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Eben noch melancholisch, dann auf die Fresse: Red Running River veröffentlichen ihr erstes Album „Silence“ – Seit Tag eins dabei in der Thrash-Rock-Band ist der Rötgesbütteler Ronny Pfeil

Matthias Bosenick Veröffentlicht am 17.01.2023
Eben noch melancholisch, dann auf die Fresse: Red Running River veröffentlichen ihr erstes Album „Silence“ – Seit Tag eins dabei in der Thrash-Rock-Band ist der Rötgesbütteler Ronny Pfeil

Von wegen stille Nacht, heilige Nacht: Von Weihnachten als Fest hält die Band Red Running River nicht ganz so viel, den fünf Musikern ist da doch der Herrentag im Frühjahr um einiges wichtiger.

Foto: Cornelia Heinrichs

Seit mehr als einem Jahr ist „Silence“ fertig, seitdem herrscht – nun – Stille. Die aber pünktlich zu Weihnachten endete. „Burning Skyscrapers“ war der Auftakt einer monatlichen Vorab-Single-Reihe, dem „Without You“ und „Operation Scorpion“ folgten – und im Februar können die Fans von Red Running River endlich das komplette Album „Silence“ hören, das alles andere als still ist. Die Thrash-Rock-Band existiert bereits seit 2015, von der ursprünglichen Besetzung ist aber nur noch der Rötgesbütteler Gitarrist Ronny Pfeil dabei. Die ganze Geschichte erzählen er sowie Sänger Sven Hahn, Schlagzeuger Adrian Beier und Gitarrist Mischa Paulsen nebst Bassist Sebastian Willms. Von wegen stille Nacht!

Bereits im August 2021 nahm das Quintett das Album „Silence“ auf. Bei den Fans sprach sich das schnell herum, immer wieder drangen sie mit Fragen an die Musiker: Wann kommt das Album? „Wir mussten die Leute vertrösten“, erzählt Ronny. „Wir sagten: Habt Geduld, alles wird gut.“ Und es wird gut. „Es hat uns Zeit, Geld und Tränen gekostet, das Album aufzunehmen“, sagt Sven, „und das wollten wir nicht einfach so raushauen.“

Um das Release auf professionelle Füße zu stellen, tat sich die Band mit einem Label zusammen, nämlich Calyra aus Halle. „Das passt“, freut sich Sven, und von jenen Profis erhielten Red Running River auch den Tipp, die Veröffentlichung zu planen. Und so geschieht es jetzt, mit drei Singles pro Monat vorweg und der großen Release-Party am 11. Februar 2023 im Braunschweiger Jugendzentrum B58.

Nicht nur die Veröffentlichung, auch die Aufnahmen zu „Silence“ fanden unter professionellen Bedingungen statt. Und zwar im Nordsound Showroom von Peter Schmidt in Oebisfelde, der Heimat der Progressive-Rock-Band Valid Blu. „Wir haben 2019 dort gespielt, eine absolut geile Location mit geilem Sound“, berichtet Sven. Dort erhielt die Band das Angebot, Studioaufnahmen anzufertigen, sobald Material vorläge. Dazu kam es zwei Jahre später. Nun ist die Band überglücklich mit dem Ergebnis und kann es kaum erwarten, „Silence“ unter die Leute zu bringen. „Wir haben uns zusammengerissen, es nicht einfach rauszuhauen – wir steigern den Spannungsbogen“, meint Sven.

Der Blick voraus, zum Release im Februar: Die Thrash-Rocker von Red Running River fiebern ihrem ersten Album „Silence“ entgegen.

