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Ein großer Wittinger Geschichtensammler: Heimatforscher Kurt-Ulrich Blomberg erhält den Gifhorner Hut

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 24.12.2024
Ein großer Wittinger Geschichtensammler: Heimatforscher Kurt-Ulrich Blomberg erhält den Gifhorner Hut

Belesen, gereist und immer neugierig geblieben: Kurt-Ulrich Blomberg ist der Gifhorner Hutträger 2024. Das jüngste Werk des Heimatforschers ist „Das Wittinger Ländchen“.

Foto: Michael Uhmeyer

Als junger Bursche stößt Kurt-Ulrich Blomberg in seiner Heimatstadt Wittingen auf einen Findling, dessen Aufschrift ihn verwundert: „Des Königs Deutsche Legion 1803-1815 – Peninsula, Waterloo, Göhrde“. Was hat es damit nur auf sich? Es sollte mehr als ein halbes Jahrhundert dauern, ehe der wissbegierige Blomberg als emeritierter Pastor dieser Frage nachgeht und auf Antworten stößt. Denn die Freizeit des Ruhestands nutzt Kurt-Ulrich Blomberg, 1947 geboren, um allerhand Nachforschungen anzustellen. Mehrere Bücher und Publikationen über die Wittinger Stadtgeschichte hat der Heimatforscher inzwischen veröffentlicht, auch wirkte er bei der Entstehung von Wittinger Stadtkonzepten mit. Ausgezeichnet wurde er deshalb in diesem Herbst nun mit dem Gifhorner Hut, der vom Uniformierten Schützenkorps Gifhorn (USK) für besondere Traditions- und Brauchtumspflege verliehen wird.

Das neueste Werk von Kurt-Ulrich Blomberg trägt den warmherzigen Titel „Wittinger Ländchen“. Es beschäftigt sich mit einem ganz bestimmten Bereich unterhalb der blühenden Lüneburger Heide im 18. und 19. Jahrhundert, der in alle Richtungen abgegrenzt ist: im Osten durch die Ohre, im Westen durch die Ise und im Süden durch die Moore. Es zeichnet den Aufstieg einer Region, den Aufstieg Wittingens.

Erst durch den Verkauf von Gutsland konnte Wittingen wachsen. Wohnbebauung ließ die Bevölkerungsgröße ansteigen. Vorformen der Agrarindustrie und Flockenfabriken sorgten für einen neuen Wohlstand, der eine bürgerliche Mitte aufleben ließ, auch wenn die Unterschicht wenig von diesem Reichtum profitierte. Überschüsse bei der Ernte konnten durch die Eisenbahn exportiert werden. Wenn Wittinger Bürger und der Nordkreis heute über die Erschließung der A 39 sprechen, spielen historische Begebenheiten wie diese unterschwellig immer auch eine Rolle.

„Ich habe ein Eigeninteresse an der Heimatforschung“, betont der Gifhorner Hutträger 2024. Mittlerweile sind es vier lebhafte Bände, die Wittingens Geschichte nacherzählen. Einmal fällt seine Aufmerksamkeit auf ein Wittinger Gutshaus. Die Nachforschungen führen ihn zu einem Architekten, der eigentlich Schlossbaumeister ist, und dem Adelsgeschlecht von dem Knesebeck – vom Hölzchen aufs Stöckchen. „Die Dinge ergeben sich einfach. Und irgendwann bin ich von der Sache so fasziniert, dass ich das zu Papier bringen muss.“

Dabei ist der Spurensucher gar kein gelernter Historiker oder Journalist. Kurt-Ulrich Blomberg studiert Theologie und Sozialwissenschaften in Göttingen, schon als Jugendlicher engagiert er sich begeistert in der Pfadfindergruppe der evangelische Kirche und übernimmt schnell Verantwortung. Für die Universität lernt er Latein, Altgriechisch und Hebräisch, auf der anderen Seite liest er Max Weber, Hannah Arendt und Pierre Bourdieu.

