Literatur

Ich kann Bücher machen, die ich anderswo nicht finde - Wacken, Ruhrpott, Beatles: Andreas Reiffer aus Meine verlegt seit 20 Jahren

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 01.07.2021
Ich kann Bücher machen, die ich anderswo nicht finde - Wacken, Ruhrpott, Beatles: Andreas Reiffer aus Meine verlegt seit 20 Jahren

Vom Fanzine über das Literatur-Magazin SUBH bis hin zum eigenen Verlag – der Meiner Andreas Reiffer ist seit über 30 Jahren aktiv.

Foto: Alina Veersmann

Mit Schreibmaschine, Prittstift und Copyshop ging es los: Von Bodenteich aus betrieb Andreas Reiffer ab Ende der 80er Jahre ein Fanzine für Heavy Metal und Punkrock. Daraus wurde bald das Literaturmagazin SUBH – und um das auf effektivere Beine zu stellen, gründete er im Jahr 2000 einen Verlag. Den betreibt der 50-Jährige längst von Meine aus, zunächst vorrangig mit regionalen Autoren und Themen, inzwischen auch mit Titeln, die bundesweit Aufsehen erregen – etwa über das Metal-Festival Wacken, den Ruhrpott und die Beatles. Selbst schreiben will Andreas Reiffer indes nicht, er begeistert sich für die Technik – und verrät, was es überhaupt bedeutet, einen eigenen Verlag zu betreiben.

Aus einer „bierseligen Osterfeuerlaune“ heraus gründete Andreas Reiffer mit Axel Klingenberg, noch heute treuer Begleiter, 1989 das erste Fanzine. „Wir sind viel herumgefahren, in Nachbarlandkreise, für Metal- und Punkkonzerte“, erzählt er, „und wir haben Bands interviewt.“ Das Magazin entstand „im Copyshop mit Prittstift und Schneiden“: Die ersten Ausgaben produzierten sie „auf der klassischen, elektrischen immerhin, Schreibmaschine“ und mit Rubbelfolien für die fetteren Überschriften.

Später entstand das Literaturmagazin SUBH, das sich im bundesweiten Social-Beat-Netzwerk etablierte, einer Literaturszene der 90er. Im Jahr 2000 fasste Andreas Reiffer, mittlerweile Braunschweiger, den Entschluss: „Ich wollte dem Magazin ein Zuhause geben“ – und gründete dafür den Verlag. „Das mit den Büchern kam erst später.“

Der Anfang einer Indie-Geschichte – doch wie gründet man einen Verlag? Andreas Reiffer zuckt mit den Schultern: „Mit einem Gang zum Gewerbeamt, ich habe einen Gewerbeschein, ich bin Einzelunternehmer.“ Hinter dieser profanen Antwort steckt viel Arbeit: „Ich betreibe tatsächlich Projektmanagement“, erklärt er. Mit den Autoren erarbeitet er Konzepte und schließt Verträge ab. Dann wird losgelegt: Pressearbeit, Kontakt zu lokalen Buchhandlungen – etwa Dänzer in Gifhorn –, Großhändlern und Vertrieben, Netzwerkpflege, Vorlagen für Druckereien erstellen – und das Layout: „Der Innenteil macht mir am meisten Spaß.“ Lediglich Lektorat, Korrektorat und Covergestaltung übernehmen andere. Ansonsten habe er alle Fäden in der Hand, von der Idee über die Veröffentlichung bis zur Vermarktung, erklärt der 50-Jährige.

Ab 2004 veröffentlichte Andreas Reiffer zunächst die „Punchliner“-Bücher, ein weiteres Literatur-Magazin, ebenfalls mit Axel Klingenberg erstellt. Richtig los mit Büchern ging es erst 2010: „Döner mit Braunkohl und Bier“, natürlich von Klingenberg, entwickelte sich zu einem kleinen Hit; zu einem großen wurde anschließend „Die Wahrheit über Wacken“, die Neuauflage des Buches von Till Burgwächter alias Marc Halupczok. Einem gebürtigen Gifhorner, wie Frank Schäfer, einem weiteren Zugpferd im Reiffer-Stall, der mit seinem Netzwerk auch die jüngsten Erfolge des Verlags anstieß: die beiden Bücher mit den gesammelten Kurztexten des Bochumer Musikjournalisten und Autoren Wolfgang Welt und das Beatles-Buch „Schöner kann es gar nicht sein“ von Maik Brüggemeier, der wie Frank Schäfer für das Musikmagazin „Rolling Stone“ schreibt.

Die Resonanz ist groß, freut sich Andreas Reiffer: „Ich bin glücklich damit!“ Das neueste Buch im Programm ist „Ein Traum in bunt“ von Stefan Thoben über das Ruhrgebiet: „Das kam über die Wolfgang-Welt-Schiene zustande.“

Der Meiner begeistert sich für die Literatur anderer – aber selbst literarisch tätig zu werden, komme nicht in Frage: „Ich hatte nie das Bedürfnis, mich über das Schreiben auszudrücken. Schon damals war mir der Produktionsprozess des Gestaltens wichtiger als das Schreiben.“ Er grinst: „Das ist auch heute noch so, wenn ich mal einen Pressetext schreibe, dauert das seine Zeit.“ Für ihn ist das Verlegerdasein ein Traum: „Ich kann Bücher machen, die ich in Buchhandlungen nicht finde.“ Sechs bis acht Neuerscheinungen veröffentlicht er pro Jahr. Davon leben könnte er indes nicht, deshalb belegt er in Braunschweig eine Halbtagsstelle als Sozialarbeiter, „die mir auch Spaß macht“. Vor 18 Jahren zog Andreas Reiffer nach Meine, wo er die Nähe zur Stadt und die gute Infrastruktur schätzt. Durch die Corona-Zeit kommt er übrigens „mit einem blauen Auge“, trotz sinkender Absätze und Netflix als Konkurrenz – er bietet seine Bücher auch im Online-Versand an. Der Weg zur Post ist in Meine kurz.

Verlag Andreas Reiffer
Hauptstraße 16b, Meine
www.verlag-reiffer.de


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