Kriminalität

Gifhorn: Nazis schubsen Frau aus Linienbus und treten auf sie ein – Die Polizei war den Tätern offenbar bereits gefolgt, nachdem diese den CSD in Wolfsburg stören wollten

Redaktion Veröffentlicht am 15.09.2024
Gifhorn: Nazis schubsen Frau aus Linienbus und treten auf sie ein – Die Polizei war den Tätern offenbar bereits gefolgt, nachdem diese den CSD in Wolfsburg stören wollten

Wie das auf „X“ veröffentlichte Video zeigt, treten mehrere junge Männer auf das am Boden liegende Opfer ein, nachdem sie dieses aus der Hintertür des Linienbusses schubsten.

Foto: Kurnachrichtendienst X (Screenshot)

Erschreckende Szenen spielten sich am Samstagabend auf der Braunschweiger Straße in Gifhorn ab: Eine Frau wurde von mehreren anderen Personen an einer Haltestelle aus einem Linienbus geschubst und anschließend auf dem Boden liegend mehrfach getreten – Polizisten, die sich in einem Streifenwagen direkt hinter dem Bus befanden, rannten herbei und nahmen die Täter fest. Ein auf dem Kurznachrichtendienst „X“ veröffentlichtes Video zeigt die gesamte Brutalität.

Die Täter gehören offensichtlich zu einer Gruppe von Neonazis, die zuvor den Christopher Street Day in Wolfsburg stören wollten und – nachdem sie von der Polizei daran gehindert wurden – mit der Bahn nach Gifhorn auswichen. Augenzeugen zufolge wurden sie von mindestens einem Polizeiwagen begleitet, während sie mit einer Fahne und rechtsextremen Parolen durch die Gifhorner Straßen zogen.

„Die Täter sind eindeutig als vorherige Teilnehmer einer kleinen Protestversammlung der Gruppe ’Junge Rechte Niedersachsen’ zu erkennen, die zuvor in Wolfsburg gegen den dortigen CSD stattfand“, schreibt der Braunschweiger Fachjournalist mit Schwerpunkt Extreme Rechte, David Janzen, auf seiner Instagram-Seite dokurechts. Janzen war zuvor selbst beim CSD in Wolfsburg dabei und hat Fotos der Neonazi-Kundgebung auf Flickr veröffentlicht.

Das auf „X“ veröffentlichte Video zeigt eine zunächst verbale Auseinandersetzung in dem vollen Linienbus, die schnell eskaliert: Mehrere junge Männer schubsen das Opfer an einer Haltestelle an der Braunschweiger Straße aus der hinteren Tür des Busses, springen ebenfalls aus dem Bus und treten mehrfach gegen Kopf und Rumpf der am Boden liegenden Person. Die Situation wird von lauten Rufen der Empörung anderer Fahrgäste begleitet.

Wenig später sind herbeieilende Polizisten zu sehen, die die Täter zu Boden ringen und dort fixieren.

Das Video sehen Sie hier auf dem Kurznachrichtendienst X.

Die Polizeiinspektion Gifhorn äußert sich nur sehr verhalten zu dem Vorfall. Hier die am heutigen Sonntag um 16.32 Uhr veröffentlichte Mitteilung der Polizei im Wortlaut:

Die Polizei Gifhorn leitete am Abend des vergangenen Samstags zwei Strafverfahren wegen wechselseitiger Körperverletzung ein, ermittelt wird gegen mehrere Beschuldigte. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen kam es gegen 19:40 Uhr in einem Linienbus zunächst zu verbalen Streitigkeiten zwischen zwei Schwestern und einer Gruppe junger Männer. An einer Haltestelle an der Braunschweiger Straße entstand schließlich eine körperliche Auseinandersetzung zwischen den Personen. Diese konnte durch Polizeibeamte schnell beendet werden. Die Beamten befanden sich mit ihrem Einsatzfahrzeug zu diesem Zeitpunkt hinter dem Linienbus und konnten daher umgehend intervenieren. Die Personalien aller beteiligten Personen stehen fest. Nach dem derzeitigen Stand kam es in Folge der Auseinandersetzung, auch trotz zweier Tritte gegen Kopf und Rumpf einer Person, nur zu leichten Verletzungen unter den Beteiligten.

Ein Video, das Ausschnitte der Auseinandersetzung und das polizeiliche Einschreiten zeigt, kursiert derzeit in den sozialen Medien und liegt auch der Polizei Gifhorn vor. Es ist Teil der aufgenommenen Ermittlungen. Zu möglichen Hintergründen und Motiven können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine gesicherten Angaben gemacht werden.

Presseanfragen sind ab Montagmorgen an die Pressestelle der Polizei Gifhorn zu richten.

Wenige Minuten nach der Tat ist die Braunschweiger Straße in Höhe des Teves-Parkplatzes voller Polizei: Mindestens neun Polizeifahrzeuge mit Blaulicht (darunter zwei Zivilwagen) und ein Rettungswagen waren vor Ort. Zahlreiche Polizistinnen und Polizisten säumten den Gehweg und hielten mehrere junge Männer teils auf dem Erdboden liegend fest.

Mindestens neun Polizeiwagen waren kurz nach der Tat am Ort des Geschehens.

Foto: KURT Media

Im Polizeibericht klingt es nach Zufall, dass sich der Polizeiwagen zum Zeitpunkt des Vorfalls hinter dem Bus befand. Es wird nicht erwähnt, dass die Täter offensichtlich schon zuvor unter Beobachtung der Polizei standen.

Genau dies berichtet jedoch die Gifhorner Ratsfrau Sandra Zecchino (Die Linke): „Nach dem gestrigen CSD in Wolfsburg kamen mehrere Nazis nach Gifhorn und hielten sich zuerst in der Nähe Wolfsburger Straße/Ecke Isenbütteler Weg und anschließend am Ende der Rockwellstraße auf. An beiden Orten hatte die Gruppe größtenteils Polizeibegleitung, die auf meine Frage zusagten, dass die Nazis auf keinen Fall allein durch Gifhorn ziehen würden. Außerdem bestätigte mir die Polizei, dass es sich dabei nicht nur um zugereiste Nazis handele, sondern einige von ihnen in Gifhorn leben würden.“

Die Ratsfrau kritisiert scharf: „Ich finde es erschreckend, dass es unter Polizeibegleitung zu so einem schweren Übergriff kommen konnte und die Polizei ein Mit-dem-Auto-hinter-dem-Bus-herfahren als ausreichende Begleitung für die Gruppe ansah.“

Auch der Braunschweiger Journalist David Janzen schreibt in seinem dokurechts-Beitrag auf Instagram: „Im Video sieht man, dass die Polizei recht schnell eingreift. Es stellt sich allerdings die Frage, warum die Polizei die Neonazis nicht so eng begleitet hat, dass diese nicht auf andere Menschen einprügeln und eintreten können.“


Coole Leute gesucht – wir stellen ein!

Informiere Dich über Jobs in unserem Medienhaus! Wir sind auf der Suche nach tollen Menschen, die bei uns einsteigen möchten.

Mehr erfahren