Heute schätzt er die Ideen von Hartmut Rosa und dessen Resonanzbegriff. Nach dem ersten Staatsexamen schließen sich Hochzeit, Familienplanung und Arbeit an. Es folgen 35 bewegte Jahre als Pastor in Hameln im Weserbergland. Sogar als Tourismuspastor sollte Kurt-Ulrich Blomberg später durch Frankreich ziehen.

Mit dem Eintritt in den Ruhestand gibt er der Sehnsucht nach der Heimat nach. „Ich bin in Wittingen aufgewachsen und hier stand ein Haus, das mein Großvater schon bewohnt hatte. Meine Frau hat sich dann auch drauf eingelassen. Und unsere Kinder waren sowieso aus dem Haus“, erklärt Kurt-Ulrich Blomberg.

Darf sich in eine stolze Liste verdienter Persönlichkeiten aus dem Landkreis Gifhorn eintragen: Kurt-Ulrich Blomberg aus Wittingen.

Foto: Michael Uhmeyer

Als seine Frau Li-Kung Lee, die aus Taiwan stammt, 2014 verstirbt, probiert sich der Pastor als Bordgeistlicher auf Kreuzfahrtschiffen und bereist unter anderem Südasien. Seine Arbeit an der Wittinger Stadtgeschichte setzt er – immer, wenn Zeit ist – fort. Unterwegs zu sein schließe die Heimatforschung nicht aus, ganz im Gegenteil, meint Blomberg: „So sieht man Kontraste und Unterschiede besser. Und ich lege viel Wert darauf, Zusammenhänge zu entdecken.“

Was den Findling in Wittingen anbelangt, den Kurt-Ulrich Blomberg in den 1950ern so häufig passierte: Dessen Geschichte ist mit der Weltpolitik verknüpft. In den Napoleonischen Kriegen verteidigte eine deutsche Legion die englische Krone in Kontinentaleuropa. Denn die Personalunion, geregelt durch den Act of Settlement, band Großbritannien und das Kurfürstentum von Braunschweig-Lüneburg, später das Königreich Hannover, aneinander. Und in dieser Legion kämpften auch einige Wittinger. „Genaue Unterlagen zu den Gefallenen gibt es leider nicht mehr, aber diejenigen, die es überstanden haben, kamen später in Kameradschaften zusammen“, berichtet der Heimatforscher. Der Findling selbst wurde 1933 von der Welfen-Kameradschaft eingeweiht – 6000 Menschen sollen dabei gewesen sein.

Es sind Geschichten wie diese, die Kurt-Ulrich Blomberg zurück in die Öffentlichkeit trägt, weshalb die Gifhorner Hutträgerschaft aufmerksam auf ihn wurde. „Ich war schon überrascht und habe mit der Auszeichnung nicht gerechnet“, gesteht der Wittinger, der sich jetzt in einer Liste illustrer Namen einreiht.

Neugierig bleiben

Leidenschaftlicher Pfadfinder, Pastor, Heimatforscher, Stadtführer in Wittingen: Kurt-Ulrich Blomberg ist eng mit dem Gifhorner Nordkreis verbunden. „In all seinen Publikationen geht es ihm darum, Zusammenhänge zu erläutern, den Spuren einfacher, normaler Leute nachzugehen und der heutigen Generation das Leben in früheren Zeiten nahezubringen“, erläuterte Annette Redeker, die im vergangenen Jahr mit dem Gifhorner Hut ausgezeichnet wurde, in ihrer Laudatio. Immer neugierig zu bleiben und bei seinen Nachforschungen auch dunkle Flecken auszuleuchten, machten die Arbeiten des Spurensuchers Blomberg so wertvoll – und zu einem geeigneten Preisträger. Verliehen wird der Gifhorner Hut seit 1983 an Personen, die sich für Stadt und Landkreis besonders verdient gemacht haben.

Kurt-Ulrich Blomberg:
Das „Wittinger Ländchen“ – Arbeiten, Leben sowie politische, städtische und regionale Entwicklungslinien im 18. und 19. Jahrhundert (Band 4 zur Wittinger Stadtgeschichte), 238 Seiten, 41 Abbildungen, Eigenverlag, 28 Euro,

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