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Bestattungen wieder mit Orgel und Liederzettel - Corona-Schutz beeinflusst auch Trauerfeiern und Beisetzungen in Gifhorn

Stefanie Schrader Veröffentlicht am 26.07.2020
Bestattungen wieder mit Orgel und Liederzettel - Corona-Schutz beeinflusst auch Trauerfeiern und Beisetzungen in Gifhorn

Verwaltungsangestellte Birgit Busse (von links), Karsten Wolpers von der Friedhofsverwaltung St. Nicolai und Friedhofswart Burghard Klann wissen um die Veränderungen, die Gifhorns Bestattungen betreffen.

Foto: Çağla Canıdar

Einen Angehörigen zu verlieren und dessen Beisetzung organisieren zu müssen, ist immer schwer – und die Corona-Pandemie macht das Abschiednehmen auf Gifhorns Friedhöfen nicht leichter. Seit Mitte März war in Todesanzeigen oft zu lesen, dass eine Trauerfeier aufgrund der aktuellen Situation nur im ganz kleinen Kreis stattfinden kann. Inzwischen hat sich das zum Glück wieder geändert. Bald soll es auch wieder Friedhofsführungen für Besucher geben und es wird unermüdlich an neuen Ideen gefeilt, etwa den erst kürzlich angelegten Weingräbern.

Der Maßnahmenkatalog der Landesregierungen zur Eindämmung der Pandemie hält auch Regelungen für Trauerfeiern und Beisetzungen bereit, die sich endlich etwas gelockert haben. Für einige Zeit durften Trauerfeiern ausschließlich im Freien stattfinden und nur mit bis zu zehn Trauergästen. Karsten Wolpers von der Friedhofsverwaltung des evangelisch-lutherischen Friedhofs St. Nicolai in Gifhorn ist froh, dass die Friedhofskapelle mittlerweile wieder genutzt werden darf.

Am Grab können wieder bis zu 50 Personen Abschied nehmen. Aufgrund der Abstandsregelungen dürften in der Kapelle, die eigentlich 250 Plätze hat, aber nur 36 Trauergäste Platz nehmen, erklärt Karsten Wolpers. In der Regel würden sich die Angehörigen auch darum bemühen, die Trauergemeinde klein zu halten. Dass es mehr werden oder dass das Ordnungsamt die Einhaltung der maximalen Personenzahl kontrolliert, sei bisher nur in Einzelfällen vorgekommen.

Auch in den Gifhorner Friedhofskapellen wird sich an den Corona-Maßnahmenkatalog gehalten.

Foto: Çağla Canıdar

Da sich die zulässige Personenzahl an der Größe der Friedhofskapellen orientiert, sind es in der etwas kleineren Kapelle auf dem Friedhof der katholischen Gemeinde St. Altfrid derzeit 14 Trauergäste, die an einer Feier teilnehmen können, erläutert Pastor Dr. Willy Manzanza. Auch dort haben anfangs die Trauerfeiern nur unter freiem Himmel stattfinden können, oft in verkürzter Form, da das Singen nicht erlaubt war. Inzwischen gibt es zumindest wieder Orgelmusik und die Anwesenden bekommen Liederzettel ausgeteilt, um die Texte der Kirchenlieder im Stillen mitlesen zu können. Es wird Mundschutz getragen, auf den Mindestabstand geachtet und am Eingang steht Handdesinfektion bereit.

Die Umgebung des Weinbergs ist nicht zuletzt auch wegen der Friedhöfe eine grüne Oase. Nördlich der Hohefeldstraße liegt direkt neben der bewaldeten ehemaligen Kiesgrube der katholische, südlich der Hohefeldstraße die Reste des 1889 geschlossenen, alten evangelisch-lutherischen Friedhofs. Der neue Friedhof St. Nicolai wurde 1890 oben am Weinberg angelegt, und auch der evangelisch-freikirchliche sowie der ehemalige jüdische Friedhof sind nicht weit entfernt. Mit seinen Sand- und Kiesböden, der hohen Lage weit oberhalb des Grundwasserspiegels und der Entfernung zu Aller und Ise hatte der Weinberg ideale Bedingungen, um außerhalb der damaligen Stadtgrenzen zu Gifhorns Begräbnishügel zu werden.

Karsten Wolpers zeigt die Weinstöcke und bienenfreundlichen Stauden, die nun zum Bild des St. Nicolai-Friedhofs in Gifhorn gehören.

Foto: Çağla Canıdar

Das Stichwort Weinberg, als der Ort, an dem einmal Wein angebaut wurde, nimmt sich heute auch die Friedhofsgärtnerei von St. Nicolai zum Vorbild: Weinstöcke sind angepflanzt worden, so dass es seit einiger Zeit neben Wald- und Baumgräbern, Reihengräbern unter Rasen und der schier unendlichen Bandbreite sehr individuell gestalteter Gräber nun auch Erd- und Urnengräber am Weinstock gibt.

Mittlerweile sind Urnengräber auch in Gifhorn die beliebteste Bestattungsart. Karsten Wolpers betont, dass der Wandel der Bestattungskultur zwar schon seit Jahrzehnten diskutiert würde, aber dass sich dieser Wandel im Falle des Nicolai-Friedhofs erst in den vergangenen zwei bis drei Jahren abgezeichnet habe. Waren es zuvor etwa jeweils zur Hälfte Erd- und Feuerbestattungen, so würden die Erdbestattungen weniger und die Feuerbestattungen mehr. Für die Friedhofsverwaltung bedeutet das mehr Freiflächen, die begrünt und gepflegt werden wollen. Auf den friedhofseigenen Flächen kann so vielfältiger und ökologisch durchdachter gepflanzt werden als auf einzelnen Grabstätten, zum Beispiel mit bienenfreundlichen Stauden, die der Erhaltung der Insektenvielfalt dienen.

Auch auf dem katholischen Friedhof der Gemeinde St. Altfrid am Gifhorner Weinberg wird vielfältiger und ökologischer gepflanzt und gegärtnert.

Foto: Çağla Canıdar

Wäre die Corona-Pandemie nicht dazwischengekommen, könnten die Neuerungen auf dem Friedhof St. Nicolai, etwa der frisch angelegte Luthergarten unter Obstbäumen, jetzt im Rahmen von Führungen erkundet werden. Karsten Wolpers ist zuversichtlich, dass das bald wieder möglich ist und die Besucher den Friedhof auch als urbane Grün-
anlage einmal etwas genauer kennenlernen können. Für die Zukunft sind Workshops für Grabpflege in Planung, um das Bewusstsein für den Grünflächenwert der Gräber zu stärken und um beim Gärtnern auf dem Friedhof zu unterstützen.


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