Engagement

Unfall, Gewalttat, Suizid - Diese Gifhorner helfen den Einsatzkräften, mit all dem erlebten Leid umzugehen

Marieke Eichner Veröffentlicht am 22.05.2020
Unfall, Gewalttat, Suizid - Diese Gifhorner helfen den Einsatzkräften, mit all dem erlebten Leid umzugehen

Tina Krahmann-Meinecke leitet das Team der psychosozialen Notfallversorgung beim DRK in Gifhorn. Sie ist stolz auf ihre ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen, die wegen der aktuellen Kontaktbeschränkungen leider nicht mit aufs Foto konnten.

Foto: Çağla Canıdar

Erste Hilfe für die Seele bei Unglücken, die Menschen aus der Bahn werfen – das bietet die Psychosoziale Notfallversorgung (kurz: PSNV) des DRK in Gifhorn. Die Staffel ist eine Einheit des Katastrophenschutzes und rückt aus, wenn Menschen durch Notfälle aus der Normalität gerissen werden und drohen, in eine psychische Krise zu geraten. Das Hilfsangebot richtet sich an Opfer genauso wie an Angehörige, Hinterbliebene und Zeugen von Unfällen – aber auch an die Ersthelfer und besonders Einsatzkräfte selbst.

„In Gifhorn bieten zurzeit sechs Helfer psychologische Unterstützung in Krisensituationen“, erklärt Tina Krahmann-Meinecke, Leiterin der PSNV-Staffel. „Wir kommen zum Einsatz, wenn Einsatzkräfte selbst einen kollegialen Ansprechpartner nach belastenden Ereignissen oder Einsätzen brauchen.“ Für alle anderen, die nach einem Schicksalsschlag Hilfe benötigen, ist im Landkreis Gifhorn primär die Notfallseelsorge zuständig. Die Ehrenamtlichen vom DRK können bei Bedarf unterstützen – so zum Beispiel nach Verkehrsunfällen, gewalttätigen Übergriffen, wenn geliebte Menschen plötzlich durch einen Unfall, eine Gewalttat oder durch Suizid versterben. Auch wenn eine Evakuierung stattfindet, im Katastrophenfall oder bei sogenannten Großschadensereignissen wie Verkehrsunfällen mit vielen Toten und Verletzten sind die Helfer der Psychosozialen Notfallversorgung mit helfenden Händen und mitfühlenden Herzen vor Ort.

„Kommt es zu einem Notfall mit absehbaren psychischen Folgen für Beteiligte, wird primär die Notfallseelsorge über die Leitstelle in Gifhorn angefordert. Wir rücken also nie eigenständig aus“, erklärt Tina Krahmann-Meinecke. „Die Entscheidung darüber, ob unsere Hilfe benötigt wird, ist abhängig von der Situation vor Ort. Jeder Notfall wird individuell geprüft.“ Die PSNV-Staffel ist Tag und Nacht einsatzbereit – das Leben hält sich schließlich auch nicht an Schichtpläne.

Die Leiterin und ihr Team treffen am Einsatzort auf Menschen in psychischen Ausnahmesituationen. „Wir sprechen beruhigend und lassen die Betroffenen nicht alleine“, beschreibt Tina Krahmann-Meinecke. „Bei Bedarf sind wir Informationsquelle für sie. Wird eine Unterkunft benötigt, helfen wir bei der Organisation. Werden wir zu einer Evakuierung gerufen, informieren wir, wo es Essen und Trinken und Versorgungsgüter gibt.“

Im PSNV-Rucksack stecken Hilfsmittel zur Beruhigung und zum Ablenken: Malsachen für Kinder, Schnuller, eine Puppe, Kerzen, ein Feuerzeug für Raucher, die unruhig werden, und mehr.

Foto: Çağla Canıdar

Die PSNV-Helfer sind in den ersten 48 Stunden nach einem Unglück die struktur-, informations- und haltgebende Kraft – dann werden Betroffene an Fachkräfte weitergeleitet, die sich um die langfristige Betreuung kümmern. „Wir sind keine psychologische Unterstützung auf Dauer“, betont Tina Krahmann-Meinecke. „Eher eine psychosoziale Akuthilfe. Ersthelfer für die Seele, die eine einmalige, ambulante oder bei Bedarf auch telefonische Hilfestellung leisten.“

Gerade in Zeiten von Pandemien, wenn Menschen soziale Kontakte meiden sollten, wächst die psychische Belastung – für jeden von uns. Das macht sich auch im Arbeitsalltag der PSNV-Staffel in Gifhorn bemerkbar. Es gebe definitiv mehr Anrufe als sonst – und damit mehr zu tun.

So stehen die Ehrenamtlichen rund um die Uhr für Mitarbeiter und Aktive aus allen Bereichen des Roten Kreuzes in Gifhorn bereit – vom Rettungsdienst über die Pflege bis hin zu den Ehrenamtlichen in den Ortsvereinen wie auch in den Bereitschaften. Und auch die Bewohner in den Pflegeeinrichtungen oder Kinder in den Kindertagesstätten können sich bei Bedarf auf die PSNV-Staffel verlassen.

Klar wird: Das Engagement in der psychosozialen Notfallversorgung ist hochkomplex, belastend und mitunter schlafraubend – und alle Mitarbeiter der PSNV-Staffel Gifhorn machen das ehrenamtlich neben Beruf und Freizeit. „Ich bin sehr stolz auf meine Kolleginnen und Kollegen“, betont Tina Krahmann-Meinecke. „Die gesamte Staffel kann nur gut funktionieren, wenn ein gutes Team und sehr viel Vertrauen dahinter stehen.“


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