Letzte Ruhe

Bunte Oasen statt grauer Tristesse - Die Friedhöfe und Ruhewälder in und um Gifhorn sind offen für Spaziergänge

Marieke Eichner Veröffentlicht am 14.10.2021
Bunte Oasen statt grauer Tristesse - Die Friedhöfe und Ruhewälder in und um Gifhorn sind offen für Spaziergänge

Friedhöfe sind mehr als bloße Orte von Tod und Trauer. Oft sind es erstaunlich schöne Parks – auch in Gifhorn. Das wäre doch mal einen Spaziergang wert.

Foto: Pexels (Symbolfoto)

Der bundesweite Tag des Friedhofs liegt gerade hinter uns. Das hat KURT zum Anlass genommen, um bei den Verwaltungen des katholischen und evangelischen Friedhofs am Gifhorner Weinberg sowie der Ruhewälder in Ribbesbüttel und Kästorf nach Bestattungsformen und Führungen zu fragen.

„Auf dem katholischen Friedhof gibt es eine Kapelle mit 120 Sitzplätzen“, stellt Martin Wrasmann, Seelsorger der katholischen Gemeinden in Gifhorn, vor. „Neben Erdbestattung und Urnenbestattung gibt es außerdem Gräber unter grünem Rasen – wenn sich Angehörige zum Beispiel die Grabpflege nicht leisten können oder weit weg wohnen.“ Egal welche Bestattungsform gewählt wird, zumindest eine Gedenkplatte ziert jedes Grab. „Anonyme Bestattungen sind im katholischen Glauben nicht erlaubt“, so Martin Wrasmann.

Zudem beherbergt der katholische Friedhof einen integrierten Gastbereich für die griechisch-orthodoxe Gemeinde Gifhorns. Die Bestattungsformen sind die gleichen, doch die Grabgestaltung unterscheidet sich: „Es ist üblich, Fotos der Verstorbenen auf dem Grabstein anzubringen, manchmal auch eine Kammer mit Gedenkgegenständen.“

Auf Anfrage sind Führungen über Gifhorns katholischen Friedhof möglich. Wer ohne Führung kommen möchte, ist herzlich eingeladen, so Martin Wrasmann. „Das geht natürlich jederzeit, der Friedhof ist 24 Stunden geöffnet.“

Zukunftsmusik bleibt derweil die Führung mit Studierenden zu den Grabformen verschiedener Religionen in Gifhorn. „Das wollen wir mit unseren muslimischen, christlichen und orthodoxen Geschwistergemeinden organisieren“, so Martin Wrasmann. „Die muslimische Gemeinde sucht noch nach einem Grabfeld in Gifhorn.“

Auf dem evangelischen Friedhof direkt gegenüber gibt es ebenfalls mannigfaltige Bestattungsformen: Erdbestattung als Doppel- oder Einzelgräber, Reihengräber für Urnenbestattungen und auch Bestattungen unter grünem Rasen. „Auch eine Waldbestattung ist möglich“, ergänzt Ekkehard Musick, Kirchenvorsteher der St. Nicolai-Gemeinde und Mitglied im Friedhofsausschuss. „In einer Urne oder – wo der Platz es zulässt – in einem Sarg.“ Neu ist der Luthergarten mit seinem Baumpark, in dem Urnen unter Obstbäume gelegt werden. Ekkehard Musicks Lieblingsstelle sind jedoch die Gräber unter den Weinstöcken des Friedhofs. „Vorletztes Jahr konnten wir sogar 16 Flaschen selbstgezogenen Wein ernten.“ Zudem beherbergt der Friedhof eine eigene Ecke für Sternenkinder: totgeborene oder sehr jung verstorbene Kinder. „Dort zeigt sich die Liebe und Zuwendung an die Kinder, die keine Chance im Leben hatten“, so Ekkehard Musick.

