Gedenken

Sie wollten ihre Freiheit feiern, doch dann starben 400 freigelassene Kriegsgefangene in Gifhorn einen qualvollen Tod

Redaktion Veröffentlicht am 24.04.2020
Sie wollten ihre Freiheit feiern, doch dann starben 400 freigelassene Kriegsgefangene in Gifhorn einen qualvollen Tod

Der Pole Mieczyslaw Banasiak starb am 25. April 1945. Er ist einer der wenigen namentlich bekannten Opfer der Tragödie am Gifhorner Bahnhof.

Foto: Stadt Gifhorn

Die Corona-Pandemie verhindert auch das öffentliche Gedenken. Denn eigentlich sollte am heutigen Freitag mit der Enthüllung einer Gedenktafel der Opfer einer furchtbaren Tragödie gedacht werden: Heute vor 75 Jahren, am 24. April 1945, tranken einige hundert freigelassene Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter im Bahnhof Gifhorn Alkohol aus Kanistern. Sie hatten den Krieg überlebt und sie wollten das feiern. Die Kanister befanden sich in einem Waggon eines Zuges im Bahnhof Gifhorn. Doch darin war Methylalkohol – hochgiftiger Treibstoff für Panzer und Flugzeuge. Rund 400 junge Leute starben qualvoll.

Die Opfer wurden in Massengräbern in Gifhorn und Umgebung bestattet, heißt es zum Gedenktag in einer Mitteilung der Gifhorner Stadtverwaltung. 213 der Opfer wurden 1959 auf den Kriegsgefangenen-Friedhof in Wietzendorf (Heidekreis) umgebettet. Nur wenige der meist jungen Menschen sind namentlich bekannt, wie der junge Pole Mieczyslaw Banasiak.

Auf dem Kriegsgräberfeld auf dem Katholischen Friedhof in Gifhorn befinden sich 46 Gräber von polnischen, russischen, ukrainischen und ungarischen Toten. Die meisten starben in den Tagen nach der Tragödie am Gifhorner Bahnhof.

Foto: Stadt Gifhorn

Dass das Schicksal dieser Menschen und der Verbleib ihrer Gebeine in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, ist ein Verdienst der Gifhorner Lokalhistoriker: „Ich bin sehr dankbar, dass sie in den vergangenen Jahren Informationen über diese Methylalkohol-Katastrophe vom April 1945 recherchiert und sich auf Spurensuche begeben haben, um herauszufinden, wo die Menschen begraben liegen“, wird Klaus Meister, Leiter des Fachbereichs Kultur, in der Mitteilung zitiert.

Diese Ehrenamtlichen sind es auch, die sich um die Pflege der Gräber auf den Friedhöfen in Gifhorn sowie auf dem Kriegsgefangenen-Friedhof in Wietzendorf kümmern. Besonders hervorheben möchte Klaus Meister dabei Altbürgermeister Manfred Birth, den ehrenamtlichen Gifhorner Stadtarchivar Heinz Gabriel und den Vertreter des Bündnisses „Bunt statt Braun“, Jörg Prilop.

Die Gedenktafel soll nun zu einem späteren Zeitpunkt eingeweiht werden. Die Tafel soll folgenden Text tragen:

Zur Erinnerung an 400 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die hier den Tod fanden

An die 400 freigelassene Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Osteuropa starben in den Tagen vom 24. bis 26. April 1945 einen qualvollen Tod in Gifhorn. In einem hier abgestellten, unbewachten Güterzug entdeckten sie Kanister mit Alkohol und tranken davon. Es war Methylalkohol – Treibstoff für Panzer und Flugzeuge, die kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges nicht mehr zum Einsatz kamen. Die Menschen hatten den Krieg überlebt und wollten ihre Freiheit feiern.

Die Opfer wurden in Massengräbern in Gifhorn und Umgebung bestattet. 213 von ihnen wurden umgebettet und fanden 1959 ihre letzte Ruhe auf dem Kriegsgefangenen-Friedhof in Wietzendorf (Heidekreis). Nur wenige der meist jungen Menschen sind namentlich bekannt.

Die Stadt Gifhorn erinnert am 75. Todestag an diese Tragödie und gedenkt der Opfer.

Gifhorn, 24. April 2020
Matthias Nerlich
Bürgermeister


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