Glauben & Zweifeln

Zum Teufel mit der Hölle - Wenn der da oben endlich einsieht, dass es da unten so keinen Spaß mehr macht

Martin Wrasmann Veröffentlicht am 15.11.2020
Zum Teufel mit der Hölle - Wenn der da oben endlich einsieht, dass es da unten so keinen Spaß mehr macht

Dem Himmel und der Hölle kann man theologisch beikommen – oder eben auch satirisch, wie Martin Wrasmann meint.

Foto: Çağla Canıdar

Gerade jetzt im November steht wieder eine der zentralen Fragen des Menschseins auf der Agenda: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Sehen wir unsere Verstorbenen wieder? Allerheiligen, Volkstrauertag, Ewigkeitssonntag – diese Erinnerungs- und Gedenktage wollen die Fragen nach einer Zukunft nach dem Tod wachhalten. Allerdings Fragen, auf die es keine wissenschaftsevidenten Antworten gibt, es sind die großen Fragen des Glaubens und des Zweifelns.

In der Theologiegeschichte, aber auch der Kultur- und Literaturgeschichte wird immer wieder in Bildern geschrieben und ausgemalt, wie ein Leben nach dem Tod aussehen könnte. Himmel oder Hölle – ein Wort-Paar aus der Serie „Größte Gegensätze“. Andere Wortpaare lassen sich mühelos dazulegen: Gott und Teufel, gut und böse, Wahrheit und Lüge, Erlösung und Verdammnis, gerettet und verloren. In der religiösen Gedankenwelt spielen die genannten eine große Rolle. „In den Himmel kommen“ als Lebensziel ist eine gängige Vorstellung keineswegs nur des Kinderglaubens, sondern auch bei vielen Erwachsenen zu finden. Dazu gehörte unverkennbar auch der Pfarrer der Kirche St. Lamberti in Münster, als er 1883 das folgende Gebet formulierte:

„HERR, setze dem Überfluss Grenzen und lass die Grenzen überflüssig werden. Lass die Leute kein falsches Geld machen, aber auch das Geld keine falschen Leute! Nimm den Ehefrauen das letzte Wort, und erinnere die Ehemänner an ihr Erstes. Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit und der Wahrheit mehr Freunde. Bessere solche Beamten, Geschäfts- und Arbeitsleute, die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind. Gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung. HERR, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen, aber nicht sofort!“

Wir hören es wohl: Mit der Sehnsucht nach dem Himmel scheint es auch hier nicht ganz so weit her zu sein, wenn die Alternative nicht die Hölle, sondern noch mehr Lebenszeit auf unserer schönen Erde ist. Glauben Sie an den Teufel und an die Hölle? Glauben Sie mir eines: Wo so gefragt wird, da gilt es als „teuflisch“ oder wegen mir auch „höllisch“, auf der Hut zu sein. Denn der Frage nach scheint es hier um eine ganz wichtige Bekenntnisangelegenheit zu gehen.

Vor noch gar nicht langer Zeit, also in meiner Kindheit, war die Möglichkeit nach dem Tod in der Hölle zu landen, durchaus Gegenstand der sogenannten Glaubensunterweisung, mit tiefer liegender Bedeutung: die Hölle als der Ort der Abwesenheit Gottes, der Himmel, das Reich Gottes, als das Leben in Gottes Nähe. Aber die Hölle ist kein Ort der ewigen Verdammnis. Sie ist ein Nicht-Ort. Jedoch Orte, wo der „Teufel“ (das Böse) seine Spielchen treibt, gibt es auch heutzutage genügend, bis hin zu der Annahme, dass in jeder und jedem von uns ein kleines Teufelchen stecken kann. Angesichts auch von oft erlebbarer Boshaftigkeit ist das nicht ganz zu leugnen. Die Hölle als Ort ist aber theologisch oder auch satirisch abzuwickeln – so geschehen auf entenpost.com:

Schlechte Nachrichten für all jene, die gehofft haben, schon bald ihre Freundinnen und Kumpels in der Hölle wiedersehen zu können! Denn dort steht eine längst fällige Generalsanierung bevor. Die Pforten zur Unterwelt bleiben für Jahrzehnte geschlossen! Lange Zeit waren in der Hölle lediglich nur die allernötigsten Ausbesserungsarbeiten durchgeführt worden. Ein frustrierter Satan zum geplanten Renovierungsvorhaben: „In den Heizkesseln ist einfach kein ordentlicher Druck mehr drin, allerorten gibt es lecke Rohre! Mit Ach und Krach schaffen wir gerade noch Saunatemperatur!“ Nun habe endlich auch „Der da oben“ eingesehen, dass Hölle so einfach keinen Spaß mehr macht und habe Gott sei Dank seinen Segen zur überfälligen Generalsanierung gegeben, so Luzifer. Doch nicht nur die desolaten Heizungsanlagen hätten diesen Schritt erforderlich gemacht, auch wesentlich strengere Umweltauflagen seien für die nun erforderliche Komplettsperre der Hölle verantwortlich gewesen. Satan, sichtlich genervt: „Weniger CO₂-Ausstoß, raus mit dem ganzen Asbest, dann noch Reduktion der Feinstaubbelastung durch Filtereinbau und auf Teufel komm raus erneuerbare Energien statt Kohle! Die sind doch verrückt, die können mir allesamt den Buckel runterrutschen!“

Wenn dann auch noch die von Amnesty International vorbeischauten und sich über die inhumanen Praktiken hierzuhölle beschweren, würde er den ganzen Krempel am liebsten einfach hinschmeißen, so der Teufel. Doch wer möchte schon – noch dazu jetzt, wo es gilt, dieses logistische Megahöllensanierungsprojekt ohne Budgetüberschreitung abzuwickeln – seinen Job übernehmen? Wann genau es mit den Arbeiten losgehen wird, sei derzeit noch nicht absehbar: „Mit den Handwerkern hier unten ist es leider nicht viel anders als auf Erden – wenn Du Glück hast, findest Du wen, der in den nächsten zwei Jahren auch mal Zeit hat!“

Wer es somit vorher noch schnell ins Reich der ewigen Verdammnis schaffen möchte, der sollte eher rasch zur Hölle fahren. Denn sobald die Arbeiten erst mal gestartet sind, heißt es wohl für lange Zeit: maximal Fegefeuer!

Also deshalb zum Teufel mit der Hölle, für einen Himmel, der vom Himmel fällt.

Martin Wrasmann, Pastoralreferent emeritus der St. Altfrid-Gemeinde in Gifhorn, schreibt die monatliche KURT-Kolumne „Glauben & Zweifeln“. Beipflichtungen wie auch Widerworte sind stets willkommen. Leserbriefe bitte an redaktion@kurt-gifhorn.de.


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