Musik
Wenn doch nur die Ego-Probleme nicht wären – Fieber: Dem Mainzer Rapper OG Keemo ist ein fast makelloses Mixtape gelungen
Malte Schönfeld Veröffentlicht am 20.01.2024
Deutschlands bester Rapper? OG Keemo hat sein viel erwartetes Mix- tape „Fieber“ veröffentlicht. Es hat nur einen Makel.
Foto: Chimperator
Deutsche Interpreten, Künstlerinnen und Bands schleppen sich nur unter Keuchen den disruptiven Kräften der internationalen Avantgarde hinterher. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Mainzer Rapper OG Keemo. Sein Mixtape „Fieber“ – veröffentlicht auf dem Label Chimperator – führt in einen düsteren Nebel aus Kriminalität, Geldsucht und leider auch einer irritierenden Frauenverschlingerei.
Nach dem Debüt „Geist“, das in die Musikszene wie ein Meteorit eingeschlagen war, und dem beispiellosen Konzeptalbum „Mann beißt Hund“, das wie die deutsche Version vom Hood-Movie „La Haine“ (1995) für sich strahlt, hat sich Keemo nun für ein nicht ganz so zugeschnürtes Mixtape entschieden. Flows, Vergleiche, Punchlines – alles da, alles beachtlich. Wer nur Songs wie die sagenhafte Garage-Pop-Single-Auskopplung „Bee Gees“ mit Levin Liam und Nina Chuba erwartet, wird furchtbar enttäuscht.
Wenn man ein Keemo-Projekt lobt, geht das nicht, ohne über seinen Partner Funkvater Frank, einen der besten Producer des Landes, zu sprechen: 70er-Jahre-Samples wie „What More Can I Say“ von The Notations und Break-Beats werden verwandelt in Trap- und Drill-Songs, die einem Angst machen – so gut sind sie. Das ist natürlich keine Überraschung, ganz im Gegenteil: Wie bei Keemos Rap ist es genau das, was man erwartet. Herausstechen dagegen die fantastischen Features von 2lade („OKAY!“), der so hungrig flowt wie schon lange kein deutscher Rapper mehr, und Shindy („Pimpsport“), der sowieso sein eigenes Level freigeschaltet hat.
Doch es ist auch veritable Kritik angebracht: So großartig die Sprache von Keemo, so flach die störenden Penetrations-, Cunnilingus- und Fellatio-Passagen. Ohne Ironie, sondern mit stählerner Ernsthaftigkeit vorgetragen, kann man in diese Überheblichkeit auch viel an männlichen Ego-Problemen reindeuten. Dabei hat der Beste sowas gar nicht nötig.
OG Keemo: „Fieber“
19 Songs, 37:42 Minuten
Streaming: Amazon Music,
Apple Music, Deezer, Spotify
Als Vinyl erhältlich: og-keemo.de