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Wir halten noch genau so durch wie früher: Nach 27 Jahren Pause geben The Harlekins in Groß Oesingen ihr Reunion-Konzert

Redaktion Veröffentlicht am 13.04.2023
Wir halten noch genau so durch wie früher: Nach 27 Jahren Pause geben The Harlekins in Groß Oesingen ihr Reunion-Konzert

Foto: Band

Damit haben die insgesamt sechs Musiker des Quartetts The Harlekins selbst nicht gerechnet, dass sie satte 27 Jahre nach dem Ende ihrer umjubelten Band mit teilweise kurz vor 60 Jahren plötzlich wieder gemeinsam rocken würden. „Back To The 90‘s“ heißt es am Samstag, 22. April, ab 20 Uhr im Gasthaus Zur Linde in Groß Oesingen, wenn The Harlekins ihr seinerzeit für eine Tanzkapelle eher ungewöhnlich rockiges Cover-Repertoire wieder auf die Bühne bringen. Nur Songs aus dem damaligen Programm kommen zum Einsatz, zudem ist die Ur-Besetzung der Band ihre eigene Vorgruppe – die Nacht wird lang, versprechen Keyboarder Torsten Rieper und Bassist Andreas Kelm im KURT-Gespräch.

Der Gifhorner Nordkreis brannte, wenn The Harlekins aufspielten. Zwischen 1988 und 1996 ließen sie kein Schützenfest aus, in Groß Oesingen etwa, und „Wahrenholz war unsere Hochburg“, erinnert sich Torsten. Die Südkreisfete in Wasbüttel und die Nordkreisfete im Wahrenholzer Schützenhaus – letztere richteten sie selbst aus – gehörten für die Vier zu den wiederkehrenden Festivitäten. „Besonders gut war das Weinfest in Gannerwinkel“, findet Andreas. Torsten nickt: „Die ersten sieben Jahre dort waren unsere, das waren Megapartys.“ Er stellt fest: „Wir sind ganz schön rumgekommen.“

Zum Beispiel nach Bremen zu einer Hochzeit oder nach Göttingen auf eine Studentenparty, „nur im Ausland waren wir nicht“, so Torsten. Andreas nickt: „Es gab damals viele Veranstaltungen im Umkreis, wir haben viel zu tun gehabt.“ Anders sehe es heute aus: Richtete die Landjugend damals noch vier Partys im Jahr aus, gebe es heute gar keine mehr. Ein Höhepunkt war für Torsten: „Wir waren mal Nachband von Karat im Knesebecker Schützenhaus.“ Andreas schüttelt den Kopf: „Das kann man auch anders betiteln: Karat waren Vorband von uns!“

Dabei fingen The Harlekins ganz klein an. „Wir waren durch die Bank Autodidakten“, erzählt Torsten. Ein Vorbild war die Coverband Foxies. „Die waren praktisch unsere Vorgänger“, so Torsten. „Die haben große Säle bespielt, da haben wir gedacht, das müssten wir auch mal können.“ So kamen sie 1988 zusammen, Torsten und Andreas sowie Gitarrist Siegfried Pöllmann und der mit Torstens Schwester verheiratete Schlagzeuger Ulrich „Ulli“ Manthei, als The Harlekins. „Unser erster Gig war in Flettmar in der Turnhalle bei Michael Gwinner“, erinnert sich Torsten, „und unsere Gage waren zwei Lautsprecher.“ Nur zur Erklärung: Gwinner war Inhaber vom Musikhaus Ruhland.

Der erste Umbruch kam 1992, als Ulli aus privaten Gründen aussteigen musste; später war er bei Westwind aktiv. Im Knesebecker Schützenhaus sahen sich die verbliebenen Harlekins die Band Royal M Parade von Michael Schacke an, dem späteren Gründer der Konzertagentur Undercover, weil sie deren Schlagzeuger gern in ihrer Band haben wollten. So kam es auch: Carsten Dierks stieg bei den Harlekins ein. 1993 folgte der nächste Ausstieg: Siggi verließ The Harlekins aus beruflichen Gründen und wurde Berufssoldat bei der Bundewehr, für ihn gewannen die anderen Kai Philipp als neuen Gitarristen. Zum Glück. In der Besetzung blieben The Harlekins bis 1996 zusammen – „wir hätten noch weiterspielen können, aber wir wollten nicht“, stellt Torsten nüchtern fest. Andreas nickt: „Wir haben uns nicht gestritten oder so.“ Es war einfach ein riesiges Aufkommen an Konzerten, es war genug.

Kai gründete und spielte anschließend bei Recover, Carsten unter anderem bei Joker, der Rory-Gallagher-Tribute-Band Fresh Evidence sowie mit Lutz Drenkwitz von den Shifty Sheriffs bei Silberfisch – und Andreas und Torsten gründeten 1998 die Gruppe Back Beat, die sie geplant exakt 20 Jahre später auflösten und anschließend noch bei der Tanzband Up To Date zunächst aushalfen. Anfang 2022, nach Abebben der Corona-Pandemie, verließen sie die Band und dachten, dass es das mit der Musik für sie nun gewesen sei. Andreas bastelt immerhin noch unter dem Alias MOS im Studio in seinem Keller an Tracks. „Musikproduktion interessiert mich“, sagt er, „ich komponiere und produziere und probiere mich aus.“ Dabei hätte es bleiben können, doch dann kam Carsten.

