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Zeigt Zivilcourage und setzt Euch für Betroffene ein - Die Gifhorner Polizistin Liane Jäger erklärt im Interview, was man gegen Cyber-Mobbing tun kann

Hannah Matea Buchwald Veröffentlicht am 08.12.2021
Zeigt Zivilcourage und setzt Euch für Betroffene ein - Die Gifhorner Polizistin Liane Jäger erklärt im Interview, was man gegen Cyber-Mobbing tun kann

So nah und doch so fern: Täglich verbringen Kinder und Jugendliche durchschnittlich mehrere Stunden im digitalen Raum. Parallel dazu wächst die Kurve des Cyber-Mobbings an. Die auf diesem Foto gezeigte Runde um KURT-Praktikantin Hannah Matea Buchwald tauschte sich über Gefahren und Risiken aus.

Foto: Michael Uhmeyer

Wenn Plattformen wie Instagram und Co durch falsche Nutzung zum Ort von Straftaten werden: Die Präventionsbeauftragte Liane Jäger der Polizeiinspektion Gifhorn spricht im Interview mit KURT-Praktikantin Hannah Matea Buchwald über Cyber-Mobbing, ihre Präventionskurse und Strategien für Betroffene.

Frau Jäger, fangen wir vielleicht ganz vorne an: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Mobbing und Cyber-Mobbing?

Das „einfache“ Mobbing begegnet einem im Alltag, beispielsweise in der Schule, Face to Face. Beim Cyber-Mobbing weiß man dagegen nicht mehr, wer dahinter steckt. Alles geschieht über das Internet, dort, wo Fake-Accounts registriert werden und praktisch die ganze Welt mitlesen kann.

Gibt es Auffälligkeiten, wenn wir über Cyber-Mobbing in Gifhorn sprechen?

Bundesweit stellen wir fest, dass immer jüngere Kinder betroffen sind. Auch religiös motiviertes Mobbing und Sexting kommt bundesweit, aber auch in Gifhorn immer häufiger vor.

Frau Jäger, Sie sind Präventionsbeauftragte und geben regelmäßig Kurse in Gifhorns Schulen. Was lehren Sie die Schülerinnen und Schüler?

In meinen Präventionsvorträgen stelle ich immer den Mobbingfall eines 15-jährigen Mädchens vor, den ich selber bearbeitet habe. Das Mädchen wurde so sehr von seinen Mitschülern gemobbt, dass es Suizidgedanken bekam. Nachdem sie sich mir anvertraut hat, haben wir auf ihrem Handy nach Beweisen für die Anschuldigungen gesucht und drei IP-Adressen gefunden, die den Handys der verdächtigten Mitschüler zuzuordnen waren.

Wir haben die Täter morgens um 6 Uhr gleichzeitig mit einem Durchsuchungsbeschluss auf der Suche nach den Mobiltelefonen überrascht.

Das Mädchen forderte Schadensersatz, also Schmerzensgeld, und hat die Schule gewechselt. Die drei Täter bekamen vier Konsequenzen: Zum einen mussten sie Sozialstunden ableisten, dazu erfolgte der Verweis von ihrer Schule. Zudem gab es Ärger von den Eltern. Und schließlich wurden ihre Smartphones als Tatmittel eingezogen und vernichtet.

Liane Jäger ist Präventionsbeauftragte der Polizeiinspektion Gifhorn. Regelmäßig gibt sie Kurse an Schulen in Stadt und Kreis.

Foto: Çağla Canıdar (Archiv)

Warum kommt Cyber-Mobbing so oft vor?

Mobbing an sich ist ein typisches Phänomen überall da, wo Zwangsgemeinschaften leben, sprich im Beruf oder in der Schule. Wenn man anders als die anderen ist, steht man gleich im Fokus.
Mobbing ist ein Ventil, was die Täter verwenden, um beispielsweise Rache zu nehmen für ein Erlebnis, das ihnen selbst widerfahren ist.

Studien zeigen, dass Cyber-Mobbing Jahr für Jahr zunimmt. Sie selber sagen, dass auch immer jüngere Kinder betroffen sind. Was, denken Sie, macht das mit einer Generation, die mit solchen Problemen im digitalen Raum aufwächst?

Ich finde, dass es Misstrauen in Menschen schürt. Die Handynutzung generell und das Kommunizieren darüber hat Auswirkungen auf die Sprache und die Wortwahl: Sie verrohen. Deswegen wird man unsensibel dem anderen gegenüber und nimmt die Zwischenmenschlichkeit nicht mehr wahr.

Bleibt eine Frage: Was kann ich selbst, was können wir alle tun, um Betroffenen von Cyber-Mobbing in unserem Umfeld zu helfen?

Man sollte definitiv Zivilcourage aufbringen und sich mutig und uneigennützig für Betroffene einsetzen. Denn Mobbing hat nur Platz, wenn es Menschen gibt, die wegschauen.
Deswegen appelliere ich auch immer, eine starke Gemeinschaft mit einem guten Zusammenhalt zu bilden – denn ein Opfer kommt aus dem Cyber-Mobbing nicht mehr alleine raus.

Liane Jäger
Präventionsbeauftragte der Polizeiinspektion Gifhorn
Tel. 05371-980108
E-Mail: liane.jaeger@polizei.niedersachsen.de


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