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Bloß nicht zu schnell zurück auf den Platz - Die 14 Corona-Fälle des Fußball-Oberligisten MTV Gifhorn rücken die Gesundheit in den Fokus
Jens Neumann Veröffentlicht am 18.03.2022
Der Auftakt in die Abstiegsrunde wurde verschoben: Sören Saikowski (links) und der MTV Gifhorn starten nun erst am 19. März in die Alles-oder-Nichts-Runde.
Foto: Michael Uhmeyer
Alles oder nichts: Das ist die Devise für die Oberliga-Fußballer des MTV Gifhorn in der Abstiegsrunde. Zehn Teams sind dabei – und alle haben nur ein Ziel: mindestens sechs Mannschaften hinter sich lassen und so den Klassenerhalt schaffen! Alles oder nichts: Das Risiko ist hoch – und das leider nicht nur aus sportlicher Sicht.
Ja, lange Zeit hatte Corona einen großen Bogen um Gifhorns Fußball-Flaggschiff gemacht. Doch in den vergangenen Wochen schlug das verfluchte Virus gnadenlos zu. Die Zahl der Corona-Fälle wurde größer und größer, die Generalprobe gegen die SV Gifhorn fiel daher schon flach. Und nur drei Stunden nachdem Trainer Georgios Palanis bei seinem SV-Kollegen Tino Gewinner abgesagt hatte, bekam er die nächsten drei Corona-Meldungen von seinen Spielern.
Satte 14 Fälle zählte der MTV-Coach seitdem – und zog die Reißleine. Der Trainingsbetrieb ruhte knapp eine Woche, die gesunden „Jungs haben individuelle Trainingspläne bekommen. Sie sind für sich gelaufen“, berichtet Georgios Palanis. Aber an Training, wie man es kennt, wie man es kurz vor dem Start in die wichtigste Saisonphase braucht, war nicht zu denken.
Und es war beileibe nicht die einzige Folge aus den vielen Corona-Fällen. Denn: Das für den 13. März geplante Auftaktspiel gegen den TuS Bersenbrück wurde aus diesen Gründen abgesetzt. „Wir wären nicht spielfähig gewesen“, hebt Coach Palanis hervor, dem im Normalfall ein 24-Mann-Kader zur Verfügung steht. Minus 14 Spieler – zu wenig für eine Elf! Und erst recht für eine Elf, die von 0 auf 100 durchstarten muss, um das Klassenziel zu erreichen.
Sportlicher Erfolg und die Gesundheit seiner Spieler: MTV-Coach Georgios Palanis und seine Trainerkollegen wandern auf einem schmalen Grat in Corona-Zeiten.
Foto: Michael Uhmeyer
Ja, alles oder nichts, das ist die Devise. Aber eben nicht um jeden Preis, auch das muss jedem klar sein. Denn das Risiko, nach einer Corona-Infektion zu schnell zurückzukehren und den Körper sportlich zu überlasten, ist riesengroß. Das hat nun eine neue Studie untermauert, die beim Eishockey-Erstligisten Iserlohn Roosters durchgeführt wurde. Mediziner warnen übereinstimmend davor, dass Sportler nach einer Infektion mit dem Corona-Virus sofort zurückkehren, nur weil sie negativ getestet sind.
Die Studie des Mannschaftsarztes hat erschreckende Ergebnisse ans Licht gebracht: Mehrere Akteure hatten erhöhte Herzwerte, auch die Blutwerte passten nicht. Wären diese Sportler zu schnell in den vollen Spielbetrieb zurückgekehrt, hätte es irreparable Herzschäden zur Folge haben können. Der Arzt plädierte dafür, betroffene Sportler weit behutsamer als bisher in den Trainings- und Spielbetrieb zurückzuführen.
Und genau das ist der schmale Grat, auf dem Georgios Palanis und seine Trainerkollegen nun wandern müssen. Der MTV-Coach muss die Belastung für seine genesenen Akteure entsprechend steuern, die erst Stück für Stück in den Trainingsbetrieb zurückkehren. „Die Angst spielt dabei eine große Rolle. Du willst keinen überfordern“, betont er. Aber jeder Körper reagiere eben anders. Und welcher Trainer auf Amateurebene kennt schon alle Vorerkrankungen, die seine Spieler womöglich mal gehabt haben.
„All das muss berücksichtigt werden. Die Angst, da Fehler zu machen, ist das Schlimmste. Man muss sich nur das Beispiel von Alphonso Davies angucken“, sagt Georgios Palanis und nennt den Flügelflitzer des FC Bayern München als warnendes Beispiel. Der Kanadier fällt nach seiner Corona-Infektion mit einer Herzmuskel-Entzündung auf unbestimmte Zeit aus. „Und das ist ein Spieler, der praktisch täglich kontrolliert wird.“
Ob es bei den Gifhornern, die nun am 19. März mit der Auswärtspartie beim TB Uphusen in die Abstiegsrunde starten sollen, nun binnen einer Woche besser aussieht, muss bezweifelt werden. Zumal der Eindruck, den der MTV-Coach von seinen Spielern in der ersten Trainingseinheit gewann, „eine echte Katastrophe“ war. Bei einer leicht höheren Belastung hätten einige Akteure bereits frühzeitig gepumpt. „Ich habe mich erschrocken. Man hat schon gesehen, dass die Jungs eine Woche raus waren.“
Kein Wunder also, dass Georgios Palanis froh war, dass der Gegner aus Bersenbrück einer Spielverlegung zustimmte. „Wenn wir das nicht geklärt hätten, dann hätten wir spielen müssen“, verdeutlicht Gifhorns Coach, der mit seinem Team dafür im Gegenzug in Kauf nehmen muss, unter der Woche nach Bersenbrück zu reisen. „Aus Vereinssicht war es die einzig mögliche Entscheidung“, bekräftigt Gifhorns Fußball-Abteilungsleiter Serkan Güngör: „Das Risiko wäre unverantwortlich gewesen.“
Alles oder nichts: Das ist eben die Devise in der Abstiegsrunde. Aber alles oder nichts: Das darf nicht die Devise aus gesundheitlicher Sicht sein. Bei allem sportlichen Ehrgeiz und allen Zielen: Die Gesundheit aller Sportler muss an oberster Stelle stehen. Das Risiko darf nicht unkalkulierbar werden – im Sinne aller Beteiligten.
TB Uphusen – MTV Gifhorn
Samstag, 19. März
15.30 Uhr, Uphusen
Arenkamp 3, Achim
MTV Gifhorn – Rotenburger SV
Sonntag, 27. März
15 Uhr, Flutmulde
Winkeler Straße 2, Gifhorn
FC Hagen/Uthlede – MTV Gifhorn
Sonntag, 3. April
15.30 Uhr, Sportplatz Hagen
Blumenstraße 20, Hagen
MTV Gifhorn – Eintracht Celle
Sonntag, 10. April
15 Uhr, Flutmulde
Winkeler Straße 2, Gifhorn