Auf Carstens Impuls hin fand die Band wieder zusammen. Nach seiner Zeit bei Undercover gründete Carsten in Hamburg die Agentur moca2gether: „Er hat irgendwann angerufen und gefragt: Habt Ihr nicht noch mal Lust?“ Und ja, haben sie, sogar alle sechs. Für Andreas und Torsten bedeutet dies daher, in zwei Formationen zu proben, denn mit beiden wollen sie im April auftreten. Mit den Ur-Harlekins üben sie ein Programm für eine Stunde ein, mit der Haupt-Band sogar zwischen 60 und 70 Songs: „Wir wollen bis morgens drei, vier spielen, wie es früher mal war.“ Angst vor der altersbedingt geschrumpften Kondition haben sie nicht: „Das halten wir durch“, ist Torsten zuversichtlich, und Andreas gibt lediglich zu bedenken: „Aber ob die Gäste das durchhalten!“

Um die 250 Lieder hatten The Harlekins gegen Ende im Repertoire. Ein neues Album von Westernhagen, zack, zehn Lieder neu im Programm. Oder auch „Verdamp lang her“ von Bap, „Wonderwall“ von Oasis, „Time To Wonder“ von Fury In The Slaughterhouse, „Jump“ von Van Halen. Härtere Stücke von AC/DC oder „We Will Rock You“ von Queen waren damals für Tanzbands noch eine ungewöhnliche Wahl. „Wir haben auch provoziert“, weiß Torsten, besonders zur Anfangszeit, als The Harlekins vorrangig auf Hochzeiten spielten. Er stellt fest, dass das Etikett Tanzband „nur auf dem Papier“ gültig war. Er lacht: „Auf einem Galaabend hätteste uns nicht hinstellen können. Wir waren nix für alte Leute.“

An Eigenkompositionen machten sich The Harlekins derweil nie. „Wir waren so viel unterwegs, haben immer neue Lieder eingeübt, jede Woche zwei, drei, weil wir den Leuten immer neue Songs bieten wollten“, erläutert Andreas. „Wir hatten keine Zeit, eigene Songs zu machen – das hätten wir gern gemacht.“

Aber neue Lieder einzuüben war vor 30 Jahren noch eine große Herausforderung: „Heute, wenn Du einen Text brauchst, ziehst Du ihn Dir aus dem Internet“, so Torsten. Nicht zu jedem Song hatte die Band früher Texthefte aus LPs oder CDs, daher nahmen sie die Songs mit dem Kassettenrekorder aus dem Radio auf, spielten sie ab und stoppten das Band nach jeder Zeile, um den Text mitzuschreiben. Andreas lacht: „Und dann hast Du ihn nicht richtig verstanden.“ Nicht die einzige Hürde: Sobald es neue Songs gab, mussten sich die Musiker die Tapes per Post hin und her schicken, es gab ja noch keine Emails wie heute. Torsten: „Dienstag gab’s den neuen Song, Freitag die Hochzeit – ab Mittwoch üben.“ Er seufzt: „Was für einen Druck man sich gemacht hat!“ Aber Andreas findet: „Es hat gut funktioniert, jeder hat sich vorbereitet und kannte seinen Part.“ Sowohl in der Besetzung mit Siggi und Ulli als auch später mit Carsten und Kai.

Wie es mit The Harlekins nach dem 22. April weitergeht, ist noch völlig offen. „Geplant ist erst mal ein Auftritt“, betont Andreas, und Torsten winkt ab: „Wir wollen nicht wieder durch die Dörfer tingeln.“ Vereinzelte Engagements hingegen können sie sich vorstellen, doch steht derzeit klar der Reunion-Abend im Fokus. Zwei Zelte im Innenhof und etwas zum Essen wird es an dem Abend geben, kündigen Angela und Michael Binder vom Gasthaus Zur Linde laut Torsten an.

Mit Groß Oesingen verknüpfen die Harlekins übrigens noch eine Besonderheit – Hoax. Mit den Punks verbindet die Harlekins eine uralte Freundschaft, und zu der kam es so: 1989 waren The Harlekins zur Silvesterparty in Steinhorst gebucht und kamen auf dem Weg gen Norden durch Groß Oesingen. „Wir haben gesehen, dass da jemand etwas aufbaut, und sind auf den Seitenstreifen gefahren“, erzählt Torsten. „Was macht Ihr hier?“, fragten die Harlekins die arbeitsamen Leute. Bei denen handelte es sich um die Musiker von Hoax, die damals zu Silvester nachts immer eine halbe Stunde unter dem Schleppdach der Feuerwehr spielten: „So haben wir uns kennengelernt, und obwohl wir in verschiedene Musikrichtungen gegangen sind, haben wir uns nie aus den Augen verloren.“

Einmal waren The Harlekins sogar mit einer Punkband gebucht. „Wir kommen da mit einer Tanzband an – und es funktionierte“, so Torsten. Hoax gehören deshalb zu den Gästen der Band, als kleines Dankeschön und als Erinnerung an die gemeinsame Zeit.

Die Gäste erwartet also das Programm von vor 30 Jahren, nichts Neues. Fast 500 Tickets waren schon im Februar verkauft, sehr zum Erstaunen der Musiker. „Das haben wir gar nicht erwartet“, wundert sich Torsten. Zurzeit heißt es für die sechs Musiker: üben, üben, üben. Andreas strahlt: „Wir freuen uns tierisch drauf!“

The Harlekins: „Back To The 90‘s“
Samstag, 22. April, Zur Linde
Hauptstraße 15, Groß Oesingen
21.30 Uhr, Einlass ab 20 Uhr
Vorverkauf: 14,90 Euro


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