Foto: Lukasz Majcher

Inklusive der Vorab-Singles, die zunächst ausschließlich digital zu hören sind, enthält „Silence“ sowohl im Stream als auch auf der Digipak-CD zwölf Songs, darunter auch einige, die bereits älter sind. „Face Without A Smile“ etwa kursiert bereits mit einem Musikvideo bei YouTube. „Der Song ist sehr alt“, so Ronny, und bekommt hier einen neuen Schliff. „Das waren nur Proberaumaufnahmen, wir haben den Song komplett neu im Studio eingespielt“, erläutert Sven. Ebenso wurde „Between Misery And Might“ runderneuert und an die jetzige Zeit angepasst. Das dazugehörige Video übrigens entstand der Pandemie wegen auf ungewöhnliche Weise: „Wir sind einzeln in den Proberaum gegangen und haben das so gefilmt, dass es nicht auffällt“, sagt Ronny. „Das war coronakonform.“

Die Musikvideos fallen ins Aufgabengebiet des Sängers: Sven kümmert sich um die visuelle Außendarstellung von Red Running River. „Operation Scorpion“ soll ein aufwändiges Video bekommen. Ronny: „Wir haben Locations geplant und Leute aus dem Freundeskreis organisiert, es gibt ein Drehbuch dafür.“ Sven nickt: „Wir wollen das Beste aus der Sache machen, auch ohne viel Geld.“ Ronny strahlt: „Die wird fett, die Sache!“

Anhand des Titelsongs „Silence“ macht die Band fest, wo ihre Themenschwerpunkte liegen. „Das ist ein Antikriegssong“, sagt Ronny. Sven führt die Single „Burning Skyscrapers“ an: „Da geht es um Kritik an der Gesellschaft.“ Er umkreist das weitere Spektrum: „Alltägliche Themen, Herzschmerz, Wut und Glück gleichermaßen.“ Gesellschaftskritisch sei indes nicht alles von Red Running River: „Wir sind keine politische Band“, bemerkt Sven, auch wenn man manchmal nicht umhinkomme, manche Themen zu besprechen. Ursprünglich kommt der Sänger und Texter aus der Punkszene, die zumeist politisch ist. Inzwischen hat sich Sven aber etwas in den Metal orientiert – und bleibt dennoch bei einem Standpunkt: „Verachtung für rechte Themen.“

Sven findet, „Musik soll ein Ventil sein“, und dieses Ventil gestalten Red Running River so divers wie möglich. So belege „Silence“ den großen Facettenreichtum der Band, die ihre Musik selbst als Thrash Rock bezeichnet. „Wir bilden auf dem Album alles Mögliche ab, ruhige Songs bis böse Lieder“, so der Sänger. „Das ist das, was uns ausmacht: kein Einheitsbrei.“ Oder auch: „Auf die Fresse und in gleichen Zügen melancholisch und andere Töne.“ So gehöre klarer Gesang etwa genau so zu seinen Ausdrucksformen wie Growlen.

Obwohl es Red Running River bereits seit mehr als sieben Jahren gibt, ist „Silence“ das Debütalbum. Eine EP liegt noch vor, „In The Realm Of Bigotry“ aus dem Jahr 2017, doch Mischa erläutert: „In den letzten Jahren hatten wir einige Besetzungswechsel, die EP spiegelt den heutigen Stand nicht wieder.“ Drei Fünftel der heutigen Band waren damals noch nicht dabei.

Und da taucht das Quintett ab in seine Entstehungsgeschichte und die Historie um seine Namensgebung. Letztes verbliebenes Gründungsmitglied ist Ronny: „Wir hatten damals eine ostdeutsch-portugiesische Besetzung.“ Zwei Wochen lang überlegten die Musiker, wie die Band heißen sollte. Einer der Portugiesen warf die Frage in die Runde, auf welches Album sich geschmacklich alle einigen konnten. „River Runs Red“ von Life Of Agony stand schnell fest, und so kam ihr Vorschlag: „What about Red Running River?“ Also etwas, das zwar bereits existiert, aber „in abgewandelter Form“, und als dann auch nach Google-Recherche herauskam, dass dieser Name noch nicht vergeben war, sicherte sich ihn die Band.

Live sind Red Running River eine Naturgewalt. Der Rötgesbütteler Ronny wünscht sich, einmal vor 10.000 Leuten zu spielen.

