshalber die günstige Version von dem Programm geholt, mit dem ich arbeite“, erzählt Lukas von seinen Anfängen als El Schacko. „Ich habe angefangen, Musik zusammenzuschrauben und dabei ist ‚Louder‘ herausgekommen.“ Und schon dieses erste Experiment lud er auf Streaming-Plattformen hoch, ließ sich von einem Freund die Grafiken dazu basteln und entschied: „Wenn man schon was macht, muss man auch raushauen.“ Heißt also: Bei einem Song durfte es nicht bleiben, Lukas setzte seine Arbeit fort. 14 Songs sind seitdem erschienen, und blickt er heute auf seinen Einstand zurück, gibt er sich selbstkritisch: „Es ist technisch nicht so gut wie heute“, dennoch freut‘s den Produzenten, dass der Track bei vielen Hörern trotzdem sehr beliebt ist.
Inzwischen veröffentlicht Lukas gelegentlich Singles auf dem Label Smashing Records, „die übernehmen Kosten und Vertrieb“. Der Kontakt zu dem Label kam über gemeinsame Bekannte zustande. Damit hat Lukas Glück, denn heutzutage ist das ein eher unüblicher Weg – man braucht zunächst Videos und Social Media, um seine Tracks zu promoten. „Wenn man Glück hat und das viral geht, kommen die großen Labels dann auf einen zu“, erklärt der Künstler. Anders eben Lukas, der schickte den mit Daniel Niebuhr von der Band Damage Report erstellten Track „Castles“ an DJ Ju-
nar aus Stade, der einerseits Produzent ist und andererseits Mitinhaber von Smashing Records, „der fand das Lied cool“, und er schlug Lukas vor, selbst Hand an den Track zu legen, damit sie ihn gemeinsam herausbringen können. Das Angebot nahm Lukas dankend an, und mit einem für ihn überwältigenden Erfolg: „Innerhalb von drei Wochen hatte ich 50.000 Streams“, freut er sich. Erstmals erreichte er mehr als 30.000 Hörer – mehr als alle anderen seiner Songs zusammen. „Das ist immer noch nicht viel“, weiß Lukas im Vergleich zu den wirklich großen Hits, „aber bei mir haben sich die Zahlen verzehnfacht.“
Den Song „Castles“ ordnet Lukas im Hyper Techno ein, einer Richtung, die vorrangig davon lebt, dass sich der Track „relativ stumpf und durchgängig“ aufbaut und auf den eingängigen Refrain zusteuert, der dann im Vordergrund steht. „Das ist eigentlich recht einfach gemacht“, gesteht er und gibt einen weiteren Blick auf die vielen Genres frei, in denen er als El Schacko zu finden ist: „You‘re Not Alone“ etwa bezeichnet er als Slap House oder Bass House, „Take It Back“ als EDM. An diesem Song ist übrigens Layrz beteiligt, das EDM-Projekt des Wittinger Pop-Sängers Laurenz, der bereits große Aufmerksamkeit mit der Single „Ohne Dich“ erregte, die er mit Anstandslos & Durchgeknallt herausbrachte; mit ihm will Lukas demnächst abermals zusammenarbeiten. Eine reichlich breite Stilvielfalt also, und Lukas nickt: „Ich habe mich nie festgelegt, das ist langweilig, nur eine Richtung zu machen.“ So soll sich auch „Don‘t Wake Me Up“ wieder unterscheiden.
Seine Musik generiert Lukas ausschließlich digital am Computer, nicht mit Instrumenten. „Ich kann zwar ein MIDI-Keyboard anschließen“, erläutert er, „aber damit probiere ich nur herum, bis ich eine Melodie habe – der Rest ist Sounds zusammenbauen am Computer.“ Das bedeutet: „Sound-Design – hören, was zueinander passt, Frequenzen, Melodien.“ Damit beschreitet Lukas als El Schacko Neuland: „Als Schlagzeuger hab ich mit Melodien ja nie zu tun gehabt.“
Jetzt arbeite er sich tief in die Materie ein, und wo sich Lücken auftun, nimmt er gerne auch Ratschläge an: „Mir helfen Connections zu Musikern, die sagen, hier und da fehlt noch was.“ Für Lukas ist das Projekt ein willkommener Ausgleich, da er in der Band nicht der Melodiegeber ist; nun kann er Arrangements gestalten, wie er möchte – die Vorteile eines Solo-Projekts.
