Kopfüber-Kolumne

Gifhorn muss beweglich bleiben: In seiner Kolumne verknüpft Malte Schönfeld Erwachsenwerden, Arbeitsweg und Tourismus

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 08.09.2024
Gifhorn muss beweglich bleiben: In seiner Kolumne verknüpft Malte Schönfeld Erwachsenwerden, Arbeitsweg und Tourismus

Wohl jede und jeder von uns erinnert sich an die Freiheit des Erwachsenwerdens, erlebt bei den ersten Fahrten mit dem Wagen der Eltern.

Foto: KURT Media via Dall-E

Früher bin ich viel Auto gefahren. Jetzt nicht mehr so. Ich mochte das Autofahren immer sehr, genieße es heute noch. Das alte Versprechen der Freiheit, ich spürte sie schon. Wege zu wählen, wie man möchte, gehört zum Erwachsenwerden dazu. Das erste ungelenke Tanzen in den Clubs hat das Auto erst möglich gemacht, der Ausflug an die See und das Verliebtsein, auch mein ortsgebundener Nebenjob und damit das Geld wurden nur erreichbar durch das Auto meiner Eltern. Und wer nachts auf der vom Juli-Regen glänzenden Bundesstraße fährt, mit offenem Fenster, der weiß, dass manche Lieder nur für diese Momente geschrieben wurden. Dunkle Balladen leben in der Nacht, und Frank Ocean wird immer singen.

Natürlich geht‘s nicht nur darum beim Autofahren. Wenn ich heute auf den Gifhorner Verkehr schaue, sehe ich Veränderungen. An die Teslas habe ich mich gewöhnt, auch schon einzelne chinesische Modelle sind mir aufgefallen. Dann die leihbaren und schnell verstaubaren E-Scooter, die vielerorts noch unbeachteten E-Roller, natürlich die renntauglichen E-Bikes. Freiheit und Bewegung scheinen sich neue Ausdrucksformen zu bahnen. Mehr Vielseitigkeit in der Mobilität erlaubt hoffentlich auch mehr Menschen, sich in Bewegung zu setzen.

Gifhorn kann davon profitieren. Denn es ist nun wirklich nicht so, als würden Menschen heutzutage ausschließlich dort arbeiten, wo sie auch wohnen. Rund 20 Millionen Menschen pendeln laut Statistischem Bundesamt täglich in eine andere Stadt oder Gemeinde – trotz der Chance zu Homeoffice wird dem sozialen Miteinander ein hoher Stellenwert beigemessen. Und auch weil die Mietpreise selbst in Mittelstädten wie Gifhorn für Auszubildende und Co häufig nicht zu tragen sind, liegen Arbeitsstätte und Wohnort weit auseinander.

Wenig geredet wird dagegen über die Touristinnen und Touristen, die unseren schönen Landkreis bereichern, um Gifhorn zu erkunden und zu entdecken. Ja, die Ströme mögen vielleicht noch nicht so kräftig sein wie in den Jahren vor der Pandemie. Doch immerhin erholen sie sich langsam. Eindrucksvolle Burgen und Schlösser, die lilablühende Heide im Sommer, das einzigartige Mühlenmuseum, das Kloster Isenhagen und Museen, die wunderschönen Seen, die historische Altstadt – es gibt viele Gründe, nach Gifhorn zu kommen.

Wie hängt das jetzt alles zusammen, mag man sich da fragen. Ich denke, die Freiheit des Erwachsenwerdens, der Weg zur Arbeit und der Tourismus verlassen sich auf eine belastbare Infrastruktur. Nur wenn die Straßen heile sind, das Fahrrad respektiert wird, der Busverkehr durch genügend Personal sichergestellt ist und die nötigen Investitionen mit Weitsicht getätigt werden, bleibt Gifhorn beweglich. Wir sind darauf angewiesen, dass Menschen in unsere Städte und Dörfer kommen – sowohl für ihren Arbeitsweg als auch als Touristen.

Und junge Menschen, die im Landkreis Gifhorn groß werden, müssen genauso wie Senioren das Gefühl haben, am Leben teilnehmen zu dürfen. Sie müssen zügig zur Schule kommen und abends von der Theatervorstellung nach Hause – ohne dabei Angst zu haben, den letzten Bus zu verpassen. Denn es wäre blamabel, wenn auch in Zukunft das einzige, was Freiheit verspricht, das Auto bliebe.


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