KURTs Gastro-Serie

Drachenfeuer-Schärfe auf der Flosse des Pangasius - Im chinesischen Restaurant Changchun wird maximal authentisch gekocht

Malte Schönfeld Veröffentlicht am 11.10.2020
Drachenfeuer-Schärfe auf der Flosse des Pangasius - Im chinesischen Restaurant Changchun wird maximal authentisch gekocht

Bei seinem ersten Bissen Pangasius hatte KURT-Feinschmecker Malte in seinem Björk-T-Shirt noch gut lachen, später liefen ihm im Restaurant Changchun dagegen die Schweißperlen von der Stirn.

Foto: KURT Media

Auf dem Sonnenweg an der Kreuzung zur Braunschweiger Straße befindet sich in Gifhorn das chinesische Restaurant Changchun. Noch ganz jung und erst seit einigen Monaten in Betrieb erwartet die Gäste hier ganz traditionelle fernöstliche Küche mit dem Schwerpunkt auf würzig-scharfen Fleischgerichten und variantenreichem Buffet. Ein vortreffliches Argument für unseren KURT-Schmackofanten Malte Schönfeld und seine Begleitung, um dem neuen authentischen Gastronom in der Stadt einen Besuch abzustatten.

Auf einem Segway Ninebot Max G30D sause ich beinahe geräuschlos auf der Braunschweiger Straße entlang, die Tubeless-Luftdruckreifen sorgen für eine sanfte Fahrt und geben mir die Zeit, kurz über unseren jüngsten Besuch in dieser Lokalität nachzusinnen. Damals, vor gut einem Jahr, befand sich an der Kreuzung nämlich noch nicht das chinesische Restaurant Changchun, sondern das japanische Restaurant Umaya, das uns mit äußerst spannenden Menükreationen und einer ganz besonderen Lässigkeit empfing. Nach kurzer Zeit musste der Sushi-Shrimps-Spezialist allerdings wieder die Tore schließen, so dass Fernost nun ein zweiter Anlauf gewährt wurde. Muss man als Chance sehen, denke ich mir und schließe meinen Elektroscooter ab, während meine Begleitung zeitgleich auf einem beachtlichen Bianchi-Rennrad um die Ecke biegt.

Eine milde Gemüsesuppe zur Vorspeise mit Seetang, Tofuwürfeln und Glasnudeln ist der angenehme Einstieg.

Foto: KURT Media

Wir betreten das sehr helle Lokal und werden denkbar freundlich von einer kleinen Dame begrüßt. Die Plätze dürfen wir uns aussuchen. An der Raumaufteilung hat sich wenig getan, in der Mitte zieht sich über mehrere Meter der Buffettisch, die Plätze sind drumherum angeordnet. Neu sind aber die Palmen in den Körben und die weißen Papierlampen, die an den Säulen hängen und das Geschäft restlos ausleuchten. Im Hintergrund läuft leise Piano-Musik. Schon kommen die Karten, die ein schönes Innenleben zu präsentieren haben: farbenfroh, bunt, und die abgebildeten Gerichte sind deutlich erkennbar – was für einen Laien wie mich, der chinesisches Essen nur selten probiert hat, eine zuvorkommende Hilfestellung ist.

Höchst faszinierend auch, was dort so angeboten wird: beispielsweise gekochtes Entenblut in Chiliöl. Aha. Gewöhnungsbedürftig. Weiter: Tausendjährige Eier mit Tofu in Sojasauce. Auch nicht verkehrt, wobei ich bei tausendjährig immer vorsichtig bin. Oder wie wäre es damit: Hühnerfüße in würziger Sauce?

Man merkt im Changchun schnell, dass das keine Franchise-Küche, sondern authentische Gastronomie ist. Dennoch wähle ich zur Vorspeise eine Gemüsesuppe mit Tofu und Seetang, zum Hauptgang Pangasius auf Szechuan-Art. Als Stützbier bestelle ich ein großes Gilde, während meine Begleitung auf eine Kanne Jasmintee setzt. Ihre Vorspeise sind sechs Frühlingsrollen, im Anschluss gibt‘s scharf gebratenes Gemüse im Hot-Pot. Zur Überbrückung werden uns ungefragt Krabbenchips gereicht, die ich ungeduldig knuspere.