Foto: Kai Kestner

Zu dieser Besetzung gehörten neben Ronny und dem kurz nach ihm hinzugekommenen Mischa noch Carsten und zwei Portugiesen. „Pünktlich zum Abgasskandal von VW mussten die uns verlassen und zurück nach Portugal“, bedauert Ronny. „Wir brauchten also einen Schlagzeuger und einen Sänger.“ Bis die verbliebene Band Ersatz fand, teilten sich Mischa und Carsten den Gesang, bis letzterer andere Wege einschlug. Gregor stieß als Schlagzeuger dazu, Cynthia stieg als kurzzeitige Bassistin ein. Erlösung für den nun alleinigen Sänger Mischa nahte mit Sven: „Über Cynthia bin ich zu Red Running River gekommen, ich bin überzuckert von den Jungs.“ Und mit ihm kam Adrian: „Cynthia hat mich auf Euch gebracht, ich suchte eine Band und sie hat mich Euch vorgeschlagen.“ Bassist Basti kam als jüngstes Mitglied dazu, Sven schwärmt: „Er ist ein Multitalent, wir sind extrem froh, dass wir ihn haben.“

Das Multitalent Basti ist noch in vielen weiteren Bands aktiv. Er spielt neben dem Bass viele Instrumente, darunter auch die Ukulele, und betreibt Projekte wie Die Bastion und Semi und spielt bei SKYL. Er ist nicht der einzige mit Nebenschauplätzen: Sven growlt nebenbei bei der Black-Death-Metal-Band Schädelsang. Ronny und Sven betreiben mit drei weiteren Musikern The Legend Of Sabs – und Adrian, der bis vor drei Jahren noch bei Proxillian spielte, ist sommers mit seinem Dudelsack und der Formation Klanginferno auf Mittelaltermärkten unterwegs. „Es ist schwierig, mit ihm dann Live-Termine zu finden“, zwinkert Sven.

Und live sind Red Running River eine Naturgewalt. Davon durften sich jüngst die Gäste im Jekyll & Hyde in Lüneburg überzeugen, als das Quintett mit den Hamburger Glam-Metalern Night Laser auftraten. „Das Publikum war ein bisschen feuchtfröhlicher unterwegs“, erinnert sich Mischa. Aus diesem Grunde hatte eine Frau aus dem Publikum ihren Gleichgewichtssinn nicht mehr unter Kontrolle und fiel quer über das Mischpult. Ronny lacht: „Sie hat alles verstellt.“ Mischa erinnert sich zudem: „Es lag ein toller grüner Duft in der Luft.“ Und es befand sich kurioserweise ein offener Kamin neben der Bühne. „Das war ein wahnsinnsgeiler Abend“, lacht Ronny. Nächstes Jahr ist ein weiterer Auftritt im Jekyll & Hyde geplant. Noch offen hingegen sind Gigs in Gifhorn, obschon es bereits Kontaktaufnahmen zu Veranstaltern gab, so Ronny: „Wenn‘s nach uns geht, spielen wir alles, was geht – wir haben da ziemlich Bock drauf!“

Kommt im Februar: Das Album Silence von Red Running River.

Foto: Red Running River

Gar nicht so viel Bock indes haben die fünf Musiker auf Weihnachten. „Da wird ordentlich weggelötet“, schallt es aus dem Raum, und Sven vergenauert: „Viele Festtage wie Himmelfahrt sind
uns wichtiger. Im Proberaum wird Männertag gefeiert.“ Er räumt ein, dass es zum Fest der Liebe „bestimmt einen feuchtfröhlichen Bandabend“ geben könne, besser sei jedoch Glühwein an Silvester. Sowieso feiere Weihnachten jeder wie‘s ihm passt, Ronny etwa „mit der Familie“.

Einen großen Wunsch hat Ronny: „Ich habe immer gesagt, mein persönliches Ziel ist es, in der Karriere von Red Running River einmal vor 10.000 Leuten zu spielen.“ Doch zunächst gilt es, das Album „Silence“ zu feiern. Auf Vinyl wird es das übrigens nicht geben, aber den Nachfolger bestimmt, sagt Sven: „Das Material ist da, wir haben es schon in der Schublade.“

Red Running River:
Silence
12 Songs
redrunningriver.de


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