Dabei hat er überdies keine Vorbilder, an denen er sich orientiert: „Ich habe erst 2021 begonnen, EDM zu hören, und 2018 damit angefangen, herumzuexperimentieren.“ Einen bestimmten Künstler als Vorbild gibt es für ihn daher nicht.
Was seine Punkrock-Mitmusiker betrifft, muss Lukas mit seiner zweiten Leidenschaft überraschenderweise nicht hinterm Berg halten: „Die anderen sind sowieso in der Electro-Szene zu Hause, die feiern das.“ Das drückt sich auch in der Besetzung des Festivals „Straff im Kaff“ aus, das Hagen02 am Samstag, 17. August, ausrichten. Der Spielplan sieht sechs, sieben Bands und etwas wengier DJs vor. „Da bringen wir extra Electro-Musik ein“, meint Lukas. Und zwar solche, die nicht üblicherweise auf Dorf-Partys zu hören ist, sondern auch mal schnellere Tracks mit höherer BPM-Zahl. „Solche Musik mögen meine Leute auch.“ Das erinnert an ein weiteres Projekt, an dem Lukas beteiligt ist: Als „Beat The Drums“ tut er sich mit einem anderen Schlagzeuger zusammen, nämlich Darius Pesel von Damage Report. Da schlüpft Lukas allerdings in seine DJ-Rolle, während Darius Schlagzeuger bleibt – und zu den von Lukas aufgelegten Tracks live trommelt. „Das Projekt war damals ein Grund, mir mein DJ-Tool zu kaufen“, verrät Lukas. Jetzt liege das Projekt zwar auf Eis, sagt Lukas, aber Ideen habe er: etwa, eigene Electro-Tracks zu produzieren, zu denen Darius live in die Felle drischt.
Das besagte DJ-Tool kam während der Corona-Zeit auf eine andere Weise intensiv zum Einsatz: Auf YouTube zeigte Lukas, wie er an vier Decks gleichzeitig quasi live Remixe anfertigte. „Mir war langweilig“, grinst er. „Vier Decks, vier Kanäle, vier Lieder, ich habe damit herumgespielt.“ So lief auf einem Kanal ein Beat, auf dem zweiten singt jemand a cappella und so fort – „im Prinzip ist es wie Auflegen“. Und das bringt ihn zu seinen Zukunftsplänen mit dem Projekt El Schacko: „Ich möchte, dass es größer wird.“ Zunächst heißt das für ihn, dass er mehr Tracks produzieren muss, „aber neben der Arbeit, damit Geld zu verdienen, ist nicht der Plan“. Sondern: „Der Plan ist aber, Clubs und Festivals anzuschreiben – wenn es klappt, würde ich gern jedes Wochenende spielen.“ Auch überregional, „in Wolfsburg, Hannover, Hamburg“. Und mehr Videos produzieren, in denen er persönlich zu sehen ist: „Ich musste mich fürs neue Video erstmals vor die Kamera stellen und so rumhampeln“, erzählt er lachend. Zunächst kam ihm das merkwürdig vor, doch jetzt zuckt er mit den Schultern: „Was sollen die Leute denken?“ Einfach machen, sagt er sich. „Wenn es der Musik hilft, warum nicht?“
Wer Lukas live erleben möchte, hat dazu natürlich beim lokalen Mahnburger Festival „Straff im Kaff“ die Chance. Tickets gibt‘s ab 30 Euro unter linktr.ee/straffimkaff. Zum Line-up gehören dann auch Trust in One, Szimi, Mischen Ispossible, Jack Poker, Strickmaskensyndikat, Maxi, Hagen02, Fraupaul, Damage Report, Hotfilter, Cosmo Thunder und The Vibelines.
El Schacko
Spotify: ElSchacko
Straff im Kaff:
Samstag, 17. August
ab 14 Uhr, Sportplatz
Mahnburg 27, Wittingen
instagram.com/straffimkaff