In der Sommersaison werden einmal im Monat Führungen angeboten. „Und wenn jemand vor der Tür steht und eine Grabstelle sucht, gibt es eine persönliche Führung.“ Zudem ist für die nächste Saison ein Sommercafé geplant. „Denn der Friedhof ist nicht nur ein Ort der Trauer – das Leben soll hier reinkommen.“ Außerdem soll es einen Benefizlauf für das Friedhofsmobil geben. Der Fahrservice bringt donnerstags Menschen zum und vom Friedhof – kostenfrei.

Anfang Juli holte Betreiber Julius Löbbecke die Eröffnungsfeier für seinen Ruhewald Rittergut Ribbesbüttel nach – das Interesse war groß.

Foto: Privat

Im Ruhewald Rittergut Ribbesbüttel gibt‘s Gemeinschaftsbäume mit bis zu zwölf Bestattungsplätzen sowie exklusive Einzel- und Paarbäume. „Wir haben auch einen Waldruheplatz“, erklärt Betreiber Julius Löbbecke. „Dort kann man ohne Zuordnung an einen Baum auf einer Lichtung bestattet werden.“ Zudem können Urnen auch an Findlingen beerdigt werden. Darüber hinaus stehen Sternchenbäume für verstorbene Kinder bis zum ersten Lebensjahr zur Verfügung. Diese Grabstellen unter Birken sind kostenfrei, nur die Beisetzung wird bezahlt.

„Im Ruhewald Ribbesbütel stehen etwa 30 verschiedene Baumarten – also ganz viele Arten von Grabstätten“, sagt Julius Löbbecke. „Von den 200 Jahre alten Eichen bis zu jungen Wildkirschen. Außerdem haben wir durch unseren Teich ein schönes Feuchtbiotop.“ So könne sich jeder die passende Stelle aussuchen.

Auf dem Andachtsplatz finden bis zu 30 Leute Platz, ein Kreuz, ein Urnensockel und ein Rednerpult ergänzen das Ambiente. „Alles selbstgebaut mit Holz aus dem Wald und dekoriert mit dem, was die Natur hergibt“, erzählt Julius Löbbecke stolz. Selbst die Glocken der Dorfkirche können auf Wunsch geläutet werden. „Die Grabpflege übernimmt die Natur“, Blumen und Kränze können an einem zentralen Gedenkfindling abgelegt werden. Führungen gibt der Ruhe-wald-Betreiber regelmäßig – und persönlich.

Im Ruhewald Gifhorn wurde jüngst das Wegenetz erneuert und lädt zu ruhigen Waldspaziergängen ein.

Foto: Privat

Auch im Ruhewald Gifhorn in Kästorf können bis zu zwölf Urnen unter einem Baum beigesetzt werden, Paarbäume bieten bis zu sechs Plätze. „Dann haben wir noch den Waldruheplatz“, ergänzt Betreiber Andreas Günter. „Den kann man sich vorstellen wie eine Urnenfläche auf einem Friedhof.“ An den Seiten hat der gelernte Tischler- und Bestattermeister rustikale Eichenbohlen angebracht, an denen die Namen der Verstorbenen sowie ihr Geburts- und Sterbejahr angebracht sind.

Wer sich nicht mit Fremden einen Baum teilen möchte, der sichert sich einen Freundschafts- oder Familienbaum mit seinen bis zu zwölf Plätzen.

Gruppenführungen durch seinen Ruhewald bietet auch Andreas Günter regelmäßig an. „Gerne mache ich auch spontane kleine Waldführungen.“ Den Andachtsplatz hat Andreas Günter eigenhändig ausgestattet mit einem Rednerpult, einem Kreuz, 24 Eichenstämmen zum Sitzen sowie einem Baumstumpf, auf dem die Urne abgestellt werden kann. Sogar ein Stromanschluss ist vorhanden. Das Gelände ist ebenerdig „und mit dem Rollstuhl oder Rollator befahrbar“. Zudem stehen die Kapelle und der Glockenturm auf dem angrenzenden Waldfriedhof zur Verfügung – „bei uns wird noch von Hand geläutet“.


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