Zeit für einen Blick auf Seite 2 der Menükarte, auf der das Changchun dem ungebildeten, aber interessierten Gast auf die Sprünge hilft. Begrifferklärung Changchun, was langer Frühling bedeutet. Eine Stadt mit viel Tradition und noch mehr Tragik: erst von Japan überrollt, dann von der Sowjetunion unterjocht, schlussendlich im Joint Venture mit Volkswagen gelandet. Eine berühmte Handelsstadt mit Millionen von Einwohnern, was erklärt, weshalb die dargebotenen Gerichte so vielseitig daherkommen. Wenn einer Buffet darf, dann ja wohl das Changchun.

Die Szechuan-Art beim Pangasius hält, was sie spricht. Einige Chilis, kerniger Pfeffer und die Lauchzwiebelringe sorgen für Feuer.

Foto: KURT Media

In diesem Augenblick kommen unsere Vorspeisen, die sehr mild zubereitet und leicht verdaulich sind. Als Appetizer exakt richtig, in der Größe nicht zu aufdringlich, im Geschmack zurückhaltend. Was man von unseren Hauptgängen nicht gerade behaupten kann: Die liebe Bedienung schaukelt unsere Gerichte auf den Tisch, ein riesiger Berg an Fisch auf meiner Seite, ein noch größerer Berg an gegrilltem Gemüse bei meiner Begleitung. Knackpunkt: der Schärfegrad! Nach wenigen Bissen komme ich nicht umhin, Szechuan-Art zu googeln, was nichts anderes heißt als ziemlich scharf.
Ui ui ui, peinlich, peinlich, denke ich mir und tupfe dabei mit der Serviette Schweißperlen von der Stirn. Und auch meine Begleitung muss ordentlich durchpusten.

Unsere Essen sind lecker, das in jedem Fall, vielleicht das beste chinesische Essen, was ich bisher kosten durfte, aber Changchun-Debütanten sei gesagt, dass nicht an Chilischoten gespart wird. Und dazu kommen dann noch Lauchzwiebeln, Pfeffer und so weiter. Würzige Gerichte werden hier in ihrer Reinform präsentiert. Wer auf scharfes Essen steht, dem seien die harten Hauptgerichte ans Herz gelegt. Der Pangasius war in jedem Falle erste Klasse.

Die Sesam- und Bananenbällchen dagegen fühlen sich nachdem feurigen Hauptgang wie Erholung an.

Foto: KURT Media

Nach diesen inneren Wallungen müssen wir uns wieder runterdrosseln. Wie geht das besser als mit kleinen Süßigkeiten? Meine Begleitung wählt die Sesambällchen, ich die Bananenbällchen, die nach kurzer Wartezeit gereicht werden. Dieses Dessert sei besonders hevorgehoben, da der deutliche Kontrast zum pikanten Hauptgang sehr gut zur Geltung kommt. Hinten raus kann man sich damit wieder ein wenig erden und bleibt dennoch traditionell chinesisch.

Wir begleichen unsere Rechnung und verabschieden uns. Ob wir noch etwas vom Hauptgang mitnehmen wollen, werden wir gefragt. Tja, eigentlich gern, aber wird dann vielleicht doch etwas zu riskant. Bevor wir das tolle Changchun verlassen, statte ich der Toilette einen Besuch ab. Beim Blick in den Spiegel sehe auf meinem linken Eckzahn ein halbes Bündel Chilischoten. Ich öffne meinen Glückskeks und lese mir selbst die Aufschrift laut vor: „Alle Menschen lächeln in der derselben Sprache.“

Changchun
Sonnenweg 1b, Gifhorn
Di. – So. 12 bis 14.30 Uhr
sowie 18 bis 23 Uhr


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